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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ist es immer ruhig«, sagte Borchard, als bedauerte er das. Er wendete das Golfmobil und machte sich auf den Rückweg. Als wir das Maschendrahttor erreichten, sagte Milo: »Halten Sie mal einen Moment«, sprang hinaus und lugte durch die Hecke.
    Mit unbewegter Miene kam er zurück.
    »Und? Was haben Sie gesehen?«, fragte Borchard. »Weites Land, stimmt’s? Keine Bekloppten weit und breit. Kann ich jetzt weiterfahren?«
    »Bewahren Sie die Bänder der Überwachungskamera auf?«
    »Ich wusste, dass Sie das fragen würden. Die Bänder löschen sich nach vierundzwanzig Stunden von selbst, damit wir sie immer wieder benutzen können. Es ist nämlich nie irgendwas drauf. Aber jetzt bring ich Sie zurück. Mir sind schon genug neugierige Bewohner auf die Pelle gerückt und wollten wissen, was los ist.«
    Ich sagte: »Was erzählen Sie ihnen?«
    »Dass Sie von der County-Verwaltung sind und überprüfen, ob wir hier erdbebensicher sind. Und das sind wir. Voll und ganz.«
    Zurück am Wagen fragte Milo Borchard nach einer genauen Wegbeschreibung zu dem unerschlossenen Gelände.
    »Nun, ich hab’s Ihnen schon erklärt.«
    »Und wie kommen wir hin, wenn wir nicht über den Freeway fahren?«
    Borchard kratzte sich am Kopf. »Ich denke, Sie könnten auch, sobald Sie hier durch die Einfahrt gefahren sind, links abbiegen und dann noch mal links. Es ist ein bisschen länger, Sie fahren nämlich ein großes Viereck. Dann geht es eine Weile dahin, bis Sie zu einem Feld mit Artischocken kommen. Im Moment sind es zumindest Artischocken, manchmal pflanzen sie auch Zwiebeln – aber das riecht man dann, das können Sie mir glauben. Wenn Sie also zu den Artischocken kommen, fahren Sie einfach weiter, dann sehen Sie einen Haufen Nichts vor sich, so wie eben durch das rückwärtige Tor.«
    Er schabte mit einem Fingernagel an einem Zahn. »Dann wissen Sie, dass Sie da sind. Dort ist noch viel mehr Nichts als sonst irgendwo in der Gegend.«

39
    Nachdem wir mehrmals falsch abgebogen waren, fanden wir das Artischockenfeld.
    Die Früchte waren prall, aber noch nicht erntereif. Am Südrand des Feldes, auf einem Feldweg oberhalb eines Abflusskanals, stand einsam und allein ein Mann und hielt Wache. In der Hand hatte er eine Flasche, aus der er eine bernsteinfarbene Flüssigkeit trank. Er war klein und dunkelhäutig und trug graue Arbeitskleidung und einen breitkrempigen Strohhut. Obwohl Milo nur knapp einen Meter vor ihm zum Stehen kam, zeigte er nicht die geringste Reaktion.
    Eine lebende Vogelscheuche – mit erstaunlicher Wirkung; weit und breit war kein einziger Vogel zu sehen.
    Als wir ausstiegen, drehte er sich schließlich um. Das bräunliche Getränk war Jarritos Tamarindo, eine mexikanische Limonade. Sein Arbeitshemd hatte zwei Brusttaschen. Die eine war leer, die andere beulte sich um ein schweres in Zellophan gewickeltes, halbes Sandwich, sicher belegt mit irgendeiner Wurst. Die Verpackung trug einen spanischen Schriftzug.
    » Hola, amigo «, sagte Milo.
    » Hola .«
    »Die Person schon mal gesehen?«
    Hugglers Zeichnung erntete ein Kopfschütteln.
    Das Gleiche galt für das Foto des verblichenen James Pittson Harrie.
    »Hier überhaupt schon mal jemanden gesehen?«
    »Nein.«
    »Nie?«
    »Nein.«
    »Okay, gracias .«
    Der Mann lupfte den Hut und kehrte auf seinen Posten zurück.
    Milo konsultierte die Notizen, die er sich von Borchards bruchstückhafter Wegbeschreibung gemacht hatte, fuhr ein paar hundert Meter weiter, wendete und hielt. »Schätze, der gute alte Rudy hatte recht.«
    Er summte die ersten sieben Takte von »I Got Plenty of Nothing« und krümmte die Finger zu einem Guckrohr.
    An die Sieben-Meter-Hecke der SeaBird-Residenz grenzte eine riesige Brache, Tausende Quadratmeter Dornensträucher und Wildgräser, vieles davon mannshoch. Dürreresistente Kräuter mit gezackten Blättern wechselten sich ab mit Gräsern, die zu Heu vertrocknet waren. Hier und da türmten sich verrosteter Eisenschrott und gelbliche Mauerstücke mit den abgeknipsten Enden von Maschendraht.
    In der Ferne erhob sich eine weitere Eibenhecke, ungetrimmt und mindestens drei Meter höher als die SeaBird-Einfriedung. Es war das östliche Ende des Geländes, wo früher die Spezialstation gewesen war. Hinter der grünen Wand ragte die Hügelkette auf wie überdimensionale Kamelhöcker.
    Niedergeschlagen saßen wir im Wagen. Wenn meine Theorie falsch war, konnte Huggler überall sein.
    Milo sagte: »Was soll’s. Wir haben es versucht.« Er steckte sich eine

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