Rachespiel
sie.
»Nacht.« Jo küsste sie auf die Stirn.
»Jo?«, fragte Sal, als sie gerade die Tür zumachen wollte.
»Ja, Schätzchen?«
»Wie alt warst du, als du angefangen hast, einen BH zu tragen?«
Jo kratzte sich am Nacken. »Lass mich überlegen, muss so etwa in deinem Alter gewesen sein, würde ich sagen.«
»Gut«, sagte Sal. »Danke.«
»Weißt du, wenn du möchtest, können wir am Wochenende zusammen losgehen und einen kaufen.«
»Nein, schon gut, danke. Ich wollte es nur wissen. Aber sag’s nicht meinem Dad, okay?«
»Natürlich nicht«, versprach Jo. »Das sind Frauenangelegenheiten.«
Ihr Handy klingelte, als sie zurück in die Küche kam. Es war Reg, der Superintendent von Dalkey, der sie am Vormittag so mies behandelt hatte.
»Wir haben Jeff Cox wegen Mordes an seiner Frau festgenommen«, sagte er.
»Das Ende eine perfekten Tages«, kommentierte Jo und fügte ein schnelles »Oder?« hinzu. »Hat er irgendwas gestanden?«
»Das Einzige, was er von sich gibt, ist, dass er mit Ihnen sprechen will«, antwortete Reg. »Können Sie herkommen? Wir haben die Festnahmefrist schon einmal verlängert, deshalb ist es dringend.«
27
In der Bar des Triton sah sich Sexton unter all den aufgedonnerten Frauen mit orangebrauner Haut und den Män nern in Freizeithosen und Bootsschuhen um, die ihre Auto schlüssel auf dem Tresen aufgereiht hatten wie bei einem Schwanzvergleich. Nach der Begegnung mit Murray Lawlor vor dem Geldautomaten in Sandymount war er so hungrig gewesen, dass er sich ein Currygericht zum Mitnehmen gekauft hatte. Er hatte es im Auto hinuntergeschlungen, war danach eingeschlafen und gerade noch rechtzeitig aufgewacht, um hierherzudüsen. Noch immer hatte er keine Gelegenheit gehabt, Jo anzurufen.
Er bereute es schon, hergekommen zu sein, zumal er sich schäbig fühlte in seinen Arbeitsklamotten, die er noch anhatte – hellgrauer Anzug, weißes Hemd, schmale pinkfarbene Krawatte und seine Doc-Martens-Treter. Eine ihm bekannt vorkommende Frau tanzte am anderen Ende der Bar auf diese albern-ausgelassene Art, wie es nur sehr Betrunkene tun. Eine Szenerie wie diese hätte er eher in den frühen Nullerjahren erwartet, bevor das Land bankrott gegangen war. Im derzeitigen Klima roch all das Geprotze nach schlechtem Geschmack. Er spürte, dass eine schlimme Magenverstimmung im Herannahen war, und wollte gerade kehrtmachen und wieder gehen, als er Murray hinten rechts entdeckte, in einem blauen Hemd mit weißem Kragen, das einen Knopf zu weit offen stand. Er winkte ihn zu sich herüber. Murrays Brust war rasiert und eingeölt, und wenn er seine Muckis angespannt hätte, hätte man sein Bier daran aufmachen können. Ein Motorradhelm mit dunkel getöntem Visier lag vor ihm auf dem Tisch.
Sexton erkannte mehrere prominente Gesichter an der Bar und einen Rugbynationalspieler, der gerade in Richtung Klo marschierte, als er an ihm vorbeiging. Der Schweiß brach ihm aus. Er persönlich tauchte gern ab in einem Lokal, doch die hier wollten unbedingt gesehen werden, schien ihm. Alle saßen sie mit dem Gesicht zur Tür und blickten mit dem gleichen gelangweilten Ausdruck auf, wenn jemand hereinkam. Er hatte den Eindruck, Angelina Jolie könnte hereinspazieren, und sie würden keine Miene verziehen.
Murray hatte seine Arme um zwei Sahneschnitten gelegt, die an seinen Lippen zu hängen schienen. Sexton konnte nicht anders, als sie anzuglotzen. Vielleicht sollte er doch mehr auf sich achten, einem Fitnessclub beitreten, sich auch so ein knallhartes Sixpack wie Murray antrainieren.
Murray stand auf und streckte ihm die Hand entgegen, spielte den großen Zampano. Na ja, mit Bräuten wie denen hat er das Recht dazu , dachte Sexton. Was ihm viel mehr gegen den Strich ging, war die servile Art, wie die Mädchen ebenfalls aufstanden. Sie benahmen sich wie verdammte Geishas, als hätten sie keinen eigenen Kopf.
Eine der beiden sah aus wie die Doppelgängerin des Engel für Charlie, in den er als kleiner Junge verknallt gewesen war. Sie hatte die gleichen langen schwarzen Haare und umwerfend kohlschwarzen Augen wie Jaclyn Smith. Die Blonde neben ihr war eher eine Farrah Fawcett als eine Cheryl Ladd, zu viel Make-up, aber ein sündhaft geiler Körper wie Kelly Brook. Und das weiß sie , dachte Sexton. Ihr kurzes Paillettenkleid war so tief ausgeschnitten, dass man den Rand ihres roten Satin- BH s sah.
»Ladys, das ist Gavin, ein guter Freund von mir«, sagte Murray. »Aber passt auf, was ihr sagt, er ist bei der
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