Rachel
Kartoffelsalat und eingelegten Gurken beladen war, während Christabel ernst auf sie einredete und dabei mit der Hand gestikulierte. Rachel lächelte zufrieden und suchte Evangeline, die gerne einen Blick ins Schulhaus werfen wollte.
Als die beiden Freundinnen von dort zurückkamen, stand der Start des Pferderennens kurz bevor. Die Strecke war identisch mit dem Weg, den die Kutschen nahmen, und führte von der Station zum Willow Creek und wieder zurück. Alle Teilnehmer verpflichteten sich bei ihrer Ehre, keine Abkürzungen zu nehmen. Dem Gewinner winkte ein Preis von zwanzig Golddollar. Sieben Reiter - Trey eingeschlossen - nahmen an dem Rennen teil. Die Pferde tänzelten nervös hinter dem Seil/ das Jacob quer über die Straße gelegt hatte und das Start und Ziel markierte.
Dann wurden die Regeln verkündet. Es war verboten, nach einem Gegner zu treten, zu schlagen oder einen anderen Reiter zu behindern. Es durfte auch niemand auf dem weichen Grasboden neben der steinigen harten Kutschspur reiten. Fluchen war erlaubt, da keine Ladys am Rennen teilnahmen. Auch gegen Spucken war nichts einzuwenden. Sollte zwischen den Reitern ein Streit ausbrechen, würden alle, die daran beteiligt waren, disqualifiziert werden.
Nachdem Jacob das alles mit seiner ruhigen klaren Stimme verkündet hatte, hob er seine Pistole in die Luft und feuerte. Die Reiter preschten los, zuerst eine einzige Menge aus Tieren und Menschen, die eine dichte Staubwolke hinter sich zurückließ. Schon bei der ersten Kurve hatte sich das Feld in die Länge gezogen und Rachel war insgeheim erfreut, als sie sah, dass Trey bereits knapp in Führung lag, aber diese Freude konnte sie natürlich nicht offen zeigen. Es wäre doch sehr undiplomatisch gewesen, wenn alle merken würden, dass die Schullehrerin einen der Teilnehmer den anderen vorzog. So stand sie nur still da und beobachtete die Reiter, bis sie außer Sicht waren. Toby und die Kildare-Jungs rannten quer über die Wiese, um die Pferde noch eine Weile länger im Blick zu haben, und zweifellos sehnten die drei schon den Tag herbei, an dem sie alt genug sein würden, um selbst an so einem Wettrennen teilnehmen zu können.
Die Strecke bis zum Creek und zurück betrug mehrere Meilen, aber die Tatsache, dass die Zuschauer die Pferde und ihre Reiter für längere Zeit nicht sehen würden, tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Hier in der einsamen
Wildnis des Westens gab es nicht viele Feste dieser Art und deshalb amüsierte sich jeder so gut er konnte. Vor allem für die Kinder war es ein Abenteuer, mit mehr oder weniger Gleichaltrigen zusammen zu sein.
Fast fünfundvierzig Minuten später kam der erste Reiter in Sicht, der das Feld mit weitem Abstand anführte, und als Rachel sah, dass es Trey war, fiel es ihr wirklich schwer, nicht vor Freude in die Luft zu springen. Als der Schecke - kaum außer Atem - über die Ziellinie schoss, brandete Beifall auf und die Zuschauer gratulierten dem Sieger lauthals. Wäre nicht Sonntag gewesen, dachte Rachel, würden die meisten Männer wohl jetzt in den Brimestone Saloon ziehen, um mit dem Gewinner des Rennens mit einem Glas Whiskey - oder auch zwei - anzustoßen.
Zwischen all dem Händeschütteln und Schulternklopfen blickte Trey auf und winkte Rachel zu. Das war natürlich eine unerhörte Sache und sicher würde es nun Gerede geben, aber trotzdem freute Rachel sich über die Geste.
Während des Nachmittags vertrieben die Männer sich die Zeit mit Hufeisen-Werfen, während die Frauen an einem von Junes Tischen im Inneren der Station saßen und die letzten Neuigkeiten austauschten. Die kleinen Kinder hielten ein Schläfchen in den verschiedenen Betten und die älteren Kinder schienen eine unerschöpfliche Energiequelle zu haben, denn sie tobten bis Einbruch der Dunkelheit, als die Lampen angezündet wurden, im Freien herum. Wieder wurde Essen aufgetischt. Gegessen wurde, was vom Mittagsmahl übrig geblieben war, aber es verhielt sich wie in der biblischen Geschichte von der wundersamen Brot-und Fischvermehrung: es war genug für alle da - und es blieb immer noch etwas übrig.
Nach dem Essen räumten die Frauen ab und erledigten gemeinsam den Abwasch. Jede Familie hatte ihre eigenen Teller, Tassen und Besteck mitgebracht - und natürlich hatten alle etwas zu den Mahlzeiten zugesteuert. Die Männer trugen die Tische in den Hof, um im Saal Platz für den Tanz zu schaffen. Inzwischen war es kühl geworden und es wehte eine frische Frühjahrs-Brise.
Zeb Prudham
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