Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt
das hat Zeit gekostet, und deshalb sind wir mit den Untersuchungen jetzt auch hinterher. Es kann zur Folge haben, dass einige Spuren beschädigt wurden und somit unbrauchbar sind. Aber wir sind der Meinung, dass wir doch ziemlich viel Glück gehabt haben.«
»Gab es hier einen Aufzug?«, fragte Wagner und deutete auf ein großes Loch, das mit Brettern vernagelt worden war.
»Ja, den gab es. Aber der Schacht ist unbrauchbar.«
Haunstrup öffnete die Wohnungstür und betrat als Erster das Chaos. Ein Chaos, das bis vor wenigen Tagen das Zuhause eines Menschen gewesen war, was man noch deutlich sehen konnte. Im Flur hingen ein paar abstrakte Malereien an den Wänden und in der Garderobe ein paar leere Kleiderbügel. An einem der Hakenhing eine Jeansjacke, und auf dem Boden darunter standen drei Paar Schuhe: ein Paar Nikes, ein Paar praktische, schwarze Halbschuhe von Ecco und ein Paar dunkelblaue Pumps.
Wagner und Lund mussten auf dem Weg durch den Flur in die Küche vorsichtig über Bretter und Glassplitter steigen. Die Mauer zwischen der Küche und dem Wohnzimmer war eingestürzt, reduziert auf einen Haufen Backsteine; auch die Wand zwischen Wohn- und Schlafzimmer war beschädigt, gezeichnet von einem großen, rußigen Loch; die Fenster waren allesamt weggesprengt worden, überall lagen Fragmente aus Holz und Glas herum, und die noch intakten Wände zierten schwarze Zungen des Feuers, die an ihnen geleckt hatten.
»Am besten bleiben wir hier stehen«, schlug der Techniker vor und zeigte auf das klaffende Loch im Boden des Wohnzimmers, durch das sie von der Küche aus sehen konnten. Ein großer Schlund, schwarz und kalt. Die Möbel im Wohnzimmer waren bei der Explosion durcheinandergeworfen worden: Das Sofa stand schief, ein Sessel war umgefallen und das Glas vom Couchtisch zerbrochen, so dass von ihm nur ein Stahlgerüst zurückgeblieben war.
»Was ist das denn?«
Wagner zeigte auf eine unförmige Metallvorrichtung neben dem Sofa.
»Das ist der Sauerstoffapparat. Laut Brandtechniker ist der bei der Detonation aufgrund der Druckwelle explodiert«, sagte Erik Haunstrup. »Wir haben ein paar Einzelteile mit ins Labor genommen, das Hauptgerät hier aber stehenlassen.«
Wagner nickte und ging vorsichtig durch den Raum. Wie immer fühlte er sich extrem lächerlich in dem weißen Schutzanzug und den blauen Plastiküberschuhen. Lena Lund, in identischer Montur gekleidet, folgte ihm.
»Gibt es Neuigkeiten?«, erkundigte sie sich bei den Kollegen und stahl ihm dadurch seine nächste Frage.
»Wir haben in der Küche ein benutztes Wasserglas gefunden. Das untersuchen wir auf DNA-Spuren.«
»Haben Sie darauf irgendwelche verwertbaren Fingerabdrücke entdeckt?«
Der Techniker schüttelte den Kopf.
»Da sieht es nicht so gut aus. Unter Umständen ist ein Abdruck zu gebrauchen, wenn wir uns ordentlich ins Zeug legen, aber es sind keine eindeutigen Spuren.«
»Der kann ja vor allem von jedem stammen, wenn wir davon ausgehen, dass sie schon länger hier gelegen hat«, sagte Lena Lund. »Der ist für uns also nicht weiter von Bedeutung.«
Wagner war da nicht ganz ihrer Meinung.
»Bitte prüft trotzdem alles nach, so gut ihr könnt«, mischte er sich ein. »Es kann immens wichtig werden, wenn ihr dann einen Abdruck findet.«
»Und sonst noch?«, fragte Lena Lund.
»Einen ziemlich verwischten Sohlenabdruck im Badezimmer.«
»Größe? Typ?«, hakte Wagner nach.
»Da können wir uns noch nicht festlegen. Aber wir arbeiten daran. Es ist keine Sohle einer bekannten Marke, die uns sofort ins Auge gesprungen ist. Aber wir haben sie ins ENFSI-La bor nach Den Haag geschickt«, erzählte Haunstrup.
Wagner nickte. Vielleicht konnte ihnen das Europäische Netzwerk für forensische Institute weiterhelfen. Es war zumindest einen Versuch wert.
»Aber ihr habt noch nichts von ihnen gehört?«
»Nein, noch nicht.«
»Könnte das nicht sogar ihr eigener Abdruck sein?«, schlug Lena Lund vor. »Oder ein alter Abdruck?«
Haunstrup schüttelte den Kopf.
»Klares Nein zu Teil eins der Frage. Adda Boel hatte eine sehr kleine Schuhgröße, und dieser Abdruck ist mindestens eine 40. Wir sind allerdings nicht sicher, wie alt der Abdruck ist, aber nicht mehr als höchstens ein paar Tage.«
»Warum?«, wollte Lena Lund wissen.
»Das Wetter. Am Dienstag hatte es geregnet, und den ganzenMittwoch hatten wir Dauerregen. Sonntag und Montag schien die Sonne wieder. Der Abdruck aber besteht aus Schlammpartikeln.«
»Mitten in der
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