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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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groß, seine Miene zu treuherzig.
    Die Gestalt kam näher. Langsam und schwerfällig.
    Ein Hund. Ohne uns zu bemerken, bahnte er sich einen Weg durch das Gestrüpp.
    Milo und ich stiegen aus und gingen am Feldrand entlang, bis wir nah genug waren, um ihn genauer sehen zu können.
    Es war ein mittelgroßes Tier, mit offensichtlicher Golden-Retriever-Abstammung, aber zu lang und schmal, um reinrassig zu sein. Ein Ohr stand hoch, eines hing herab.
    Er blieb stehen, um zu pinkeln. Kein Beinheben, nur ein kurzes, unterwürfiges Hocken. Mit gesenktem Kopf lief er weiter. Blieb stehen, stürmte los, schnüffelte, ohne erkennbares Ziel. Vielleicht getrieben von irgendeinem uralten Jagdinstinkt.
    Wir gingen weiter.
    Der Hund sah auf und hob schnüffelnd die Nase in die Luft. Er drehte sich um.
    Sanfte Augen, graue Schnauze. Keine Spur von Angst.
    Ich sagte: »Schön, dich zu sehen, Louie.«
    Wir blieben am Wegrand stehen, während Louie noch einmal pinkelte. Diesmal hockte er länger, versuchte zu koten, schaffte es schließlich und scharrte mit den Pfoten, ehe er seinen Weg durch das Feld wieder aufnahm.
    Rechts von ihm erschien eine zweite Gestalt.
    Wie aus dem Nichts, genau wie Louie.
    Der zweite Hund sah alt aus, er humpelte mühsam hinter Louie her. Zwischen unsicheren Schritten blieb er immer wieder schwankend stehen, bis ihn nach ein paar Sekunden ein Krampf befiel, der ihn zu Boden warf.
    Er wand sich stöhnend, ehe er sich zitternd wieder auf die Beine rappelte.
    Louie drehte sich um und trabte auf ihn zu.
    Der andere Hund blieb mit pumpender Brust stehen. Louie schleckte ihm das Gesicht ab. Das schien dem Alten neue Kräfte zu verleihen, und er schaffte noch ein paar weitere Schritte.
    Louie und sein Freund betraten jetzt eine Stelle mit kurzem Gras, die uns einen besseren Blick auf sie gewährte. Als wir das Feld beschritten, konnten wir sehen, dass beiden Tieren die Rippen hervorstanden. Louie war untergewichtig, der ältere Hund vollkommen abgemagert, mit schlankeren Hüften als ein Windhund.
    Seine Statur war nicht rassetypisch. Von seinem einst muskulösen Körper waren nur noch braun gesprenkelte weiße Haut und Knochen übrig. Sein Kopf aber war edel wie eh und je: braun, schlappohrig, ein massiver Schädel mit klugen Augen, die aber leer wirkten und rastlos umherwanderten. Eine braune Zeichnung zierte sein Rückgrat, das durch Alter und Unterernährung stark hervortrat.
    Ein Deutsch-Kurzhaar.
    Ich sagte: »Dr. Wainrights Kletterkumpel Ned. Nach all den Jahren.«
    Milo sagte: »Die sezieren Kleintiere, aber die beiden lassen sie leben?«
    »Jungs und ihre Spielzeuge.«
    Ned blieb wieder schwer atmend stehen und kämpfte um sein Gleichgewicht. Louie stupste ihn mit der Schnauze an und trat dicht neben ihn, um ihn mit seinem eigenen Körper zu stützen. Sie setzten ihre Erkundung fort, Ned stolpernd, Louie immer bei ihm, um ihm Halt zu geben. Jedes Mal wenn sich der Vorsteher wieder aufrappelte, belohnte ihn Louie mit Schlecken.
    Verhaltenstherapie auf Hündisch.
    Eine Viertelstunde lang sahen wir den beiden zu, wie sie im Zickzack durch das Feld kreuzten. Wenn sie unseren Wagen bemerkt hatten, ließen sie es sich nicht anmerken. Einmal hob Louie den Kopf und schien uns direkt anzusehen, aber vollkommen angstfrei und klar.
    Ein vertrauensvolles Geschöpf.
    Milo sagte: »Die müssen schwer hungern … aber dass sie hier sind, heißt, dass er auch hier ist.« Er suchte den Horizont ab, und seine Finger wanderten zu seinem Halfter. »Komm schon, du krankes Arschloch. Zeig dich, oder ich hetz dir den Tierschutzbund auf den Hals.«
    Die Tiere streunten noch eine Weile scheinbar ziellos umher. Dann ging der Vorsteher in die Hocke und ließ sich unglaublich lange Zeit, um sein Geschäft zu verrichten, während Louie geduldig danebenstand.
    Geleitet von Louie, schleppte sich Ned schließlich zurück, und beide Hunde verschwanden zwischen hohem Gras.
    Zwanzig Minuten später waren sie noch nicht wieder aufgetaucht.
    Milo bedeutete mir, mitzukommen, und wir wagten uns weiter vor, ohne den Blick von der Stelle zu nehmen, wo wir die Hunde zuletzt gesehen hatten. Um möglichst wenig Lärm zu machen, teilten wir das Gestrüpp, ehe wir hindurchtraten.
    Alle zehn Schritte blieben wir stehen, um uns zu vergewissern, dass uns niemand beobachtete.
    Von den Hunden war nichts zu sehen, ebenso wenig von irgendwelchen anderen Tieren.
    Ein paar Hundert Meter weiter erstarb die Vegetation, und wir standen vor einer Lichtung.
    Kaum

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