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Rachesommer

Rachesommer

Titel: Rachesommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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fragte, ob er zehn Jahre lang vierteljährlich Zahlungen von Rudolf Kieslinger und Heinz Prange erhalten habe und Näheres über die Todesumstände der beiden Herren wisse? Ob sie ihm ein Foto faxen dürfe, und ob er diese junge Dame mit den langen Haaren im Spaghettiträgerkleid kenne?
    Je länger sie darüber nachdachte, desto absurder kam ihr die Sache vor. Schließlich sprang sie auf und marschierte genervt durchs Wohnzimmer. »Ich gehe zur Polizei.«
    Patrick stöhnte auf. »Lynnie, das haben wir schon tausendmal durchgekaut! Es ist noch zu früh. Was sollen die Beamten machen? Mit diesen vagen Indizien werfen sie dich höchstens aus dem Revier.«
    »Dann müssen wir mehr herausfinden.«
    Er sah sie traurig an.
    »Aber irgendetwas muss ich unternehmen!«
    »Rufen wir Hockinson morgen noch einmal an«, schlug er vor.
    »Und was sage ich ihm? Ich würde gern eine Reise auf der Friedberg buchen?«
    Patrick gab keine Antwort. Für ihn war die Situation offensichtlich genauso unbefriedigend wie für Evelyn. Sie gestand es sich nur ungern ein, aber sie traten auf der Stelle. Dazu kam, dass die Zusammenhänge so unklar waren. Erneut dachte sie an die Anzeigen wegen Kinderpornografie. Ausgerechnet! Vielleicht war es besser, den Kopf in den Sand zu stecken und die ganze Sache zu vergessen. Andererseits hallten Kragers Worte in ihrem Kopf nach. Lernen Sie endlich, mit Ihrer Vergangenheit abzuschließen. Bringen Sie Ordnung in Ihr Leben! Sie betrachtete ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe. Er hatte verdammt nochmal Recht. Wie lange wollte sie noch davonlaufen? Es gab nur einen Weg aus der Sackgasse. Sie musste sich dem Thema stellen.
    »Sämtliche Spuren führen nach Norddeutschland«, sinnierte sie, während sie mit dem Handy eine SMS tippte.
    »Was für eine Erkenntnis!«, kommentierte Patrick.
    Sie tippte die SMS zu Ende, dann sah sie ihn auffordernd an. »Erinnere dich an die junge Frauenstimme, die wir gehört haben, als wir Holobecks Handynummer wählten. Der norddeutsche Akzent.«
    »Ach, das Handy«, murmelte Patrick, als handelte es sich um eine Nebensächlichkeit. »Ich habe übrigens mit Bernecker vom KK-Süd darüber gesprochen. Die Kripobeamten haben Holobecks Mobiltelefon mit einer Handypeilung geortet und nach langer Suche in einem Mülleimer am Wiener Westbahnhof gefunden. Es war immer noch eingeschaltet und über den Masten beim Bahnhof eingeloggt.«
    »Das sagst du mir erst jetzt?«
    »Es ist doch völlig unwichtig, zumal keine Fingerabdrücke darauf waren.«

»Aber damit wissen wir, dass jemand kurz nach Holobecks Tod sein Handy aus seinem Penthouse in Alt-Erlaa mitgenommen, Stunden später meinen Anruf entgegengenommen und das Handy anschließend am Westbahnhof in einen Mülleimer geworfen hat.«
    »Leider hilft uns das nicht weiter.«
    »Womöglich ist diese Frau mit dem norddeutschen Akzent am Westbahnhof in den erstbesten Zug nach Hamburg gestiegen.«
    Patrick seufzte. »Du lässt dich einfach nicht davon abbringen, dass diese Frau, die nur Lisa. Hallo? Ich habe deinen Anruf erwartet gesagt hat, etwas mit Holobecks Unfall zu tun hat.«
    »Richtig«, bestätigte sie. »Und genau das werde ich herausfinden. Zumindest werde ich nicht tatenlos darauf warten, bis mich jemand über die Balkonbrüstung stößt.«
    Sie ging ins Schlafzimmer, öffnete den Schrank und warf ihren Koffer und eine Reisetasche aufs Bett. Als sie den Verschluss des kleinen Hartschalentrolleys aufschnappen ließ, strömte ihr ein vertrauter Geruch nach Wäsche und Toilettenartikeln entgegen. Die letzte Dienstreise lag nicht lange zurück. Der Reisepass steckte noch im Seitenfach des Koffers, neben originalverpackten Erfrischungstüchern und einer Ausgabe der Presse, die sie im Flugzeug erhalten hatte.
    Sie griff in ihre Kleiderfächer und stopfte Unterhosen, Jeans, Sweater und Pullover in den Trolley.
    Sie hörte, wie Patrick auf den Krücken in den Gang humpelte. Als sie sich umdrehte, stand er im Türrahmen.
    »Ich hoffe nicht, dass du vorhast, wonach es aussieht.«
    Sie warf ihm einen traurigen Blick zu. Er stemmte sich in die Krücken, um das Gipsbein zu entlasten. Irgendwie wirkte er ein wenig unbeholfen, als wagte er es nicht, ihr Schlafzimmer zu betreten. Das Bett war nicht gemacht, und ihr Pyjama lag zerknüllt unter dem Kopfkissen. Einige Romane von Mary Higgins Clark stapelten sich neben der Nachttischlampe.
    »Dein Vater hat mich beurlaubt und mir geraten, mich endlich meiner Vergangenheit zu stellen.«
    Sie stopfte

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