Rachel ist süß (German Edition)
Tisch. „Das ist ein Gespräch, das wir vielleicht besser im Sitzen führen sollten.“
„Wieso?“ Die schöne Frau hob ihren Kopf und sah sich im Lokal um.
„Ist es Ihnen peinlich wenn alle zu uns schauen? Haben Sie Angst, dass ich eine Szene mache und das ganze Lokal erfährt, dass Sie die Geliebte meines Mannes sind?“
Ihre Stimme war laut genug geworden, um das Ehepaar am Nachbartisch dazu zu veranlassen, jeweils ein Ohr wie eine kleine Teleskopantenne in die interessante Richtung zu drehen. Der Mann musterte Maren heimlich über den Rand seines Weinglases hinweg.
„Das könnten Sie doch auch im Sitzen tun.“ Maren konnte keinen Gesichtsausdruck finden, der zu diesem Satz gepasst hätte und so gab sie einfach den Blick in ihre Augen frei und ließ die andere darin vergeblich nach der Arroganz, der Hinterlist und Feindseligkeit fahnden, die sie natürlich in ihr vermuten musste. Beide sahen sich wieder minutenlang an und Maren spürte die Erschöpfung der anderen Frau zunehmend deutlicher als deren Wut. Sie lächelte vorsichtig und sagte: „Sie sollten sich wirklich setzen. Wenn wir uns noch länger so ansehen, und Sie mich dann anschreien, werden alle glauben, ich wäre Ihre Geliebte.“
Die betrogene Ehefrau focht einen kurzen innerlichen Kampf, ob sie dieser Aufforderung zur Waffenruhe folgen sollte, und ließ sich dann mit einem kleinen Seufzer auf den Stuhl fallen, den die Sekretärin ihres Mann eigentlich für ihn reserviert hatte.
„Das wäre mir im Moment vielleicht sogar lieber!“
Maren wies mit dem Daumen auf den Mann am Nachbartisch, der sich auffallend weit in ihre Richtung lehnte. „Ihm auch!“ Beide lachten sich an, ohne das wirklich zu wollen.
„Ich heiße Maren, aber ich vermute, das wissen Sie. Ich kenne ihren Vornamen leider nicht.“ Maren unterließ es, ihre Hand über den Tisch zu reichen, weil sie wusste, dass das zu weit gegangen wäre.
„Ja, ich weiß wer Sie sind. Er ist nicht so diskret, wie er glaubt.“ Sie machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. „Er hat Ihnen also nicht erzählt, wie seine Frau mit Vornamen heißt? Fragt man so etwas nicht als Geliebte? Ich kenne mich da nicht so aus.“
Die Fremde lächelte spöttisch.
„Ich habe es nicht gefragt.“
„Sie hatten sicher wichtigere Themen, als Sie meinen Mann auf seinen Geschäftsreisen begleitet haben, nicht wahr?“ Der schönen Stimme stand selbst die Bitterkeit gut, sie verlieh ihr einen Hauch von Melancholie, den Maren tief in sich spürte.
Wie konnte er diese Frau für sich gewinnen und sie dann verletzen, fragte sie sich. Sie hätte gerne gelogen in diesem Moment oder die Frage nicht beantwortet, aber das war nicht ihre Art. „Ich wusste, was ich wollte.“
„Und es hat Sie nicht gestört, dass der Mann, mit dem Sie sich trafen, verheiratet ist?“
„Warum hätte es mich stören sollen? Für das, was ich von ihm wollte, war es egal. Wenn es jemanden hätte stören müssen, dann doch ihn, oder?“
„Ja, aber es hat ihn nie gestört!“ Sie betonte das nie viel stärker als das gestört und die Erkenntnis, die dahinter lag, schien es ihr möglich zu machen, Maren wieder anzusehen.
„Ich heiße Lena und ich hatte nicht vermutet, dass Sie schon über dreißig sind.“
Bin ich nicht, dachte Maren und nahm den halbherzigen Versuch, die Kampfhandlungen wieder aufzunehmen, wahr, ohne ihn erwidern zu wollen.
„Ich dagegen hatte nicht vermutet, dass Sie so schön sind“, sagte sie. Ein Teil ihres Bewusstseins nahm zur Kenntnis, dass sie sich nicht normal verhielt und dass die distanzierte Schönheit der anderen Frau leicht berauschend auf sie wirkte. Die Ader an ihrem Hals, die sie sonst nur spürte, wenn sie sich beim Sport verausgabte, pochte laut und schnell. Wahrscheinlich bin ich einfach unterzuckert …, dachte sie, … ich hätte heute Mittag etwas essen sollen.
„Da sehen Sie Dinge an mir, die er schon lange nicht mehr sieht und …“ Lena hielt mitten im Satz inne und schüttelte zum ersten Mal wirklich belustigt den Kopf.
„Ich bin hierher gekommen, um dem Flittchen, das es endgültig geschafft hat, mir klar zu machen, dass meine Ehe seit Jahren am Ende ist, wenigstens auch den Abend zu verderben und finde Sie …“
Dieses Mal war das „Sie“ keine Beleidigung, sondern Ausdruck der gleichen Verwunderung, die auch Maren spürte.
Es wirkte jetzt fast schon normal, dass sie sich
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