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Rachel

Rachel

Titel: Rachel
Autoren: Linda Lael Miller
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und ging langsam durch den großen Raum, wobei sie sich mit ihren Armen selbst umarmte. »Etwas vollkommen Unerwartetes - etwas, das nicht sein darf.«
    June drängte Rachel nicht, sie saß einfach nur still da und wartete, während das nächste Hemd, das sie für Toby nähte, halb fertig in ihrem Schoß lag.
    »Ich glaube ...« Rachel senkte die Stimme. »Ich fürchte, ich habe mich in Trey Hargreaves ... verliebt.«
    Die lebhaften blauen Augen blitzten, aber ansonsten verzog June keine Miene. »Nein!«, sagte sie mit gespieltem Entsetzen.
    Rachel blieb mitten im Raum abrupt stehen und umarmte sich noch fester. »Sie verstehen mich nicht. Er ist der falsche Mann für mich und ich bin die falsche Frau für ihn.«
    »Aha«, sagte Mrs. McCaffrey und nickte.
    »Er ... er führt einen Saloon!«, weinte Rachel.
    »Tja, das ist nun mal so.«
    »Und ich bin doch eine Lehrerin!«
    »Ganz sicher.«
    »Er hasst mich!«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte June und war zum ersten Mal, seit dieses Gespräch begonnen hatte, ernsthaft. »Ihr beide habt vom ersten Tag an gestritten, als Trey Sie aus der sinkenden Kutsche gerettet hat. Aus vielen Beziehungen, die mit Blitz und Donner beginnen, werden später oft die besten Ehen. Nehmen Sie zum Beispiel meinen Jacob und mich. Als wir uns kennen gelernt haben, wären wir uns am liebsten gegenseitig ständig an die Gurgel gegangen. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis wir gemerkt haben, dass wir uns doch eigentlich sehr gut leiden konnten - und danach haben wir kaum noch gestritten.«
    Rachel schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte. »Warum nur? Warum?«
    »Es ist sinnlos, sich so eine Frage zu stellen«, sagte June mitfühlend. »Wenn es um unsere Gefühle geht, gibt es keine logischen Antworten mehr.«
    Rachel lugte zwischen den leicht gespreizten Fingern durch. Sie war noch nicht bereit der Welt mit ihren Tatsachen ins Gesicht zu sehen. June nähte weiter, schnell und mit gleichmäßigen Stichen. »Ich hätte überhaupt nicht her-kommen sollen.«
    »Unsinn«, erwiderte die andere Frau, ohne von dem grünen Stoff aufzublicken, aus dem sie Tobys neues Hemd fertigte. »Die Kinder brauchen Sie. Und Trey auch. Wenn ihm das erst mal so richtig klar ist, wird er eines Tages hier auftauchen und mit Blumen und schönen Worten um Ihre Hand anhalten, ganz wie es sich für einen Gentleman gehört.«
    Bei dieser Vorstellung musste Rachel denn doch laut lachen. Das passte ebenso wenig zu Trey - wie, nun ja, wie aus einer zarten Porzellantasse Tee zu nippen und an Hafermehl-Plätzchen zu knabbern. »Selbst wenn er das täte«, sagte sie, »- und die Wahrscheinlichkeit, dass er es tut, ist etwa so hoch wie die, dass Petrus persönlich mit der nächsten Postkutsche nach Springwater kommt -, ich könnte ihn nicht heiraten. Unsere Prinzipien und unsere moralischen Wertvorstellungen sind, vorsichtig gesagt, doch sehr unterschiedlich. Abgesehen davon würde ich niemals meinen Beruf als Lehrerin aufgeben.«
    »Hm«, machte June, schaukelte vor und zurück und stichelte ruhig weiter.
    Rachel ließ sich auf eine Bank fallen und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tischkante. Sie fühlte sich müde und ausgebrannt. Sie musste das Thema wechseln oder sie würde noch verrückt werden. »Ich habe heute Christabel Johnson besucht«, erklärte sie.
    June nickte. »Sie haben erwähnt, dass Sie das tun wollten.«
    »Granny hat angeboten, mich zu erschießen - vermutlich dachte sie, dass ich keine Lust mehr zu leben habe.«
    Die Stationsmeisterin lachte leise in sich hinein. »Das ist typisch für Granny. Mit ihr ist nicht zu spaßen. Einmal stiegen ein paar angetrunkene Cowboys, die auf der Durchreise waren - im Grunde waren es noch halbe Kinder, die nicht wirklich etwas Böses im Schilde führten - auf den Berg. Sie wollten Grannys Klohäuschen umkippen, aber sie kannten Granny eben nicht. Die hat den Burschen eine Schrotladung verpasst, dass Jacob und ich den halben nächsten Tag damit beschäftigt waren, den Jungs das Blei aus den Hintern zu holen.« Bei der Erinnerung an diese Geschichte seufzte sie leise, schüttelte den Kopf und lachte wieder in sich hinein.
    »Natürlich ist es Christabel, um die ich mir Gedanken mache«, sagte Rachel, die im Augenblick keine Lust hatte, sich mit einer Horde angetrunkener Cowboys zu befassen, die mit runtergelassenen Hosen dastanden, weil ihnen die Schrotkugeln im Hintern brannten. »Ich denke, es ist mir gelungen, sie zu überzeugen; in die Schule zu gehen, aber
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