Rachel ist süß (German Edition)
Ich will mein Leben behalten, meine Freunde und meinen Beruf, ich will nicht so sein und deshalb bin ich es auch nicht. Das Ganze musste doch gar nicht zum Problem werden. Sie hatte ausprobiert, wie es war, mit einer Frau zu schlafen, und das kam doch mal vor. Sie würde nichts tun, was sie zum Gespött ihrer Schüler und Kollegen machte.
„Worüber denkst du nach?“, fragte Kai, die, ohne dass Inga es bemerkt hatte, hinter ihr aufgetaucht war. Ihre Stimme klang so verschlafen und sexy, dass Inga sofort wieder dieses verräterische Ziehen im Unterleib spürte und eine Liebe, die sich in jedem Winkel ihres Körpers ausbreitete und sie schwach machte. Aber sie wusste gleichzeitig, dass da noch ein anderes Gefühl in ihr war und dass es gewinnen musste. Sie sah Kai an und sagte mühsam: „Ich denke an Christian.“ Kai hatte eigentlich den Arm um sie legen wollen, wich aber jetzt ein wenig zurück und ihr schönes Gesicht wurde ernst. „Das wird schrecklich für ihn.“ Sie setzte sich auf den Stuhl an der anderen Seite des Tisches und schaute hilflos. „Wir können doch nichts dafür, ich liebe dich, du liebst mich. Wir müssen zusammen sein, das muss er doch verstehen.“ Zum ersten Mal klang sie so jung, wie sie war und das gab Inga die Kraft für den nächsten Satz. „Es wird ihn nicht treffen, weil er es nicht erfahren wird.“ Sie fuhr eine Kerbe im Tisch mit dem Finger nach, als gäbe ihr der kleine Einschnitt den geraden Weg vor, den sie jetzt zu gehen hatte. „Kai, ich werde in wenigen Monaten heiraten. Das mit uns war eine wunderbare Eskapade, ein Abenteuer und ein Geheimnis, das nur wir beide teilen, aber das ändert doch nichts an Christian und mir.“ Die Kerbe war zu Ende und ihr Finger verharrte unschlüssig. Kai betrachtete den Finger, als hätte er die Worte alleine gesagt. Schließlich legte sie ihre Hand über Ingas und sagte: „Ich will mit dir leben, ich liebe dich mehr, als ich mir vorstellen konnte, einen Menschen zu lieben. Ich begehre dich mit allem, was ich bin, und ich möchte mein Leben mit dir verbringen.“ Inga sah nicht auf, aber sie wusste, dass Kai genau aussprach was sie selbst fühlte und das machte sie wütend. Sie entzog ihre Hand der wunderbaren Wärme, die von Kais Fingern ausging. „Du bist neunzehn, du weißt doch gar nicht was Liebe ist“, schleuderte sie Kai böse entgegen. „Du weißt überhaupt nichts, das ist das Problem!“ Kai sah sie verwundert an und lächelte dann traurig. „Ich fürchte, meine Jugend ist nicht unser Problem, unser Problem ist, dass du offensichtlich die Liebe nicht einmal erkennen würdest, wenn sie dich umrennt.“ Sie stand auf und verließ die Küche, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Inga hätte am liebsten irgendetwas gegen die Wand geworfen, das zerbrechlich war und in tausend Stücke zersprang. Aber sie riss sich zusammen und folgte Kai, die im Schlafzimmer ihre Sachen zusammensuchte. „Was machst du da?“
„Packen.“ Kai stopfte ihre Kleidungstücke wahllos in den Rucksack, mit dem sie vor drei Wochen angekommen war. Inga begriff mit einem Mal, was das bedeutete. Kai hatte verstanden, was sie ihr erklärt hatte, und sie würde gehen. Du kannst jetzt nicht gehen, dachte sie, wenn du gehst, muss ich sterben.
„Dein Zug geht doch erst morgen früh.“
Kai ließ sich nicht unterbrechen. „Es gibt mehr als einen Zug. Ich kann einfach nicht länger in deiner Nähe bleiben.“ Inga ging hinter ihr im Zimmer auf und ab und sehnte sich zum ersten Mal seit Jahren nach einer Zigarette. Der furchtbare Schmerz in ihr und die unbeugsame Liebe der jungen Frau machten sie blind vor Wut. „Ich sehe das Drama nicht, Kai. Du musst mich doch verstehen. Hast du denn wirklich geglaubt, dass ich für diese Sache mit dir alles aufgebe? Für drei Wochen? Für eine Neunzehnjährige?“ Sie wusste, dass sie lauter schreckliche und falsche Sachen sagte, und konnte sie doch nicht stoppen.
Kai zog den Reißverschluss über dem prall gefüllten Rucksack fest und sagte leise. „Ja, das habe ich. Ich habe geglaubt, dass du mich so liebst, wie ich dich liebe, und dass wir den Rest irgendwie gemeinsam klären. Im Gegensatz zu dir weiß ich, was ich in den letzten drei Wochen erlebt habe, und ich bin nicht bereit, es nur einen einzigen Millimeter kleiner zu machen, als es ist. Jetzt nicht, morgen nicht, nie!“
„Bitte bleib noch hier.“ Inga hatte den Satz gesagt, bevor sie sich stoppen konnte, und verfluchte sich im selben
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