Rachespiel
Tesco bei sich mit den Dingen, die er brauchte, wenn er außerhalb seiner Zelle war: eine Rolle Toilettenpapier und eine Flasche Wasser. Er fixierte seinen Anwalt drohend.
»Mr. Roberts, in Zukunft kann ich nicht einfach alles stehen und liegen lassen, um Sie zu besuchen«, sagte Hannah und blickte nervös auf die Reihe der zehn Häftlinge und ihren Besuchern, die sich an einem langen, durch nied rige Trennwände unterteilten Tisch gegenübersaßen. Der King saß auf dem ersten Platz vorn, neben dem Schließer, der eigentlich die Kontakte überwachen sollte, aber die Sun las, weil er sich hütete, seine Nase in die Angelegenheiten des King zu stecken.
Rechts von ihnen knutschte ein Insasse eine Blondine ab, die so angezogen war, wie eine Frau sich anziehen soll te, nämlich sehr spärlich. Bei dem Geschmuse schielte sie mehrmals zum King hinüber. Ganz klar wusste auch sie, wer er war.
Der King schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Die tätowierten Buchstaben auf den Fingern seiner rechten Hand ergaben das Wort » KILL «, die auf seiner linken » COPS «.
»Eins wollen wir mal klarstellen«, sagte er zu Hannah. »Ich bin es, der Sie bezahlt.«
Hannah schrumpfte sichtlich zusammen, während er seine Mappe aufschlug.
»Ich will nicht, dass der Mord morgen vor Gericht verhandelt wird«, fuhr der King fort, mit dem Kinn darauf deutend.
Hannah sah überrascht auf. »Aber das kann ich nicht verhindern.«
Der King runzelte die Stirn. »Stimmt nicht. Ihr Freund schuldet mir Geld. Sie haben ihn das letzte Mal, als er Ärger mit dem Gesetz hatte, auch rausgepaukt. Ich will, dass Sie das Gleiche für mich tun.«
Hannah zog ein Stofftaschentuch heraus und wischte sich damit die Stirn. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Ihr Freund hatte eine Strafanzeige am Hals, als man ihn in seinem Hubschrauber mit einer Ladung erwischt hat, die er von mir gekauft hatte. Sie haben dafür gesorgt, dass die Anklage fallen gelassen wurde. Ich will, dass die gegen mich auch fallen gelassen wird. Und ich werde Sie persönlich zur Rechenschaft ziehen, verstanden?«
»Das war etwas anderes. Er hatte noch etwas in der Hinterhand.«
»Dann sagen Sie ihm, er soll es noch mal hervorholen, damit ich hier rauskomme. Sagen Sie ihm, dann sind wir quitt. Haben Sie mich verstanden?«
Hannah schwitzte vor Angst. Der King lächelte. »Ich habe noch ein anderes Hühnchen mit Ihnen zu rupfen: diese Lieferung, die am Sonntagabend abhandengekommen ist. Die fünf Millionen haben Sie an der Backe, klar? Wenn Sie das Zeug nicht wiederbeschaffen, stecken Sie richtig in der Scheiße.«
19
Jo fuhr durch ein hohes, schmiedeeisernes Tor und an einem Pförtnerhaus vorbei auf eine imposante Villa im Neorenaissancestil zu, die von der Straße zurückgesetzt lag und mindestens eine griechische Nackte zu viel an ihrer Auffahrt stehen hatte. Mit dieser Adresse in Clontarf war die Fahrzeughalterin des Jaguars, eine Rosita Fitzmaurice, in der polizeilichen Datenbank verzeichnet.
Ihre Stiefel knirschten auf dem Kies, als sie aus dem Auto stieg und auf die zweiflügelige Haustür zuging. Nach der Anzahl der davor parkenden Autos und dem offen stehenden Tor zu schließen, hatte da wohl jemand Gäste, obwohl halb vier nachmittags eine komische Zeit dafür war. Jo musterte die Wagen, als sie an der Tür läutete. Es waren etwa zehn, und wenn man nach den unterschiedlichen Modellen und Baujahren gehen konnte, verkehrten die Hauseigentümer mit Leuten aus allen sozialen Schichten.
Rosita selbst machte ihr auf. Jo erkannte sie an der Haltung von Hals und Schultern wieder. Ihre Haare sahen anders aus als die der Frau, die auf dem Überwachungsvideo der Tankstelle Windeln gekauft hatte, und die Erkenntnis, dass sie eine Perücke zu ihrer großen Brille im Laden getragen hatte, bestärkte Jo in ihrem Verdacht.
Rosita war Anfang fünfzig und trug einen strengen blonden Bob. Ihr Make-up war einen Ton zu dunkel für ihre Haut, ihr Lippenstift perlmuttrosa. Ihre Augenlider wirkten schwer, als stünde sie unter Medikamenten, und ihr Parfum musste sehr teuer sein, um so aufdringlich zu riechen, schätzte Jo. Die Hausherrin legte eine Hand an ihre Wange, wie eine Geste der Verwunderung über ihren Besuch, was seltsam war angesichts der vielen Leute drinnen. Sie hatte perfekte Kunstnägel mit French Manicure, fiel Jo auf, als sie nach ihrem Ausweis tastete. Doch noch ehe sie ihn vorzeigen konnte, hielt Rosita ihr die Tür auf. »Kommen Sie herein«, sagte sie.
Jo trat in
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