Rachespiel
Zurückspulen notierte sie sich eine knappe Beschreibung der Fahrer, die sie die Fahrzeuge betanken gesehen hatte.
»Männlicher Teenager bekleidet mit weiten Jeans und Baseballkappe, zwei männliche Beifahrer, gleiche Kleidung«, schrieb sie zu den Insassen des Mitsubishi.
Marcus, der Fahrer des Hiace, stieg nicht aus, und Jo musste zurückspulen, um festzustellen, dass er bereits fünf Minuten zuvor getankt hatte. Die Aufschrift mit den Angaben über seine Firma, die Hassan erwähnt hatte, befand sich anscheinend auf der anderen Seite, denn die, auf die sie gerade guckte, war unbeschriftet. Sie beschrieb Marcus als »rothaarigen Mann in den Vierzigern, bekleidet mit dunkelblauer Fleecejacke, Jeans und Joggingschuhen.«
Das Camper-Paar in der ersten Bucht war »in den Sechzigern, mit umgeschnallten Bauchtaschen und um den Hals hängenden Kameras.« Touristen , dachte sie.
Dann kam Tara an die Reihe. Jo sah, wie sie eine abwiegelnde Geste zum Fenster hinaus machte, und fragte sich, an wen die gerichtet war. Sie spulte die Bilder, wie Tara tankte, im Schnelldurchlauf vor, um das Auto hinter ihr zu identifizieren.
Ein paar Sekunden später sah sie Tara in den Laden rennen, und ein Motorradfahrer auf einer Geländemaschine bog in die sechste Bucht ein, von der Jo annahm, dass sie defekt war. Er klappte sein Visier nicht hoch, um die Digitalanzeige der Säule zu lesen oder nach der Zapfpistole zu greifen, sondern stand einfach nur eine Weile wartend da und blickte starr zum Tankstellenfenster hinüber. Jo schrieb sich das Kennzeichen des Motorrads auf. Jetzt ging er auf Taras Mini zu. Jo setzte sich gespannt auf. Er sah wieder zur Tankstelle hin und beugte sich anschließend zum Autofenster hinunter, um hineinzuspähen. Dann zog er die Tür auf Presleys Seite auf, streifte einen Handschuh ab und schien nach dem Kind zu fassen – es war unmöglich genau festzustellen, ohne ins Wageninnere sehen zu können. Doch statt den Jungen herauszuholen, machte er die Tür wieder zu, ging zurück zu seinem Bike und sauste davon. Jo schüttelte den Kopf. Was war das denn?
Kurz darauf kam Tara aus dem Tankstellen-Shop gesprintet und stieg in ihr Auto, gefolgt von Hassan, der an das Fahrerfenster trommelte. Der Mini machte einen Satz und blieb stehen. Tara stieß ihre Tür gegen Hassan, der getroffen zurückzuckte. Der Hiace vor Tara schien abgesoffen zu sein. Als Marcus ihn wieder zum Laufen gebracht hatte, heizte er los, woraufhin Tara ihren Mini außer Sicht fuhr. Kurz darauf kam sie wieder ins Bild und betrat die Tankstelle, Hassan dicht auf ihren Fersen. Der Wagen hinter ihr bewegte sich vorwärts, hielt aber nicht vor der Zapfsäule, sondern fuhr einfach durch und verschwand von der Bildfläche.
Das ist auch merkwürdig , sagte sich Jo und zeichnete ein Kästchen hinter Taras Auto, in das sie »Jaguar« und das Kennzeichen kritzelte.
Tara kam ein paar Minuten später aus dem Laden, verschwand vorübergehend und tauchte dann panisch rennend wieder auf.
Jo nummerierte die Fahrer, die ihr aufgrund ihrer Beobachtungen am verdächtigsten erschienen, der Priorität nach durch. Nummer eins war der Mann auf dem Motorrad – warum hatte er sich so für Presley interessiert? Er hatte ihn zwar nicht entführt, aber die Tür aufgemacht, als würde er es in Erwägung ziehen.
Die Nummer zwei musste der Fahrer des Hiace, Marcus, bekommen, beruhend auf dem, was sie von Hassan erfahren hatte.
Drei, der Jaguarfahrer, weil es unsinnig war, für Benzin anzustehen, wenn man nicht tanken wollte. Jo hatte nicht ausmachen können, wer am Steuer saß, aber sie würde ein gutes altes irisches Pfund darauf verwetten, dass es eine Frau war.
Vier, die Kids in dem Mitsubishi, die aber ihrer Meinung nach nur den dicken Max markierten.
Der Camper bekam die Nummer fünf.
Sie drückte auf die Ausgabetaste. Als Nächstes musste sie sämtliche Kfz-Kennzeichen auf dem Blatt in den Computer füttern, um die Fahrzeughalter zu ermitteln, zunächst aber das des Hiace, das sie hoffentlich zu Marcus führen würde. Zuerst wollte sie jedoch noch einen kurzen Blick auf die Anwesenden im Shop und das, was dort passiert war, werfen.
Jo legte die zweite DVD ein und spulte zu dem Zeitpunkt vor, als sie Tara zum ersten Mal hatte hineingehen sehen, 21.02 Uhr.
Die Kamera befand sich hier über der Kasse, sodass sie Tara in ihrem kurzen Kleid beim Hereinkommen deutlich erkennen konnte. Im Vordergrund gab es eine Auseinander setzung zwischen dem Kassierer und einem
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