Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
der Ledermaske. Ich hab sie nicht umgebracht – warum sollte ich ihretwegen mein Leben ruinieren?«
Ich sagte: »Eines hatten Sie aber gemeinsam: Vita mochte auch gern prozessieren.«
»Nur wenn es gegen mich ging.«
»Sie hat also nie jemand anderen verklagt?«
»Nein«, sagte Sloat. »Sie war eine Heulsuse. Als ich den Zoff mit dem Schwarzen hatte, hat sie mich angeschrien, was wenn er in einer Gang ist, das Auto ist das doch nicht wert. Das hat sie aber Jahre später nicht davon abgehalten, mich zu verklagen. Das Gleiche war mit der Spedition. Tu das nicht, Jay, da könnte die Mafia mit drinstecken, das ist es nicht wert. Ich darauf: dir vielleicht nicht, aber mir. Rechte sind Rechte, deswegen werden sogar Kriege geführt.«
Milo sagte: »Waren Sie bei der Armee?«
»Mein Vater. Drei Jahre in Europa. Kann ich jetzt wieder an die Arbeit gehen?«
Immer noch keine Anzeichen von Furcht. Milo sagte: »Was Sie sagen, ergibt Sinn, Jay. Andererseits haben Sie sie gehasst, es scheint Sie völlig kaltzulassen, dass sie tot ist, und Sie können Ihr Alibi nicht beweisen.«
»Ich kann schon, ich will aber nicht.«
»Warum nicht?«
Sloat blickte über die Schulter durch die Scheibe in das Ladeninnere.
Milo sagte: »Keine Sorge, keine Kundschaft.«
»Ich weiß. Hier ist nie Kundschaft.«
Ich sagte: »Das Cowgirl hat was mit dem Laden zu tun.«
Rasches Zusammenziehen der Pupillen. Eine pulsierende Halsschlagader.
Milo sah es auch. »Geben Sie uns einen Namen, Jay, oder wir entwickeln nachhaltiges Interesse an Herrenbekleidung.«
Sloat stieß eine bittere Tabakwolke aus. »Oh Mann.«
Milo sagte: »Es geht hier um Mord, Jay …«
»Ich weiß, ich weiß … also gut. Aber schwören Sie mir, dass das unter uns bleibt.«
»Wir schwören nie etwas, Jay. Wir geben nicht einmal Versprechen. Aber solange es keinen Grund gibt, mit der Information an die Öffentlichkeit zu gehen, werden wir das auch nicht tun.«
»Was sollten denn das für Gründe sein? Ich habe Vita nicht umgebracht.«
»Dann haben Sie ja auch kein Problem, Jay.«
Sloat sog mit einem Zug einen Zentimeter seines Zigarillos ein. »Schon gut, schon gut. Sie heißt Nina. Nina Hassan.«
»Georges Ex.«
»Wenn er das rauskriegt, setzt er mich auf die Straße und röstet meine Eier auf einem Dönergrill.«
Milo zog sein Notizbuch heraus. »Wie ist ihre Telefonnummer?«
»Muss das sein?«
»Die Telefonnummer, Jay.« Milo blickte ihn nur vielsagend an.
Sloat nannte die Nummer. »Aber sagen Sie ihr nicht, was ich über sie erzählt habe. Das mit dem Rodeo und so.«
»Das kann ich Ihnen versprechen.«
»Sie ist echt heiß«, sagte Sloat. »Wenn Sie sie sehen, werden Sie verstehen, was ich meine.«
»Ich freu mich schon drauf, Jay.«
»Ich brauche diesen Job, Leute.«
»Sie müssen vor allem vom Tatverdacht freigesprochen werden.«
»Wieso Tatverdacht? Ich hab Vita nichts getan.«
»Hoffentlich wird Nina das bestätigen, Jay. Und hoffentlich glauben wir ihr.«
»Warum sollten Sie ihr denn nicht glauben?«
»Vielleicht ist sie so verrückt nach Ihnen, dass sie für Sie lügt.«
»Sie steht auf mich«, sagte Sloat. »Aber sie wird nicht lügen.«
»Es ist sehr wichtig, Jay, dass Sie sie nicht anrufen, ehe wir bei ihr auftauchen. Da wir ihre Telefonverbindungen überprüfen werden, ließe sich ein Anruf nicht verheimlichen.«
»Ja, ja, schon gut.« Seine Ader pochte wild. Sein wandernder Blick verriet Milo, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
Ich sagte: »Wie lange waren Sie mit Vita verheiratet?«
»Sechs Jahre.«
»Keine Kinder?«
»Wir wollten keine, beide nicht.«
»Keine Lust auf Kinder.«
»Kinder sind eine Plage«, sagte Sloat. »Wann wollen Sie denn zu Nina fahren?«
Milo sagte: »Wenn wir so weit sind.«
»Sie wird mich entlasten. Sie wird Ihnen gefallen, sie ist ein wahnsinnig tolles Mädchen.«
»Wiedersehen, Jay.«
Jay Sloat machte einen letzten Versuch: »Müssen Sie denn wirklich unbedingt mit ihr reden?«
Wir ließen ihn stehen.
Milo sah Ninas Adresse nach. Sie wohnte am westlichen Rand von Bel Air, ganz in der Nähe.
»Vita und Jay«, sagte er und fuhr auf den Sunset Boulevard. »Gott sei Dank haben sich die beiden nicht fortgepflanzt. Was hältst du von ihm?«
Ich sagte: »Wenn er nicht gerade ein Ausnahmeschauspieler ist, kann ich ihn mir nicht als Täter vorstellen.«
»Ich auch nicht.«
Einen Kilometer später: »Pfeif auf die Splatterfans von der Staatsanwaltschaft. Das wird keine Mordserie. Das ist
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