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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Auskünfte haben Sie häufig morgens, bevor Sie zur Arbeit gingen, Kokain genommen. Stimmt das?«
    Ich schrumpfte in mich zusammen, und ein wahnsinniger Zorn auf Luke brauste in mir auf. Dieser Scheißkerl! Wie konnte er mich so hintergehen? Wie konnte er mir so weh tun? Er hat mich doch geliebt, was ist nur schiefgegangen? Ich konnte die Tränen kaum zurückhalten.
    »Diese Frage beantworte ich nicht«, konnte ich noch sagen. »Sie wissen nichts über mein Leben, Sie haben keine Ahnung, wie schwer ich es bei meiner Arbeit hatte.«
    »Rachel«, sagte er sanft. »Keiner muss Drogen nehmen, keine Arbeit ist so schlimm.«
    Ich hätte mit der Faust auf den Tisch schlagen und mich zur Wehr setzen sollen, aber ich konnte es nicht. Lukes Verrat hatte mich ganz und gar niedergeschmettert. Später kam die Wut wieder, und dann schwor ich mir, mich an ihm zu rächen. Ich würde seine limitierte Ausgabe von Houses of the Holy von Led Zeppelin in die Mikrowelle stecken, wo sie sich zu einem nutzlosen, Dali-artigen Gebilde verbiegen würde. Ich würde die Serviette mit dem Autogramm zerreißen, die er von Dave Gilmour von Pink Floyd hatte. Ich würde seine Bikerboots in den Hudson werfen. Ohne sie ihm erst auszuziehen.
    Aber im Moment war ich am Ende meiner Kräfte.
    Billings machte eine rasche Verwandlung vom bösen Cop zum guten Cop und rief Celine, die Schwester, herbei. Sie nahm mich mit ins Schwesternzimmer und machte mir eine Tasse süßen Tee, die ich ihr nicht ins Gesicht schüttete, sondern die ich trank und zu meiner Überraschung als tröstlich empfand.

24
    L uke ist eben kein besonders netter Mensch«, sagte ich. »Er war schon immer oberflächlich und hielt nicht zu einem. Eigentlich ist er richtig gemein .«
    Es war später am selben Tag, dem Tag der Fragebogen-Kein-Fitnessstudio-Doppelkatastrophe, und ich war im Speisesaal, umgeben von den Insassen, die mir an den Lippen hingen. Ich war erbittert und mehr als froh, dass ich ein Publikum hatte, vor dem ich Luke fertigmachen konnte. Und wie ich ihn fertigmachte!
    Dass Luke ein Dieb sei, war weniger eine Andeutung meinerseits als vielmehr eine Feststellung. Was machte es schon? Keiner von diesen Leuten hier würde ihn je kennenlernen. Natürlich hatte Luke nicht tatsächlich das Geld aus dem Sparschwein seiner sechsjährigen Nichte gestohlen, das sie für einen kleinen Hund gespart hatte. Er hatte gar keine Nichte. Auch keine Neffen, aber was machte das schon.
    Ich ging jedoch zu weit, als ich sagte, Luke hätte einen blinden Bettler bestohlen. Die Männer sahen mich misstrauisch an und warfen sich vielsagende Blicke zu. »Er hat einen blinden Bettler bestohlen?«, fragte Mike. »War das nicht ein irischer Heiliger? Wie hieß er noch gleich ...?«
    »Matt Talbot«, warf jemand ein.
    »Genau, so hieß er«, sagte Mike. »Matt Talbot. Er hatte einen blinden Bettler bestohlen, weil er sich betrinken wollte. Damals war er noch ein alter Säufer.«
    »Ehm, ja richtig.« Ich trat hastig den Rückzug an. »Ich meinte, er hat im Blinden Bettler gestohlen. Das ist eine Bar in der West 60th Street, wo er gearbeitet hat.«
    »Ach so«, sagten sie. »Im Blinden Bettler.«
    Das war haarscharf. Die Männer sahen sich an und nickten erleichtert: »Im Blinden Bettler.«

    Ich hatte den Nachmittag bei Celine im Schwesternzimmer verbracht. Trotz des gemütlichen Raums, der gutmütigen, mütterlichen Celine und einem überwältigenden Vorrat an Schokoladenkeksen war ich fast hysterisch. Ich durchlitt die Höllenqualen der Verdammten, als ich mir ausmalte, was Luke sonst noch in dem Fragebogen angegeben hatte. Er wusste viel zu viel über mich.
    »Haben Sie den Fragebogen gesehen?«, fragte ich Celine mit klopfendem Herzen.
    »Nein.« Sie lächelte.
    Ich wusste nicht, ob ich ihr glauben sollte.
    »Wenn Sie ihn gesehen haben, dann sagen Sie mir bitte, bitte, was er geschrieben hat«, flehte ich sie an. »Es ist wichtig, es geht schließlich um mein Leben.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen«, sagte sie sanft.
    Sie versteht mich nicht, dachte ich in stummer Verzweiflung. Sie hat keine Ahnung, wie wichtig es ist.
    »Was schreiben die Leute normalerweise da rein?«, fragte ich erregt. »Sind es meistens furchtbare Sachen?«
    »Manchmal«, sagte sie, »wenn die Klienten furchtbare Sachen getan haben.«
    Verzweiflung und Übelkeit überkamen mich.
    »Lassen Sie den Kopf nicht hängen«, sagte sie. »So schlimm wird es schon nicht sein. Oder haben Sie jemanden umgebracht?«
    »Nein.« Ich

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