Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
und Verzweiflung und verlegte mich aufs Betteln. »Mir fehlt gar nichts! Ich bin nur wegen der Sauna und der Massage hergekommen. Es gibt keinen Grund, warum ich hier sein müsste.«
»Das sagen sie alle.«
Das war gelogen! Dachte er tatsächlich, ich glaubte, dass nicht einer der Insassen zugegeben hatte, Alkoholiker zu sein? Es war doch so offensichtlich, man sah es an den roten Knollennasen und den Gesichtern voller geplatzter Äderchen. Aber irgendwie wurde mir klar, dass ich nichts erreichen würde, wenn ich nicht auf ruhige und vernünftige Art mit ihm sprach.
»Hören Sie mir doch bitte zu«, sagte ich jetzt gar nicht mehr hysterisch und aufgeregt. »Wir brauchen uns doch nicht zu streiten. Aber ich habe mich nur einverstanden erklärt hierherzukommen, weil ich dachte, es wäre wie eine Gesundheitsfarm.«
Er nickte. Ich fühlte mich ermutigt und fuhr fort.
»Aber es ist keine Gesundheitsfarm. Als ich mich mit meiner Unterschrift verpflichtete, drei Wochen zu bleiben, war ich falsch informiert, verstehen Sie das? Ich hätte gleich sagen sollen, dass ich nicht drogensüchtig bin, das ist mir jetzt klar.« Ich appellierte an sein Verständnis. »Und es war sicherlich falsch, dass ich nur wegen des Fitnessstudios und allem hierherkommen wollte, aber jeder irrt sich gelegentlich.«
Ich schwieg und sah ihn hoffnungsfreudig an.
Endlich sprach er. »Rachel«, hob er an, »im Gegensatz zu dem, was Sie denken, ist es meine Überzeugung und auch die anderer, dass Sie sehr wohl süchtig sind.«
Die Sechs von Birmingham, schoss es mir durch den Kopf. Der Prozess von Kafka. Mein Leben verwandelte sich soeben in einen Alptraum. Ich wurde ohne rechtmäßige Gerichtsverhandlung wegen eines Verbrechens, das ich nicht begangen hatte, verurteilt.
»Welche anderen?«, fragte ich.
Wieder hob Dr. Billings ein Blatt Papier in die Höhe. »Dies kam per Fax aus NewYork, vor ungefähr einer halben Stunde. Es ist von einem ...« Er las den Namen ab. »... einem Luke Costello. Sie kennen ihn, richtig?«
Meine erste Reaktion war Freude. Luke hatte mir ein Fax geschickt! Er wollte Kontakt mit mir aufnehmen, und das musste bedeuten, dass er mich noch liebte und es sich anders überlegt hatte.
»Kann ich es sehen?« Mit leuchtenden Augen streckte ich meine Hand aus.
»Jetzt nicht.«
»Aber er ist für mich. Geben Sie mir den Brief.«
»Er ist nicht für Sie«, sagte Dr. Billings. »Er ist für Josephine, Ihre Therapeutin.«
»Was soll dieser Zirkus eigentlich?«, platzte ich heraus. »Warum sollte Luke an Josephine schreiben?«
»Es ist Mr. Costellos Antwort auf einen Fragebogen, den wir ihm am Freitag per Fax geschickt haben.«
»Was für einen Fragebogen?« Mir klopfte das Herz bis zum Hals.
»Einen Fragebogen über Sie und Ihren Drogenkonsum.«
»Meinen Drogenkonsum!« Ich zitterte vor Wut. »Was ist mit seinem Drogenkonsum? Haben Sie ihn danach auch gefragt? Haben Sie ihn gefragt?«
»Setzen Sie sich bitte, Rachel«, sagte Billings mit monotoner Stimme.
»Er nimmt massenhaft Drogen!«, kreischte ich, obwohl das nicht stimmte.
»Es ist so, Rachel – und setzen Sie sich bitte –, es ist so, dass nicht Mr. Costello wegen Drogensucht in einer Klinik ist.«
Er machte eine Pause und sagte dann: »Aber Sie.«
»Aber ich habe hier NICHTS VERLOREN!« Ich war verzweifelt. »Es war ein IRRTUM.«
»Es war mit Sicherheit kein Irrtum«, sagte Billings. »Haben Sie noch nie darüber nachgedacht, dass Sie beinahe gestorben wären, als Sie die Überdosis nahmen?«
»Ich wäre nicht beinahe gestorben«, höhnte ich.
»Doch.«
Wirklich?
»Es. Ist. Kein. Normales. Verhalten«, sagte er überdeutlich, »wenn man ins Krankenhaus gebracht wird und einem der Magen ausgepumpt wird, weil man eine lebensbedrohliche Menge Drogen genommen hat.«
»Es war ein Versehen«, parierte ich. Ich konnte kaum glauben, dass er so schwer von Begriff war.
»Was sagt das über Ihr Leben aus?«, fragte er. »Was sagt das über Ihre Selbstachtung? Wenn Sie in diese Lage geraten? Denn getan haben Sie es, Rachel, vergessen Sie das nicht. Sie haben sich die Tabletten in den Mund gesteckt, keiner hat Sie dazu gezwungen.«
Ich seufzte. Es hatte keinen Zweck, mit ihm zu diskutieren.
»Und die Auskünfte von Mr. Costello bestätigen das, was wir bereits wussten. Nämlich dass Sie ein chronisches Drogenproblem haben.«
»Ich bitte Sie«, sagte ich und warf den Kopf zurück. »Sie begreifen wirklich gar nichts, es ist zum Verrücktwerden.«
»Laut dieser
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