Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
durchzumüssen?«
»Sie sind wahrscheinlich bei Lewis vom Freeway abgefahren, stimmt’s? Das nächste Mal nehmen Sie eine Ausfahrt vorher, dann fahren Sie über ein paar kleinere Straßen und erreichen schließlich einen Wirtschaftsweg. Aber glauben Sie mir, da kommt niemand hin. Und selbst wenn – man könnte sich dort gar nicht verstecken. Außerdem haben die Wohnungen hier Panikschalter, und die Bewohner können sich zusätzlich welche zum Mitnehmen mieten. Wir haben hier keine Probleme. Noch nie gehabt.«
Milo sagte: »Der Versorgungsweg geht also mitten durch das hintere Gelände und endet an einer Laderampe.«
»Da ist nicht nur eine, da sind jede Menge Laderampen, und da sind auch immer Leute unterwegs. Glauben Sie mir, Ihr Penner würde da sofort auffallen. Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass er hier ist?«
»Weil er hier gelebt hat.«
»In Camarillo? Das ist groß.«
»Nicht in der Stadt, Rudy. Hier.«
»Hm? Oh. Er war einer von denen.«
»Von denen?«
»Einer von den Irren. Als das hier noch eine Klapsmühle war.«
Ich sagte: »Wissen die Bewohner das?«
Borchard lächelte. »In der Broschüre steht nichts davon, aber manche werden es schon wissen. Ist denen trotzdem scheißegal. Weil, das ist ewig lange her, und jetzt ist alles schön und sicher. Warum sollte denn ein Irrer dorthin zurückkehren, wo er eingesperrt war? Das ist doch völlig unlogisch. Psychologisch gesehen, meine ich.«
Milo unterdrückte ein Lächeln. »Kann schon sein, Rudy. Wie viele Männer gehören zu Ihrem Sicherheitsdienst?«
»Fünf. Mich eingeschlossen. Das reicht, glauben Sie mir. Hier passiert nichts. Das mit der Klapsmühle ist ein Dauergag für uns. Zum Beispiel wenn irgendjemand wieder mal was ausbuddelt.«
»Ausbuddelt?«
»Wenn die Landschaftsgärtner hier sind«, erklärte Borchard. »Dann graben die die Erde um, für die Pflanzen oder was weiß ich, und manchmal taucht was auf.«
»Was zum Beispiel?«
»Ach, nichts Verdächtiges. Löffel, Gabel, Tassen mit dem Logo von der Klinik, dem großen VS . Einmal sind sogar Schnallen und ein Riemen aufgetaucht, wahrscheinlich von einer Zwangsjacke.«
»Was tun Sie mit den Sachen, wenn Sie sie finden?«
» Ich finde gar nichts, das sind immer die Gärtner. Die geben die Sachen mir, und ich werfe sie weg. Was glauben Sie denn? Ist ja doch nur Müll.« Borchard sah auf seine Uhr. »Ihr Irrer ist hier nicht, aber wenn er auftaucht, werde ich mich um ihn kümmern.«
Er knöpfte sein zu großes Jackett auf und gewährte uns einen Blick auf ein Pistolenhalfter mit einer Glock.
»Ein schönes Stück«, sagte Milo.
»Und ich weiß, wie man damit umgeht.«
»Waren Sie beim Militär?«
Borchard wurde rot. »Ich übe am Schießstand. Einen schönen Tag noch, die Herren.«
Milo sagte: »Wie wär’s, wenn Sie uns die Versorgungsstraße zeigen?«
»Sie machen Witze.«
»Dann können wir unserem Chef sagen, wir waren richtig gründlich.«
»Die Chefs«, sagte Borchard. »Ja, schon kapiert. Okay, ich zeig sie Ihnen, aber die ist ganz am anderen Ende, da wollen Sie bestimmt nicht zu Fuß hingehen.«
»Dann fahren wir eben.«
Borchard beäugte Milos Wagen. »Da setz ich mich nicht hinten rein, das macht keinen guten Eindruck auf die Bewohner, wissen Sie?«
»Ich werde Ihnen keine Handschellen anlegen, Rudy. Versprochen.«
»Ich mag Ihren Humor. Überhaupt nicht.« Er fasste an die Stelle unter seinem Jackett, wo sich die Waffe befand. »Muss das wirklich sein?«
»Wir sind extra von L. A. hierhergefahren.«
»Dann gehen Sie doch in der Stadt einen Fisch-Taco essen und erzählen hinterher, Sie hätten nachgesehen.«
Milo grinste.
»Okay, schon gut, warten Sie einen Moment.« Ein Mann mit einem Stock kam auf sie zu, und Borchard hastete los, um ihn abzufangen. Er redete lächelnd auf ihn ein, bis sich der Mann mitten im Satz abwandte und im Weggehen vor sich hin murmelte. Borchard warf uns einen Ich-hab’s-euch-ja-gleich-gesagt- Blick zu, verschwand hinter einer grün bewachsenen Biegung und tauchte Minuten später in einem Golfmobil mit Sonnendach wieder auf.
»Steigen Sie ein.«
Milo nahm neben ihm Platz, ich setzte mich auf die Rückbank. Der Plastiksitz war aquamarinblau und mit grünen Reihern gemustert.
»Hören Sie, ich tue das nur, weil Sie Kollegen sind, aber glauben Sie mir, Ihr Irrer hat sich hier bestimmt nicht in einem Vierzigtonner reingeschlichen. Hier kommt alles von bekannten Zulieferern. Jedes Mal, wenn ein LKW auf das Gelände fährt oder
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