Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt
was sich immer auf ihre Stimme niederschlug, die jetzt klang wie ein überspanntes Cello, obwohl sie eigentlich neckend und hell klingen sollte.
Er nahm ihr das Tablett ab und legte seinen Kopf in ihren Schoß, küsste ihren Bauch und sog genüsslich den Geruch ein, den der Sex hinterlassen hatte.
»Aber das bin ich nicht. Ich bin dein Geliebter, der dich anbetet, aber du willst dich nicht zu mir bekennen.«
Sie strich ihm übers Haar. Die reale Welt stand vor der Tür und klopfte an, nachdem sie am vergangenen Wochenende buchstäblich den Stecker rausgezogen, eine kleine Tasche gepackt und bei ihm eingezogen war, verborgen unter einem großen Schal, Sonnenbrille und einem langen Mantel. Zwei Tage hintereinander hatte sie keinen Schritt vor die Tür getan, um die Gedanken zu sortieren und die wenigen Kräfte zu mobilisieren, die sie in sich finden konnte. Zurück in ihren eigenen vier Wänden und im eigenen Bett stellte sie dankbar fest, dass sich das bekannte Gefühl von Stärke und Entschlossenheit wieder meldete. Es gab so viel zu erledigen. Allem voran stand gleich das Interview mitDicte Svendsen, das schon vor zwei Tagen hatte stattfinden sollen.
»Du bist erst fünfundzwanzig. Ich bin Stadträtin und Bürgermeisterkandidatin in der zweitgrößten Stadt Dänemarks.«
»Und außerdem zwanzig Jahre älter«, ahmte er ihre Stimme nach.
»Stimmt genau, zwanzig Jahre älter und sehr beschäftigt!«
Sie schubste ihn vorsichtig beiseite und stand auf. Heute wollte sie keine Liebe, das hinderte sie nur an der Arbeit, war ein Klotz am Bein. Es schmerzte sie, als sie seinen verletzten Blick sah, aber es nützte nichts.
»Du solltest jetzt lieber gehen, caro.«
Er blieb einen Augenblick liegen und starrte an die Wand, wo Jesus mit der Dornenkrone und seinem geschundenen Körper hing.
»Ich weiß, dass ich das schon einmal gefragt habe, aber warum hängt er da eigentlich?«
»Das ist ein Erbstück. Von meiner Großmutter. Und sie hat es von ihrer Mutter bekommen, es ist also eine Antiquität. Ist es nicht hübsch?«
Sie betrachtete den versehrten und blutigen Körper am Kreuz. Zwar konnte sie das Asbjørn nicht anvertrauen, aber er erinnerte sie auch an die Schläge, die sie am eigenen Leib erfahren hatte. Nie wieder, sang es in ihrem Kopf. Nie wieder würde sie jemand so erniedrigen dürfen. Sie hatte alles unter Kontrolle. Alles. Immer.
Sie wühlte in der Schublade nach einem sauberen Slip.
»Und warum noch?«
»Wie meinst du das?«
»Bist du religiös?«
Sie seufzte. »Du weißt doch, dass ich Katholikin bin. Und das ist keine Krankheit.«
Er drehte sich auf den Bauch und grinste sie an. Ein Lächeln voll frecher und unausgesprochener Gedanken.
»Aber ist das, was wir hier machen, denn keine Sünde?«
Es kribbelte am ganzen Körper. Wie eine Armada aus lauter kleinen Nadelstichen auf der Haut.
»Vielleicht.«
Er stand auf, stellte sich vor sie und wippte mit den Füßen auf und ab. Er war so perfekt, dass es ihr fast den Atem verschlug. Sein Körper war ein harmonisches Ganzes, ein Kunstwerk. Seine Muskeln, die Glieder und der Torso waren eines Michelangelos würdig, und sein Gesichtsschnitt besaß jenen markanten Ausdruck, den sie an Männern besonders mochte. Mit zunehmendem Alter würde es an Kontur noch gewinnen, jede Pore seines Körpers verhieß noch mehr Schönheit und Stärke.
»Es macht aber Spaß zu sündigen, oder?«
Während er das sagte, begann sein Schwanz zu zucken. Sie bemerkte es, aber wollte nicht hinsehen, denn das würde fatal sein.
»So, geh jetzt. Ich habe zu tun.«
Sie wedelte abwehrend mit der Hand, aber es war schon zu spät. Sein Schwanz war hart und stand.
Er sah an sich herunter und lächelte.
»Ups!«
Sie hatte noch so viel zu erledigen. So vieles, dem sie Einhalt gebieten musste: Münder, denen absolute Verschwiegenheit abverlangt werden musste; Wahrheiten, die noch besser verschlossen werden mussten, als sie es ohnehin schon waren. Diese Aufgaben erschienen ihr riesengroß, und sie hatte überhaupt keine Zeit für solche Spielchen hier.
Sie kam einen Schritt näher, obwohl sie das eigentlich nicht wollte. Dann streckte sie eine Hand aus, packte seinen Schwanz und zog ihn zu sich.
»Nimm mich. Jetzt!«
Es gab keinen Raum für Triumph in seinem Blick, als er ihr gehorchte, nur Lust.
Etwas später, zehn Minuten vor dem Termin mit der Journalistin, stieg sie aus der Dusche und fühlte sich gestärkt. Sie verabschiedete ihn mit einem Kuss, und dabei schoss
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