Rachels Geheimnis: Verräterisch klopfendes Herz (German Edition)
unter die Augen treten musste.
Entschlossen packte Janine ihre Einkäufe aus. Trotzdem ging ihr nicht aus dem Kopf, wie lässig Slade mit seinen Zwillingsnichten und seinem kleinen Neffen umgegangen war. Wer hätte das je für möglich gehalten? Es hatte sie zutiefst überrascht.
Ironie des Schicksals, dachte sie und strich sich über den flachen Bauch. Aber eines Tages …
Janine dachte daran, wie sie am Nachmittag in die Auffahrt zur Flying M eingebogen war. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt gewesenund ihre Handflächen feucht. Aber das war nur der Anfang gewesen. Denn sie hatte Slade wiedergesehen … Du lieber Himmel, das war wirklich das Schlimmste gewesen. Schlimmer, als sie es sich je vorgestellt hatte.
Fünfzehn lange Jahre hatten sie sich nicht gesehen, und er hatte sich verändert. Sein Körper war kräftiger geworden, die Schultern breiter, die Brust muskulöser. Nur die Hüfte war noch so schmal, wie sie sie in Erinnerung hatte. Janine errötete bei diesem Gedanken, und sofort fiel ihr ein, wie sie ihn das erste Mal nackt gesehen hatte … an der Stelle, wo sie immer schwimmen gegangen waren.
Dort hatte er sich die Jeans vom Leib gerissen und bewiesen, dass er es nicht für nötig hielt, Unterwäsche zu tragen. Sie erinnerte sich daran, dass sein Po neben dem gebräunten Rücken und den muskulösen Beinen hell wirkte. Und noch mehr hatte sie gesehen: Teile des männlichen Körpers, die sie bis dahin nicht gekannt hatte.
Damals war ich wirklich noch naiv, dachte Janine. Natürlich hatte er sich körperlich verändert. Ein hartes Leben und die vielen Jahre, die seither vergangenen waren, hatten dafür gesorgt. Slades Gesichtszüge wirkten hagerer als früher; über eine Wange verlief eine dünne Narbe, aber seine Augen strahlten immer noch so blau wie der Himmel über Montana.
Janine hatte bemerkt, dass er leicht hinkte. Außerdem verriet etwas in seinem Gesicht, in seinen Augen, dass er tiefen Schmerz erlebt hatte. Aber warum sollte er nicht vom Leben gezeichnet sein, und warum sollten seine Wunden nicht sichtbarer sein als bei anderen Leuten? Im Grunde genommen ging es doch allen Menschen so. Sie faltete ihre Einkaufstüte zusammen und verstaute sie im Schrank.
Insgeheim brannte sie darauf, zu erfahren, was zwischen ihm und Sue Ellen geschehen war. Sie vermutete, dass Sue Ellen nur eine Frau unter Dutzenden gewesen war. Denn schließlich waren die McCaffertys für ihre Eroberungen berühmt. Hatte sie nicht selbst dazu gezählt?
„Wen interessiert das noch“, brummte sie und hängte ihren Mantel in den Flurschrank. Sämtliche McCaffertys waren schon als Teenager berüchtigt gewesen, hatten es nicht für nötig gehalten, sich an Regeln und Gesetze zu halten. Slade hatte keine Ausnahme gemacht.
Thorne war sehr sportlich gewesen, hatte sich aber mehr an dieRegeln gehalten als seine Brüder. Matt wurde nachgesagt, dass er gern waghalsige Rodeos ritt und dass bei seinem verführerischen Lächeln jede Frau schwach wurde. Slade dagegen war als echter Teufel verschrien gewesen. Schon in jungen Jahren hatte er es geliebt, auf die höchsten Gipfel zu klettern, hatte Kajaktouren auf reißenden Flüssen unternommen und riskante Skiabfahrten gewagt – immer gegen den eindringlichen Rat seines Vaters.
Aber all die Geschichten lagen eine Ewigkeit zurück. Damals war Janine selbst ein rebellisches Mädchen gewesen, das versucht hatte, seinen Platz im Leben zu finden. Bis zu der erwachsenen Frau mit einem Examen in Jura hatte noch ein weiter Weg vor ihr gelegen. Aber sie hatte es geschafft: Sie war vernünftig geworden.
Und manchmal hasste sie es.
Slade sah unschlüssig in das Schneetreiben draußen. Das Wiedersehen mit Janine hatte etwas in ihm ausgelöst. Und er verspürte das ungewöhnliche Bedürfnis, die Geschichte ins Reine zu bringen und ihr die Sache mit Sue Ellen zu erklären.
Oder suchst du nur nach einem Grund, sie wiederzusehen? Sei ehrlich zu dir selbst, McCafferty. Seit Rebecca hast du dich für keine Frau mehr interessiert. Aber ein einziger Blick auf diese Anwältin hat gereicht, und schon kannst du keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Kurz entschlossen eilte er durch die Küche, griff nach seiner Jacke am Haken neben der Tür und verließ das Haus. Es war zwar erst Nachmittag, aber der Himmel war bereits dunkel, und es herrschten Temperaturen unter null Grad.
Drohend hingen die schweren Wolken über ihm. Es würde noch mehr schneien. Nicht dass es ihn kümmerte. Slade stieg in
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