Rachel
sich noch mehr.
»Aber gerne«, hörte sie sich sagen und fühlte sich wie ein verknalltes Schulmädchen.
Trey beugte seinen Kopf näher zu ihr und schlug einen vertraulichen Ton an. »Ganz unter uns, ich glaube, dass Landry Kildare ein Auge auf Sie geworfen hat und Sie gerne zu seiner Frau machen würde. Naja, er sieht ja ganz passabel aus, besitzt ein schönes Stück Land und hat auch anständige Pferde im Stall. Solvent ist er auch - er versucht nämlich seit einem Jahr, mir ein Stück Land abzukaufen, das an seine Ranch grenzt, und er hat mir immer Bargeld angeboten.« Er schwieg und runzelte die Sti rn , als sei ihm gerade bewusst geworden, dass er seinen Freund vielleicht ein bisschen zu gut aussehen ließ. »Also eins garantiere ich Ihnen jedenfalls, wenn Sie sich mit ihm einlassen sollten, werden seine beiden Jungen Sie innerhalb eines Jahres so weit bringen, dass Sie freiwillig in eine Irrenanstalt gehen.«
Rachel hätte beinahe laut gelacht. Zum einen aus Nervosität, zum anderen aus übermütigem Frohsinn. »Verstehe«, sagte sie. »Ich werde mir Ihre Warnung zu Herzen nehmen.«
»Sehr gut«, meinte Trey zufrieden und - wie es schien - auch ziemlich erleichtert.
Bevor sie das Gespräch fortsetzen konnten, erschien Miss June in der Tür und informierte die Anwesenden, dass die Mittags-Mahlzeit bereitstand. Sie forderte alle auf, ins Haus zu kommen, um sich reichlich zu bedienen, bevor die Fliegen sich sat t gefressen hätten. Die Nachricht wurde begeistert aufgenommen, aber bevor die erste Gabel erhoben wurde, sprach Jacob ein kurzes Gebet und dankte dem Herrn.
Rachel hatte das wunderbare Gefühl, dass sie endlich zu Hause war. Es war, als hätte sie schon immer nach Springwater gehört, obwohl sie nichts von der Existenz des Ortes gewusst hatte. Aber schließlich hatte sie den Weg hierher gefunden, nachdem sie über viele verschlungene Pfade gewandelt war.
Das Essen war großartig, ein rauschendes Fest, in das plötzlich Granny Johnson platzte, die auf dem Rücken eines braunen Maultiers in den Hof der Station ritt. Sie trug ihr altes, abgewetztes Kleid, hatte ein Leinenhäubchen auf dem Kopf und hielt ihr Gewehr - ohne das sie keinen Schritt zu machen schien - im Schoß. »Habe ich die Predigt verpasst?«, fragte sie, als Jacob ihr half, vom Rücken des Tieres zu steigen.
»Ja, Ma'am«, erwiderte Jacob ernst, »das haben Sie allerdings.«
»Verdammt«, fluchte Granny. »Ich habe seit zwanzig Jahren keine anständige Predigt mehr gehört. Ich hoffe nur, dass Sie den Leuten die Schrecken der Hölle und der ewigen Verdammnis klargemacht haben, Prediger.«
Jacobs Mundwinkel zuckten leicht, aber er war klug genug nicht zu lächeln. In seiner Botschaft an die kleine Gemeinde hatte er viel über die Kraft des Herrn gesprochen und über seine Liebe zu den Menschen, aber er hatte darauf verzichtet, mit großen Worten die Hölle und den Teufel zu beschwören, wie viele Prediger es taten. Persönlich war Rachel Jacob dafür dankbar, obwohl sie wusste, dass viele Menschen niemals auf die Gnade des Herrn gebaut hätten, wenn sie nicht solche Angst vor dem Teufel gehabt hätten.
In der Art eines Gentlemans legte Jacob seine Hand leicht auf den schmalen Rücken der alten Frau. »Es ist noch eine ganze Menge zu essen übrig, Mrs. Johnson«, sagte er.
»Gehen Sie doch ins Haus und nehmen sich einen ordentlichen Teller voll.«
Granny nickte und reichte ihm ihr Gewehr. »Ich wäre Ihnen dankbar, junger Mann, wenn Sie das für mich in Verwahrung nehmen würden«, sagte sie. Dann trottete sie langsam zur Tür der Station, wobei sie kurz stehen blieb, um mit Rachel zu reden. »Ich bin nur gekommen, um zu sehen, wie Sie mein Mädchen behandeln«, verkündete sie. »Wenn Christabel hier nicht glücklich ist, nehme ich sie gleich wieder mit mir nach Hause.«
Rachel lächelte. Sie war froh, dass Granny an dem Fest teilnahm, auch wenn sie eine schwierige alte Frau war. Sie hatte sich nicht wenige Gedanken darüber gemacht, dass Granny so einsam und allein in ihrer verfallenen Hütte lebte und sie hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Mrs. Johnson vielleicht doch Teil der Gemeinschaft von Springwater werden würde. Dadurch würde nicht nur das Leben der älteren Frau viel einfacher werden, sondern es wäre gleichzeitig auch ein Segen für Christabel.
Kurz darauf entdeckte Rachel die beiden, die Seite ah Seite auf einer Mähmaschine saßen. Granny hielt einen Teller im Schoß, der randvoll mit gebratenem Huhn,
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