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Rachel

Rachel

Titel: Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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seinem ganzen Leben wahrscheinlich noch nie verwöhnt worden war und dass ihre Zuneigung ihm sicher mehr Gutes tat, als ein paar Plätzchen Schaden anrichten konnten.
    Gerade als Rachels Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, entdeckte sie Emma, die auf der obersten Stufe der Treppe stand, die sich in der einen Ecke des Saloons befand. Das Mädchen hatte sich eine blaue Schleife ins Haar gesteckt, die farblich zu dem hübschen Kleid passte, das sie bei dieser besonderen Gelegenheit trug. Das Mädchen lächelte so herzlich und so einladend, dass Rachel augenblicklich ihre Differenzen mit Trey vergaß und ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Kind richtete.
    »I>u siehst aber hübsch aus, Emma«, sagte sie.
    Emma senkte für einen Moment ihre langen, schwarzen Wimpern. »Vielen Dank, Miss English«, erwiderte sie scheu, aber erfreut. »Wir haben Gebäck und wir haben auch Tee. Jedenfalls werden wir welchen haben, wenn ich kochendes Wasser über die Orange-Pekoe-Blätter in Mrs. McCaffreys Porzellankanne gegossen habe.«
    Rachel ging unaufgefordert zur Treppe und stieg nach oben, wobei Trey ihr folgte. »Ich habe mich wirklich sehr über die Einladung gefreut, Emma. Seit dein Vater sie mir gestern überbracht hat, habe ich nur noch an diesen Besuch gedacht. Erzähl mir doch mal, Emma, was du in der Schule am liebsten machst. Ich weiß, dass du gerne liest - das hast du mir ja schon erzählt, als ich dich auf der Wainwright-Ranch kennen gelernt habe. Aber was magst du außerdem? Geschichte? Geografie? Rechnen?«
    Emmas dunkle Augen begannen zu leuchten. »Ich schreibe gerne, Miss English. Eines Tages möchte ich Bücher schreiben.«
    Rachel griff nach dem Treppengeländer, um sich selbst davon abzuhalten, das Mädchen zu umarmen. Aber wenn man neue Schüler kennen lernte, musste man ganz vorsichtig vorgehen, besonders, wenn s ie so sensibel wie Emma waren. Sie könnte ein zu starkes Interesse missverstehen und für Herablassung oder Mitleid halten, was zu einem Bruch in der Schüler-Lehrerbeziehung führen konnte, der nicht wieder gutzumachen war. »Welche Art Bücher?«, fragte sie und legte eine Hand leicht auf die Schulter des Mädchens, das den Gast in den Wohnbereich führte. »Wahre Geschichten oder Romane?«
    Emma strahlte. »Romane«, gestand sie freimütig, wenn auch ein wenig atemlos.
    »Dann müssen wir daran arbeiten, dass du lernst, wie man so einen Roman aufbaut«, sagte Rachel ernst. »Aber vergiss nicht, dass Geschichte und Rechnen auch wichtig sind und natürlich auch Geografie. Wir können diese Fächer nicht zu kurz kommen lassen.«
    »Wir kurz?«, fragte Emma mit gerunzelten Brauen. Rachel erklärte die Bedeutung des Ausdrucks und fand sich dann in der Mitte eines einfach, aber liebevoll eingerichteten Raumes. Drei Stühle standen um einen alten, aber stabil aussehenden Eichentisch herum, auf dem Junes Teeservice so sorgfältig dekoriert war, dass es Rachel eine Freude war, dieses Arrangement auch nur anzuschauen. In der Mitte des Tisches stand ein Teller, auf dem die Plätzchen hübsch angerichtet waren. Im Raum gab es keinen richtigen Herd, sondern nur eine Kochstelle, über der an einer eisernen Kette ein Kessel hing. Es gab auch keine Sitzecke mit Polstermöbeln und an den Wänden hingen keine Bilder, abgesehen von einem alten Kalenderblatt, auf dem ein junges Indianermädchen auf einem Pony vor der Silhouette eines riesigen Mondes zu sehen war.
    Es war natürlich nicht schwer zu erraten, warum Emma gerade ein solches Bild aufgehängt hatte. Sie war stolz auf ihre Herkunft und Rachel war froh, das zu wissen. Zu viele Kinder aus gemischten Ehen — und leider viele Erwachsene auch - wurden in der Gesellschaft behandelt, als seien sie weniger wert als andere Menschen. Die Entscheidung, ob sich jemand zu seiner Herkunft bekannte und auf sein Erbe stolz war, musste natürlich - jedenfalls nach Rachels Meinung - jedem selbst überlassen bleiben. Das war eine Sache des Einzelnen und seines Charakters.
    Trey räusperte sich und Rachel wandte sich zu ihm um. Nun fühlte er sich offensichtlich unwohl. Unbehaglich, weil sie in seinem Haus war und weil er sich sogar das Geschirr von Miss June hatte ausleihen müssen, die ja auch noch die Plätzchen gebacken hatte. Aber er war bereit, das alles auf sich zu nehmen, nur um seiner Tochter eine Freude zu machen. Dadurch stieg der Mann in ihrer Achtung - wenn auch nur ein bisschen, wie sie sich sagte. Wenn er wirklich so daran interessiert wäre, seiner

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