Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
die Nachtschichten nehmen, obwohl ich schon seit zehn Jahren dabei war. Ich hab sie verklagt und gewonnen. Ein andermal hat einer von unseren dunkel häutigen Mitbürgern mein Auto verbeult, ich hatte so ein kleines Mercedes-Cabrio, super zu fahren, dieser farbige Typ schaut nicht, wo er hintappt, bumm. Alle meinten, das kannst du vergessen, diese Typen sind sowieso alle nicht versichert. Ich meinte, scheiß drauf, und hab ihn verklagt. Mein Anwalt fand dann raus, dass seine Mutter ein Haus hat, das sie ihm zum Teil übertragen hatte. Wir pfändeten Mommys Hütte, beantragten die Zwangsräumung, und flugs hat er die Kohle rausgerückt.«
»Sie mögen wohl gern prozessieren.«
»Ich mag es, wenn meine Rechte geschützt werden. Ich weiß genau, was meine Rechte sind. Auch jetzt zum Beispiel. Ich muss Ihnen gegenüber überhaupt nichts sagen. Aber es ist schon okay, Sie machen mir keine Angst. Ich habe mit dem Mord an Vita nichts zu schaffen. Glauben Sie mir, so wie Vita drauf war, hätte sie das Ganze auch ganz allein bewerkstelligen können.«
»Sie meinen, sie hat ihren eigenen Mord organisiert?«
»Nein, nein, ich will nur sagen, dass Vita die schlimmste Zicke war seit … wie hieß die noch, Cruella Soundso? Aus dem Zeichentrickfilm? Sie hat es sich praktisch mit allen verschissen. Da musste sie einfach nur sie selbst sein. Irgendwann hat dann einer mal die Nerven verloren.«
»Irgendwelche Ideen, wer das gewesen sein könnte?«
»Nein, Vita hatte mit meinem Leben nichts mehr zu tun, ich habe keine Ahnung, mit wem sie so zusammen war.«
»Denken Sie mal zurück«, sagte ich. »Hatte sie früher irgendwelche Feinde?«
»Feinde?«, echote Sloat. »Gehen Sie auf die Straße, und fragen Sie wahllos irgendjemanden. Jeder, der sie kannte, hasste sie.«
»Sie haben sie geheiratet.«
»Als ich sie geheiratet habe, stand ich auf sie. Aber dann hab ich sie auch gehasst.«
»Sie war damals anders.«
»Nein«, sagte Sloat. »Ich dachte nur, dass sie anders wäre. Sie hat mir was vorgemacht, verstehen Sie?«
»Wie?«
»Indem sie einen kalt lächelnd angeschaut hat, mit diesem Ich-bin-eine-Zicke-aber-ich-blas-dir-trotzdem-einen- Blick. Und das hat sie dann auch gemacht. Eine Zeitlang war sie richtig gut und hat immer noch ziemlich klasse ausgesehen. Ich hab sie Miss Everest genannt, weil sie so groß und eisig war und so scharfe Kanten hatte. Aber irgendwann hat sie mit dem Verstellen aufgehört. Warum sich Mühe geben, wenn man einfach so eine Zicke sein kann?«
»Da ließ die Anziehungskraft nach.«
»Ihre Titten haben mich immer noch angemacht«, sagte Sloat. »Und sie hatte ein hübsches Gesicht. Sie hat auf sich geachtet, sich die Brauen gezupft, sich geschminkt und ihr Haar platinblond gefärbt. Wie diese Schauspielerin. Novak, Kim Novak. Ältere Semester meinten immer, sie sähe aus wie Kim Novak. Ich hab mir dann Vertigo angesehen und fand die Novak viel schärfer. Selbst wenn man zehn Vitas gegen eine Kim Novak eintauschen würde, müsste man immer noch was drauflegen. Aber Vita war süß, das muss ich ihr lassen. Und in den Dingen, auf die es ankommt, war sie gut. Das hat sie auch beibehalten, nachdem wir geschieden waren. Das muss ich ihr zugutehalten.«
»Sie war scharf«, sagte ich.
»Scharf ist, wenn eine Schnecke es dir besorgen will. Wenn Vita in Stimmung war, ging die Post ab. Das Problem war nur, dass sie alt und fett wurde, sich die Haare nicht mehr gefärbt hat und gar nicht mehr auf sich geachtet hat, und mit dem Trinken wurde es auch immer schlimmer.« Er streckte die Zunge heraus. »Sie stank aus dem Mund, und sie sah furchtbar aus. Also, selbst wenn sie Bock auf mich hatte, hatte ich keinen Bock auf sie. Irgendwann meinte ich dann, Schluss jetzt. Das Leben ist zu kurz, verstehen Sie?«
Milo sagte: »Klar verstehen wir das.«
»Klar«, sagte Sloat. »Hören Sie, ich muss hier nicht so tun, als würde mir das Ganze was ausmachen, wenn es nicht so ist. Vita hat versucht, mir alles, was ich besitze, wegzunehmen. Sogar das Mercedes-Cabrio, mit dem ich so viel Ärger hatte. Und die Hälfte meines Gehaltes bis zu dem Zeitpunkt, wo ich vollkommen pleite war und überhaupt nicht mehr arbeiten ging, und zwar so lange, bis sie überzeugt war, dass bei mir nichts mehr zu holen wäre. Ich habe sie, wie gesagt, seit sieben Jahren nicht gesehen. Aber in einem Hinterstübchen meines Hirns ist immer noch dieser Gedanke, vielleicht kommt sie ja wieder. Wie eine Figur aus einem Horrorfilm, der Typ mit
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