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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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besser, dass ich Luke zurückgewinnen könnte.
    Ich beschloss, Chris zu fragen, wo das Fitnessstudio war. Es gibt Frauen, die sich für keinen anderen Mann interessieren, wenn sie Liebeskummer haben. Zu denen gehörte ich nicht. Im Gegenteil, ich sehnte mich nach männlicher Bestätigung, die mich seelisch wieder aufrichten würde. Sag, dass ich oberflächlich bin, sag, dass ich bedürftig bin, sag, was du willst. Hauptsache, du sagst was zu mir.
    Nach dem Mittagessen war Chris ausnahmsweise mal nicht in ein Gespräch mit einem der Braunen Pullover verwickelt. Er las und hatte dabei den rechten Fuß auf das linke Knie gelegt, wodurch er besonders sexy aussah, was mich wohl vertreiben sollte.
    Er trug auffallende Stiefel: schwarzes Schlangenleder mit eckiger Zehenkappe, sogenannte Chelsea-Boots, mit denen er im trendbewussten New York ganz richtig liegen würde. Obwohl es mich faszinierte, einen so gut beschuhten Mann in meiner Nähe zu wissen, schüchterte es mich gleichzeitig auch ein. Meine Ehrfurcht vor seinem Schuhwerk war so groß, dass ich befürchtete, ich sei es nicht wert, dass er mit mir sprach.
    Ich hatte außerdem Angst, dass die anderen denken könnten, ich hätte ein Interesse an Chris. Zum Glück war ihre Aufmerksamkeit anderweitig gefesselt, da Neil lautstark sein Leid klagte und sich ein Kreis von Zuhörern, die anteilnehmend und beflissen nickten, um ihn gebildet hatte. Trotzdem schaffte ich es nicht, mich zu erheben und Chris anzusprechen.
    Jetzt steh mal auf, ermutigte ich mich,geh die vier Schritte durch den Raum und sprich ihn an.
    Recht hast du, stimmte ich mir zu. Aber ich rührte mich nicht vom Fleck.
    Ich zähle bis fünf, versuchte ich zu handeln, und dann gehe ich.
    Ich zählte bis fünf.
    Zehn! Ich hab’s mir anders überlegt. Ich zähle bis zehn, dann spreche ich ihn an.
    Als ich gerade meinen Hintern erheben und meine Odyssee quer durch den Raum beginnen wollte, erstarrte ich plötzlich vor Angst. Mein Make-up! Ich hatte es seit heute morgen nicht überprüft. Ich hastete in mein Zimmer, bürstete mir die Haare und frischte mein Make-up auf, indem ich mir hastig Mascara auf die Wimpern klatschte und mir die Lippen nachzog.
    Wenn er immer noch da ist, wenn ich wieder runterkomme, dann gehe ich zu ihm und spreche ihn an, das schwöre ich hoch und heilig.
    Als ich wieder in den Raum kam, saß er haargenau an derselben Stelle, und keiner der Männer in braunen Pullovern hatte ihn mit Beschlag belegt. Jetzt gab es keine Entschuldigung mehr.
    Tu einfach so, als wäre er potthässlich, riet ich mir. Stell ihn dir ohne Zähne und mit einem Auge vor.
    Also machte ich mich mit zitternden Knien auf den Weg durch den Raum.
    »He, Chris«, sagte ich. Ich war überrascht, wie normal die Worte herauskamen. Gar nicht, wie der quiekende Sopran eines pubertierenden Jünglings.
    »Rachel.« Er legte das Buch hin und sah mich an, seine viel zu hellblauen Augen strahlten. Sein wunderschöner Mund war zu einem kleinen Lächeln nach oben gebogen. »Wie geht’s? Setz dich doch.«
    Ich war so froh, dass er nicht wütend das Buch auf den Tisch geknallt und »Was denn jetzt?« gebrüllt hatte, dass ich ihn anstrahlte.
    »Könntest du mir was zeigen?«, fragte ich.
    »Holla.« Er lachte leise. »Heute ist mein Glückstag.«
    Ich errötete verlegen und hatte keine witzige Antwort parat, deswegen sagte ich: »Ehm, nein ... Ich meine, ich meinte nicht ... Kannst du mir die Sauna zeigen?«
    Das schien mir das Sicherste, weil ich eindeutig wusste, dass es eine Sauna gab.
    »Na klar«, sagte er. »Willst du erst deine Sachen holen?«
    »Nein, jetzt nicht, ich will es mir erst mal ansehen.«
    »Gut«, sagte er und legte das Buch weg. »Gehen wir!«
    »Pass auf deine schönen Schuhe auf, Chris!«, rief Mike mit affektierter Stimme. »Sie sollen ja nicht schmutzig werden.«
    »Trottel«, sagte ich und schickte einen Blick zum Himmel. Chris lachte nur.
    »John Joe wollte wissen, wo ich sie gekauft habe«, sagte er und grinste. »Er dachte, er könnte sie gut beim Kühemelken tragen.«
    Wir gingen nach draußen, wo uns eine Eiseskälte entgegenschlug. Die Bäume wogten in dem heftigen Wind, und meine Haare wurden mir ums Gesicht gepeitscht. Als wir über die regennasse Wiese glitschten, überlegte ich, ob ich einen Sturz simulieren sollte. Wenn Chris mir beim Aufstehen half, würde ich ihn auf mich ziehen und ... Bevor sich die Gelegenheit ergab, kamen wir bei einem kleinen Nebengebäude an.
    Ich stürzte hinein, und

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