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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Wanst. »Da geht kein Bissen mehr rein. Ich habe schon ein komplettes Korallenriff vernichtet.«
    Die Bemerkung irritierte sie, doch sie überspielte ihre Unsicherheit mit einem Lächeln. »Wenn Sie noch etwas wünschen, Lieutenant, sagen Sie bitte Bescheid.«
    »Sicher. Aber ganz ehrlich? Ich bin wirklich satt.«
    »Noch nicht ganz«, sagte sie. »Der Nachtisch fehlt noch.«
    »Hm«, sagte er. » Gulab jamun , das klingt gut.«
    »Sehr schön.« Ihre Lippen bewegten sich, während sie davonschwebte. Ich fing zwei Worte auf: »… mein Lieutenant.«
    Milo entging das, weil sein Telefon vor ihm auf dem Tisch vibrierte. Er warf einen Blick auf die Anruferkennung und ließ die Schultern hängen.
    »Sturgis hier, Sir. Oh, hallo Maria … oh. Um Gottes willen – wann? Oh. Okay. Ja. Sofort.«
    Er stieß sich mit dem Stuhl zurück, warf Geld auf den Tisch und wischte sich hektisch das Kinn mit seiner Serviette ab. Während ich ihm zum Ausgang folgte, erschien die Frau im Sari aus der Küche, in den Händen ein Tablett voller frittierter Teigbällchen, die mit Rosenwassersirup glasiert waren, und zwei Schälchen, bis zum Rand gefüllt mit Reispudding.
    »Mit Kheer «, sagte sie. »Reispudding. Für eine Extraportion Süße.«
    »Die dem wahren Leben leider abgeht«, sagte Milo, stieß die Tür auf und überließ es mir, sie aufzufangen.
    Er hetzte im Laufschritt zur Polizeizentrale in der Butler Avenue. Hochrot im Gesicht, schwer atmend und mit knirschenden Zähnen wischte er sich die Stirn.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Was meinst du wohl?«
    »Maria Thomas ist ein Schreibtischmäuschen. Bestimmt ging es um irgendeinen hirnlosen Verwaltungskram. Vielleicht ein Meeting, das du verpasst hast?«
    Er blieb abrupt stehen und wischte sich so fest über das Gesicht, dass es aussah, als würde er sich selbst ohrfeigen.
    »Unser Bösewicht hat wieder zugeschlagen, und statt mich anzurufen, hat der diensthabende Offizier sich direkt an Seine Prächtigkeit gewandt. Der die Sache an Maria weitergeleitet hat, weil er meine Stimme nicht hören wollte. Offenbar hat man mich im Zusammenhang mit den Morden gewogen und für zu leicht befunden. Ich fahre jetzt zum Tatort. Wundere dich nicht, wenn sie mich nicht reinlassen.«
    Er nahm sein Lauftempo wieder auf.
    Ich sagte: »Wo ist das Opfer?«
    Sein Kiefer war verspannt; die Antwort kam rau und gepresst. »Denk im Plural. Diesmal hat sich das Arschloch ein doppeltes Vergnügen gegönnt.«
    Der Tatort befand sich in einem namenlosen Teil von West-L. A., in einer Straße mit lauter ähnlichen großen Bungalows im Ranch-Stil.
    Der Mann war im Garten gefunden worden, auf dem Bauch liegend, bekleidet mit einem schwarzen Seidenmorgenmantel. Tiefe Stichwunden gruppierten sich in einem engen Kreis auf seiner Brust. Schnitte am Hals hatten außerdem die rechte Drosselvene, Halsschlagader und Luftröhre durchtrennt.
    Keine Ausweidung, keine Ähnlichkeit zu den Morden an Vita und Quigg. Ich sah zu, wie Milo die Leiche untersuchte.
    Das Haar des Mannes war lang, dunkel und lockig. Sein Schnurrbart war sorgfältig getrimmt. Er war zwischen dreißig und vierzig und muskulös.
    Der Täter hatte sich nicht mit Aufwischen aufgehalten; der Rasen unter der Leiche glänzte in eklig klebrigem Braun. Es gab kein ausgerissenes Gras, keine zerfetzten Büsche, keinerlei Anzeichen für einen Kampf.
    Es war kein Schlag von hinten gewesen. Die Pathologin hatte sofort am Haaransatz nachgesehen, aber weder Schwellung noch Bluterguss gefunden.
    Der Täter hatte seinem Widersacher diesmal ins Auge gesehen, ehe er ihn mühelos erledigte.
    Vielleicht war ihm die Dunkelheit zu Hilfe gekommen.
    Milo umkreiste den Toten zum vierten Mal.
    Die Erkennungsdienstler hatten ihre Arbeit bereits abgeschlossen und auf ihn gewartet. Vize-Polizeichefin Maria Thomas hatte sich Zeit gelassen, ehe sie ihn zum Tatort rief.
    Vor dem Haus stand der Transporter der Rechtsmedizin bereit, um den Leichnam mitzunehmen.
    Es war ein schöner, sonniger Tag. Der Garten, in dem der Tote im Morgenmantel lag, war mit einer hohen Mauer eingefriedet, an der sich Klettertrompeten hochrankten. In Missouri, wo ich aufgewachsen bin, gab es so was wie Zäune nicht. Als Kinder glaubten wir, die Welt gehörte uns. Hinter unserer Bruchbude schloss sich ein dichter dunkler Wald an, in dem sich gelegentlich Tierkadaver fanden und zweimal sogar menschliche Leichen. Die eine war ein Jäger gewesen, versehentlich erschossen von einem Kumpel. Die zweite ein kleines

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