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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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wurde es ernst und machte mir Angst.
    »Was können Sie dazu sagen, Neil?«, fragte Josephine leise.
    Ich atmete auf. Zum Glück hatte Neil jetzt die Gelegenheit, sich zu verteidigen.
    »Sie lügt wie gedruckt«, sagte er langsam mit belegter Stimme. So wie er das sagte, klang er überhaupt nicht nett.
    »Stimmt das?«, fragte Josephine Emer harmlos.
    »Ja«, sagte Emer. Ihre Stimme zitterte so sehr, dass sie kaum sprechen konnte. »Nichts von dem, was ich da geschrieben habe, stimmt.«
    »Sie schützen ihn immer noch?«, sagte Josephine. »Sie stellen sich immer noch hintan?« Ich wünschte, Josephine würde den Mund halten. Emer hatte zugegeben, dass es nicht die Wahrheit war, und ich wollte, dass sie es dabei beließen.
    Ich sehnte mich nach dem Ende der Gruppensitzung, damit wir etwas Normales tun konnten; Tee trinken, zum Beispiel.
    »Sie stellen Ihre Kinder hintan?«, fragte Josephine sanft. Emer saß zusammengesunken auf ihrem Stuhl.
    Ein langes, quälendes Schweigen folgte. Meine Schultern berührten fast meine Ohren, so angespannt war ich.
    »Nein«, antwortete sie mit unterdrückter Stimme.
    »Was sagten Sie, Emer?«, fragte Josephine freundlich.
    Emer sah auf. Ihr Gesicht war feucht und gerötet.
    »Nein«, sagte sie unter Tränen. »Meine Kinder stelle ich nicht hintenan. Meinetwegen soll er mich schlagen, aber die Kinder soll er verschonen.«
    Ich sah Neil an; sein Gesicht war wutverzerrt. Man konnte den freundlichen, lächelnden Mann, der er vor zwanzig Minuten noch gewesen war, nicht mehr erkennen.
    »Es stimmt also doch, nicht wahr?«, sagte Josephine voller Mitgefühl. »Neil hat all das, was Sie auf dem Fragebogen angegeben haben, sehr wohl getan?«
    »Ja.« Es war ein langgezogener Klagelaut.
    »Ich stimme Ihnen zu«, sagte Josephine. »Und ich habe Polizei- und Krankenhausberichte, die das bestätigen.«
    Sie wandte sich Neil zu. »Möchten Sie sie vielleicht lesen, Neil?«, sagte sie freundlich. »Vielleicht möchten Sie sich wieder vergegenwärtigen, was Sie Ihrer Frau und Ihren Kindern angetan haben.«
    Ich sah von einem zum anderen und wusste nicht mehr, was stimmte. Ich war mir nicht mehr sicher, ob Neil die Wahrheit sagte. Wenn Josephine sagte, es gebe Polizeiberichte, dann war daran sicherlich nicht zu zweifeln.
    Neil stand auf und schwankte, als hätte er BSE. »Sehen Sie sie doch an«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Sie würden Sie auch verprügeln, wenn Sie mit dieser blöden Kuh verheiratet wären.«
    »Setzen Sie sich, Neil.« Josephine war hart wie Stahl. »Und sprechen Sie nicht so vor mir.«
    Er zögerte. Dann setzte er sich schwerfällig.
    Josephine sagte zu Neil: »Warum haben Sie Ihre Frau geschlagen?«
    »Ich konnte nichts dafür«, schrie er. »Ich war betrunken.«
    Dann war er ganz überrascht über die Worte, die aus seinem Munde gekommen waren, als hätte er sie nicht sagen wollen.
    »Als Sie hier aufgenommen wurden«, wieder raschelte Josephine mit den Papieren, »haben Sie Dr. Billings erzählt, dass Sie vier Halbe in der Woche trinken ...«
    Bei dem Geräusch, das Emer machte, zuckten wir alle zusammen. Es war ein entrüstetes Schnaufen.
    »Heute ist deutlich geworden, dass Sie viel mehr getrunken haben. Bitte erzählen Sie doch der Gruppe davon.«
    »Mehr habe ich nicht getrunken«, behauptete Neil. »Vier Halbe.«
    Josephine sah Neil an, und ihr Blick sagte: Sehen Sie sich gut vor!
    »Vielleicht war es ein bisschen mehr«, murmelte er hastig.
    Josephine sagte nichts, sah ihn aber weiter mit demselben Ausdruck an.
    »Also gut«, sagte Neil widerstrebend. Und in einzelnen Brocken erzählte er uns, dass er jeden Abend vier Halbe trank, dann, als Antwort auf Josephines höhnischen Blick, gab er zu, dass es eine Flasche Wodka in der Woche war, und schließlich gestand er, dass er am Tag eine halbe Flasche Wodka trank.
    »Eine ganze«, fuhr Emer dazwischen, die sich inzwischen viel mutiger fühlte. »Eine Literflasche. Und Wein und Bier und, wenn er Kokain bekommen konnte, auch das.«
    Kokain?, dachte ich schockiert. Er? Wenn man ihn ansah, würde man denken, er hätte keine Ahnung, was das war. Ich musste ihn fragen, wo man in Dublin Kokain bekam.
    »Also gut, Neil«, sagte Josephine mit der Geduld einer Frau, die all dies schon viele Male durchgemacht hat, »fangen wir noch einmal von vorne an. Erzählen Sie der Gruppe, wie viel Sie wirklich trinken.«
    Zögernd wiederholte Neil, was Emer vorher gesagt hatte.
    »Danke, Neil«, sagte Josephine. »Würden Sie

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