Rachel ist süß (German Edition)
gehört Ihnen.“ Dann zog sie ihre Hand abrupt aus Marens und ging, ohne sich noch einmal umzusehen, aus dem Lokal.
Maren erwachte am nächsten Morgen vom Klingeln des Telefons, hechtete zum Apparat und brauchte einen Augenblick, um ihre Enttäuschung zu unterdrücken, als Uwes Stimme aus dem Hörer an ihr Ohr drang.
„Es tut mir so leid!“ Er klang betont besorgt und ein wenig leidend. Sie ließ sich zurück in ihr Kissen fallen und kniff die Augen zusammen. Hinter ihren geschlossenen Lidern konnte sie deutlich sehen, wie sich zwei Hände miteinander bewegten, und versuchte unruhig herauszufinden, warum ihr geistiges Auge von dieser speziellen Geste eine Großaufnahme gemacht hatte, die es jetzt in Zeitlupe zum Wecken abspielte.
„Du sagst ja gar nichts …“ Uwes Tonfall schwankte jetzt zwischen Leiden und Vorwurf.
„Wozu sollte ich denn deiner Meinung nach etwas sagen?“ Sie wusste, dass sie abweisend und unfreundlich war, aber es störte sie nicht.
Er schluckte hörbar. „Ich wollte mich wirklich melden gestern Abend, aber meine Frau hat ein riesiges Theater veranstaltet und mich dann einfach ohne Schlüssel und Handy vor die Tür gesetzt. Ich habe stundenlang gewartet, bis sie zurückkam. Sie ist die halbe Nacht in der Stadt herumgefahren, bis sie mich endlich an ein Telefon ließ, warst du sicherlich schon wieder zuhause.“
Stimmt! Er hatte sich nicht gemeldet und sie hatte es nicht bemerkt.
Und Lena hatte ihm nicht erzählt, dass sie sich getroffen hatten. Wie interessant.
„Kein Problem.“ Sie wollte eigentlich überhaupt nicht mit ihm reden.
„Wenn du heute Zeit hättest? Ich wohne vorübergehend im Hotel …“
Er ließ den Satz offen, um ihr die Möglichkeiten, die dieses Arrangement bot, klar zu machen.
„Ich bin in der nächsten Zeit leider völlig ausgebucht.“
„Du bist also doch sauer.“ Jetzt klang er beleidigt.
„Ich bin nicht sauer, aber ich bin auch nicht mehr an weiteren Treffen mit dir interessiert. Bring doch einfach erst einmal dein Leben in Ordnung.“
Er hatte wütend aufgelegt, bevor sie den Satz ganz zu Ende gesprochen hatte.
Maren starrte nach dem Gespräch eine Weile die Decke an und versuchte, ihre wirre Gedankenwelt zu ordnen. Es war vorbei mit Uwe, das war ihr gestern schon klar gewesen, und es hatte sie in der gestrigen Nacht genauso wenig interessiert, wie es das jetzt tat. Trotzdem fühlte sie sich leer und orientierungslos. Ein Gefühl, dass ihr zwar vertraut war, aber dass sie sonst geschickt mit einer neuen Eroberung erstickte.
Ich sollte ein paar Freunde anrufen, mich verabreden, neue Leute kennenlernen, vielleicht einen neuen Mann, dachte sie, griff nach ihrem Filofax und schlug ihn wahllos auf einer der Adressseiten auf. Sie ließ ihren Zeigefinger über die Namen gleiten und überlegte, was Lena wohl gerade tat? Ob sie sich wieder mit Uwe versöhnen würde? Ja, wahrscheinlich würde sie das. Man warf doch keine zwanzig Ehejahre einfach so hin.
Eine einzelne Träne tropfte aus dem Nichts auf ihre Eintragungen und der Doktortitel einer ehemaligen Klassenkameradin schaute sie plötzlich vorwurfsvoll durch eine kleine wässrige Kontaktlinse an. Immer mehr kleine Linsen erschienen auf dem Papier und vergrößerten willkürlich einzelne Buchstaben und ganze Worte. Maren hielt die aufgeschlagene Seite ganz ruhig und gerade. Es liegt an mir, dachte sie, alles bleibt wie es ist, wenn ich mich nicht bewege.
Und das willst du?, fragte einer der Zweifel, die gestern aus Lenas tiefen Blicken in ihren Kopf spaziert waren. Nein, dachte sie und ließ die rechte Hand das Papier heben. Die Linsen zerflossen eilig und rissen auf ihrem Weg zum unteren Blattrand, Titel, Namen und Telefonnummern mit. Nein, das will ich nicht.
Die praktischen Probleme, die mit dieser Erkenntnis zusammenhingen, nahmen blitzschnell so viel Platz in ihrem Kopf ein, dass alle emotionalen zurück in ihren Brustkorb wanderten, wo sie offensichtlich schon die Nacht verbracht hatten, denn sie drängten sich mit einem vertrauten Schmerz gegen ihre Rippen.
Maren stand auf, zog die Vorhänge auf und legte die CD ein, die sie sich kürzlich gekauft hatte. Während draußen die Christen ihrem Gott und der Welt mit lautem Läuten versicherten, dass sie noch da waren, versicherte James Blunt in ihren Boxen einer Unbekannten musikalisch, wie schön sie sei. Und obwohl Maren das Lied schon vorher gut gefallen hatte,
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