Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachel

Rachel

Titel: Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
jedoch ebenso bewunderte.
    Sie fragte sich, wie es sein musste, so zu leben. Wenn es einem so gut ging, wenn man wohlhabend war und aus dem Vollen schöpfen konnte, wenn man so einen liebenswerten Mann und so nette Kinder hatte. Rachel seufzte leise. Das würde sie selbst Wohl nie erfahren und diese Tatsache sollte sie besser vorbehaltlos akzeptieren und versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen, das ihr vorbestimmt war. Schließlich hatte sie als Lehrerin eine große Verpflichtung. Sie hatte die Aufgabe, möglichst vielen Kindern das Rüstzeug für ein besseres Leben mitzugeben und diese Aufgabe würde sie auch erfüllen. Nichts würde sie davon abhalten. Das Problem war nur, dass sie plötzlich noch mehr wollte, dass sie Dinge haben wollte, von denen sie nicht einmal mehr zu träumen gewagt hatte, seit sie die grausame Nachricht von Langdons Tod bekommen hatte.
    In dieser Nacht, als es im Haus still und dunkel geworden war, lag Rachel im Bett des Gästezimmers, das Evangeline so liebevoll eingerichtet hatte und auf das sie zurecht stolz war, und weinte leise.
    Vielleicht würde sich auch ihr eine zweite Chance auf ein glückliches Leben bieten - schließlich hatte auch Evangeline einmal geglaubt, dass ihr Leben beendet war, emotional zumindest, dass sie nicht mehr lieben und nicht mehr wiedergeliebt würde, aber dann hatte sie Scully kennen gelernt.
    Andererseits, sagte sich Rachel mit einem leisen Schniefen, war ihre Situation ganz anders, als die ihrer Freundin gewesen war. Evangeline war Witwe gewesen, ein gesellschaftliche allseits anerkannter Stand. Von einer unverheirateten Frau erwartete man dagegen, dass sie als Jungfrau heiratete — aber Rachel war keine Jungfrau mehr. Sie bedauerte oder bereute es nicht, mit Langdon geschlafen zu haben, denn sie hatte ihn geliebt und sie wäre die Mutter seiner Kinder geworden, wenn ihnen der Krieg keinen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Aber die meisten Männer, selbst solche, die einen Ruf wie Trey Hargreaves hatten, würden es entrüstet ablehnen, eine unverheiratete Frau zu nehmen, die schon mal mit einem anderen Mann im Bett gewesen war.
    Schon der Gedanke, dass ein Mann sie beschämen und zurückweisen könnte, ließ ihre Wangen vor Zorn und Erniedrigung erglühen.
    Sie musste sich zusammenreißen und aufhören, über Dinge nachzudenken, die nur in ihrer Fantasie existierten.
    Sie war einfach nur überdreht, weil sie ihre Freundin nach so vielen Jahren endlich wieder gesehen hatte und weil sie das zarte Baby in den Armen gehalten hatte, das Baby, das ihr zu Ehren ihren Namen trug.
    Das hatte doch alles nichts mit Trey zu tun.
    Aber sie wusste, dass sie sich damit nur etwas vorzumachen versuchte. Alles, alles in ihrem weiteren Leben würde etwas mit Mr. Trey Hargreaves zu tun haben - und das war - sehr beunruhigend.
     
    Während der acht langen Tage ihrer Abwesenheit entwickelte Trey die Angewohnheit, stundenlang an einem der Fenster im Obergeschoss zu stehen - gewöhnlich an dem, vor dem sein Schreibtisch stand -, auf das leere Schulhaus zu starren und auf ihre Rückkehr zu warten. Er kam sich selbst schon wie ein Volltrottel vor, aber er konnte es nicht ändern. Wenn er nicht aus dem Fenster starrte und auf sie wartete, dachte er an sie. Er dachte nicht an seine Frau, die so tragisch gestorben war, nicht an die verlorenen Jahre, in denen er um sie getrauert hatte, in denen er ihre Mörder gehasst hatte, sie gesucht und schließlich auch gefunden hatte.
    Er dachte auch nicht daran, was er mit den Männern getan hatte, um den Tod seiner Frau zu rächen.
    Das Unmögliche war geschehen: Trey hatte in seinem Herzen einen Platz für Rachel English gefunden - tatsächlich liebte er sie mehr, als er je eine Frau geliebt hatte, Emmas Mutter eingeschlossen. Er begehrte sie, er wollte sie haben. Aber ihm war klar, dass sie die erste Frau war, die er begehrte und die er nicht haben konnte, indem er es ihr einfach so ins Gesicht sagte.
    Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben hatte er sich offen und ehrlich mit seiner Gemütslage beschäftigt und seinen Zustand schonungslos und offen für sich selbst analysiert, aber das brachte ihn auch nicht weiter. Rachel hatte ihm klipp und klar gesagt, was sie von ihm hielt. Sie wollte keinen Ehemann haben, der Besitzer eines Saloons war - und bestimmt nicht einen mit seiner Vergangenheit. Während er über sich und sein Leben nachdachte, wünschte er, er könnte die Zeit zurückdrehen und vieles - fast alles - anders

Weitere Kostenlose Bücher