Rachel
Sattel des Hengstes schwang, um zu seiner Ranch zurückzureiten. Trey hätte sich beinahe das Genick gebrochen, als er die Treppe hinunterstürzte und durch den Saloon eilte. Er stürmte durch die Schwingtür wie ein Mann, der Großes zu verkünden hatte.
Rachel, die immer noch in der Tür der Schule stand, wirkte leicht verwirrt, als überlegte sie, ob sie in s Haus huschen und die Tür hinter sich verriegeln sollte. Trey verlangsamte seine Schritte, einmal aus Selbstachtung — und natürlich, um sie nicht zu beunruhigen, jedenfalls redete er sich das ein.
»Sind Sie wieder zurück?«, fragte er und hätte sich selbst ohrfeigen mögen. Er benahm sich wirklich wie ein vertrottelter Narr. Natürlich war sie zurück. Sie stand ja
schließlich lebensgroß vor ihm in der Sonne.
Sie lächelte und es lag dabei so ein weicher Zug um ihren Mund, was ihn mehr aus der Fassung brachte als ihre üblichen Spötteleien.
»Es war ein wunderbarer Besuch«, sagte sie, »aber hier wartet auch Arbeit auf mich. Evangeline ist so voller Tatenkraft und Energie, dass man gar nicht glauben kann, dass sie gerade erst entbunden hat.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, als sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg, denn natürlich war es nicht korrekt, wenn eine Lehrerin aus dem Osten so ein Thema mit einem fremden Mann - und dazu noch auf der Straße - besprach.
Trey beschloss, nicht weiter auf die Sache einzugehen, denn erstens war er selbst ziemlich nervös und zweitens wollte er ja etwas von ihr. Er blieb vor dem weißen Zaun in der Nähe der alten Mähre stehen, die ein Nickerchen zu halten schien. Trey hatte beide Daumen in seinen Gürtel gehakt, damit Rachel nicht sehen konnte, dass seine Hände zitterten.
»Meine Tochter Emma hat erfahren, dass Sie den Bellweathers einen Besuch abgestattet haben«, sagte er ohne lange Umschweife. Besser, er fackelte nicht lange, sondern brachte die Sache schnellstens hinter sich. »Emma ist nun ganz verrückt danach, dass Sie ... ihr auch einen formellen Besuch abstatten.« Um Haaresbreite hätte er uns gesagt, aber das hatte er gerade noch verhindern können. Er sah, wie sie den Blick hob und über die Fassade des Saloons gleiten ließ. Er machte ein Gesicht, als erwartete er gleich den vernichtenden Urteilsspruch am Tag des Jüngsten Gerichts. Er wusste nicht, wie er auf eine Absage reagieren würde, er wusste nur, dass Emma am Boden zerstört sein würde, wenn die Lehrerin sie wegen ihres Vaters nicht besuchen würde.
»Natürlich besuche ich... Emma sehr gerne«, sagte Rachel.
Er starrte sie ungläubig an. Er hatte sich schon innerlich halb auf eine Ablehnung eingestellt, hatte sich Argumente überlegt, um sie vielleicht doch noch umzustimmen, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie sofort zustimmen würde. »Ja ... schön. Und ... äh ... wann?« Er stammelte verlegen und nun war sein Gesicht feuerrot angelaufen.
»Wann immer es passt«, erwiderte sie leicht. »Morgen Na ch mittag vielleicht?«
Trey schluckte und dachte daran, wie einfach er mit seiner Tochter über dem Saloon lebte. Es gab nur ein Schlafzimmer - für Emma natürlich. Er war ja ohnehin die halbe Nacht unten in der Bar und zum Schlafen streckte er sich dann einfach auf dem alten Sofa aus, das neben dem Herd stand. Sie besaßen kein schönes Geschirr und an den Wänden hingen keine Bilder - abgesehen von einem Kalenderblatt, das Emma vor einigen Jahren aus einem Wandkalender gerissen hatte und auf dem ein Indianermädchen auf einem Pony zu sehen war, das den Mondaufgang betrachtete. »Morgen Nachmittag«, bestätigte er und hätte sich dabei fast an seinen Worten verschluckt.
»Sagen wir um zwei Uhr?«, fragte Rachel mit ausdruckslosem Lehrerinnen-Gesicht. Er konnte nicht sagen, ob sie ihn verlachte oder nicht, aber das war ihm im
Augenblick auch vollkommen egal. Sie hatte eingewilligt, Emma zu besuchen. Das Kind würde nicht enttäuscht werden und das war wirklich das Einzige, das im Augenblick zählte.
»Um zwei Uhr.« Er drehte sich um und ging so schnell davon, dass er fast über seine eigenen Füße gestolpert und mit dem Gesicht beinahe in einer Pfütze aus Regenwasser und Schlamm gelandet wäre. Dass ihn diese Frau so aus der Fassung brachte!
4
Für den Besuch im Haus der Hargreaves hatte Rachel ihre besten Sachen angezogen, den schwarzen Satin-Rock und dazu die blütenweiße hoch geschlossene Bluse. Die Haare hatte sie in einem kleinen Nackenknoten zusammengesteckt. Ohne zu zögern
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