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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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Er holte ein weißes, grau bedrucktes Blatt hervor und erkannte, dass er eine gerichtliche Vorladung für Fitzmaurice in der Hand hielt, die von Anfang des Monats datierte und ihm den Besitz harter Drogen zum Zweck des Verkaufs oder anderweitiger Verbreitung vorwarf. Dem Dokument zufolge waren die Drogen auf einem Flugplatz im Norden der Stadt gefunden worden.
    Das letzte Schreiben in dem Dossier war ein Gerichtsbescheid, der besagte, dass die Anklage null und nichtig war.
    »Das wird Jo gefallen«, sagte Sexton lächelnd, nahm den Inhalt der beiden Mappen heraus, faltete ihn zusammen und steckte alles in seine Innentasche. Dann nickte er Murray zu. »Geh nicht weg. Wir kommen bald wieder und holen dich ab.«

44
    Big Johnny hielt in der North Great George’s Street und drehte sich zu Yolanda auf dem Beifahrersitz.
    »Okay, machen wir schnell.«
    Yolanda sah kurz nach dem Jungen hinten, der so klein war, dass er nicht mal aus dem Fenster gucken konnte, stieg dann eilig aus und holte ihn heraus. Seine Lunge pfiff inzwischen bei jedem Atemzug. Sein schweres Atmen hatte sie in der Nacht beinahe verrückt gemacht. Big Johnny hatte ihr versprochen, dass Fitz alles regeln würde, falls etwas passierte, aber Big Johnny hatte ihr auch versprochen, beim Housekeeping Bescheid zu sagen, dass sie ihre Schichten als Zimmermädchen nicht ableisten konnte, während sie auf den Jungen aufpasste, und hatte es trotzdem nicht getan. Die Hausdame war gekommen und hatte an ihre Tür gehämmert, hatte ihr nachgestellt. Dann, als Presley krank geworden war, hatte sie Panik bekommen, dass er in ihrem Appartement sterben könnte. Man würde ihr die Schuld geben, weil sie keine Hilfe geholt hatte. Das Letzte, was sie wollte, war eine polizeiliche Untersuchung. Am Ende fragten sie noch nach ihren Steuerabgaben.
    Yolanda brauchte ihren Putzjob. Sie hatte sich auch als Escort-Lady versucht, aber die Arbeit war unregelmäßig und unsicher. Sie war Anfang vierzig, sah aber älter aus. Sie konnte die Enttäuschung in den Gesichtern der Männer lesen, wenn sie zu einem Date auftauchte. Deshalb mochte sie die Arbeit im Hotel. Es gefiel ihr, ihre eigene kleine Wohnung zu haben und eine Uniform, und außerdem musste sie so viel wie möglich sparen, um Geld nach Hause zu ihrer Mutter in Buenos Aires zu schicken, die sich um ihre bald halbwüchsigen Zwillingstöchter kümmerte. Die Gegenwart des Jungen hatte sie daran erinnert, wie die Monate des Getrenntseins von ihren eigenen Kindern sich zu Jahren ausgedehnt hatten. Trotzdem wollte sie noch nicht zurück. Zu Hause gab es keine Arbeit. Die Iren jammerten über ihre Rezession, aber sie wussten nicht, was Armut war. Sie verdiente hier in einer Woche so viel wie dort in einem ganzen Jahr und hatte sich sogar zum ersten Mal in ihrem Leben etwas Hübsches zum Anziehen leisten können.
    »Das da ist das Haus von meiner Oma«, röchelte Presley.
    Yolanda drückte seine Hand. »Weißt du noch, was passiert, wenn du darüber redest, wo du gewesen bist?«
    Presley nickte.
    »Was habe ich dir gesagt?«, drängte sie.
    Er machte ein ängstliches Gesicht. »Ihr kommt zurück und holt mich«, sagte er, nach Luft schnappend.
    Big Johnny stieg nun ebenfalls aus und ging zur Haustür. »Zack, zack«, sagte er, als er läutete.
    Yolanda versetzte Presley einen kleinen Schubs und sagte, er solle sich beeilen.
    Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet, und eine sorgenvoll aussehende Frau blickte wachsam von Big Johnny auf Yolanda und dann hinunter zu Presley. Sie warf die Tür zu, machte die Kette ab und riss sie wieder auf, fiel auf die Knie und breitete die Arme aus. Sie war jünger, als Yolanda erwartet hatte.
    Das Kind wollte auf sie zulaufen, aber Yolanda zog es grob am Arm zurück. »Noch nicht«, warnte sie.
    Big Johnny trat näher und stieß die Tür ganz auf. »Hallo, Gabriella«, sagte er überschwänglich. »Setz den Kessel auf, sei ein braves Mädchen. Du und ich, wir müssen uns mal ein bisschen über deine Tochter unterhalten. Wie geht’s Tara überhaupt? Wieder zu sich gekommen, ja? Kann reden, ja? Ehrlich gesagt hat sie uns ganz schön Kopfzerbrechen bereitet in letzter Zeit.«

45
    Die Pressekonferenz wurde in einem Hotel am Beresford Place abgehalten, gleich um die Ecke vom Revier. Zwei Uniformierte standen zu beiden Seiten des Eingangs und verlangten Mobiltelefone als Gegenleistung für den Einlass. Der Saal war warm und stickig und mit einem langen Tisch an der Stirnseite sowie acht Reihen mit

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