Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
Vom Netzwerk:
belohnen. Mit Mauras Abschiedsbrief hatte sie auch recht. Sobald diese Sache aufgeklärt war, würde er ihn lesen. Er musste wieder ein normales Leben führen. Sein steifer Hals, mit dem er nach dem Nickerchen im Auto gestern aufgewacht war, hatte sich in der Haft noch verschlimmert. Schmerzhaft rieb er sich den Nacken.
    »Pizza«, sagte er in den summenden Lautsprecher.
    »Ich hab keine Pizza bestellt«, kam die Antwort, gefolgt von: »Ach so, du bist’s. Dann komm rauf, aber nur kurz, ich muss mir die Haare waschen. Oberste Etage.«
    Eine Schiebetür aus Glas glitt auf.
    Murray Lawlors Büro befand sich in einer umgebauten Fabrik in der Camden Street. Es gab keinen Empfang, nur einen Fahrradständer vor einer rohen Backsteinmauer und auf der anderen Seite eine Reihe von Schließfächern. Sexton stieg die schmiedeeiserne Treppe hinauf, statt den Aufzug zu nehmen. Er wollte sehen, was für Unternehmen sich auf den übrigen sechs Etagen angesiedelt hatten. Rechtsanwälte, Steuerberater und ein Architekt, stellte er fest. Murray versteckte sich als Zuhälter unter akademischen Fachleuten. Schlau ausgesucht.
    Oben erwartete ihn eine Doppeltür aus verstärktem Stahl mit zwei nach unten gerichteten Überwachungskameras darüber. Es war sehr hell dort, obwohl das Bogenfenster an der einen Wand irritierend tief saß. Er hätte sich hinknien und bücken müssen, um hinaussehen zu können. Neben der Tür gab es eine weitere Sprechanlage, auf die Sexton gerade zusteuerte, als Murray auch schon aufmachte. Er trug wieder eins von seinen grellen Hemden, rot diesmal und mit feinen weißen Nadelstreifen, und die beiden Ecken seines steifen weißen Kragens wurden unter einer roten Krawatte mit einer von diesen affigen Nadeln zusammengehalten. Aus Gold natürlich. Seine Haare waren mit so viel Gel angeklatscht, dass Sexton drauf und dran war, ihn zu fragen, ob er sich nicht schäme, das Meeresleben an den hiesigen Küsten zu bedrohen.
    Doch Murray kam ihm zuvor. »Ich hatte dich gewarnt, die Finger von Tara zu lassen«, sagte er.
    Sexton rammte ihm die Faust in den Bauch, musste dann aber die Hand ausschütteln, als der Aufprall auf reiner Muskelmasse bis hinauf in seine Achselhöhle ausstrahlte.
    Murray verzog kaum eine Miene, aber als er seine rechte Faust zum Gegenschlag ballte, stieß Sexton ihm schon sein Knie in den Schritt, sodass er sich japsend krümmte.
    »Gut, dass wir darüber geredet haben«, sagte Sexton, kickte in Murrays Kniekehle, um den Beugereflex auszulösen, und brachte ihn dann mit einem um den Knöchel gehakten Fuß endgültig zu Fall.
    Als er ihn auf dem Boden hatte und ihm das Knie ins Kreuz drückte, sagte er schnaufend: »So, wenn das Jobangebot noch gilt, hätte ich jetzt Zeit für ein Bewerbungsgespräch, Kumpel.«
    Fünf Minuten später hatte er Murray mit Handschellen an die Sprossen der Lehne seines Kapitänsstuhls gefesselt und begonnen, die Schubladen eines großen Aktenschranks in dem schicken, geräumigen Büro zu durchsu chen.
    »Wie bist du nur auf solche Abwege geraten, hm?«, sagte er. »Du Überflieger. Ist kein leichtes Leben bei den Bullen, das gebe ich zu. Die Bezahlung ist scheiße, die Leute hassen einen, und privat, na ja, ich bin ein wandelndes Beispiel dafür, was in puncto Beziehung passieren kann …« Er ließ seine Finger über die Namen auf den Etiketten wandern und hielt inne, als er auf »Cox« stieß. Er riss die Akte heraus und blätterte sie rasch durch. Sie enthielt Fotos von Tara in Gesellschaft verschiedener Männer: bei einem Abendessen mit Kerzenlicht, beim Aussteigen aus einem Auto, beim Knutschen. Sexton legte die Mappe auf den glänzenden schwarzen Schreibtisch und nahm sich wieder die Schubladen vor.
    »Das wirst du bereuen«, stieß Murray mit geschwollenem Gesicht und blutiger Nase hervor. Seine Oberlippe war auch ziemlich dick. »Du hast ja keine Ahnung, mit wem du dich da anlegst. Du bist eine lebende Leiche.«
    »Ist das eine Drohung?«
    »Eine Tatsache.«
    »Weißt du, bevor du angefangen hast, krumme Sachen zu machen und Frauen dafür zu bezahlen, dass sie dir sagen, was für ein toller Kerl du bist, konntest du wenigstens den Kopf hoch tragen. Wissenschaftler vermuten ja, dass Polizisten so etwas wie ein soziales Gen haben – wusstest du das? Sie wollen zu einer besseren Welt beitragen.«
    Murray räusperte sich und spuckte ihn an.
    Sexton zog eine weitere Akte heraus. »Was haben wir denn hier?«, fragte er. Auf dem Etikett stand »Charles Fitz maurice«.

Weitere Kostenlose Bücher