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Rachmann, Tom

Rachmann, Tom

Titel: Rachmann, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Unperfekten
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Beraterin erklärt: Er kaufte alles, was Betty bewunderte.
    Oft gingen sie zusammen zu
einem Galeristen in der Nähe der Quattro Fontane, einem extravaganten
Exilarmenier namens Petras, dem die Herkunft eines Kunstwerks entschieden
wichtiger war als sein künstlerischer Wert. Er führte Listen der Vorbesitzer
und erging sich in wenig glaubwürdige?! Geschichten über die Wege, auf denen
die Stücke in seine Hände gelangt waren: zum. Beispiel nach Zugkatastrophen in
Tschungking, Buschmesser-Duellen auf der Krim oder beim Handel mit gefälschten
Rubinen. Die Namen der Künstler geruhte er dagegen nur selten zu erwähnen,
dieses Detail bekam Ott jeweils von Betty Ott zugesteckt: »Das ist ein Leger,
glaub ich. Das da weiß ich auch nicht genau. Aber das ist ein Modigliani, mit
Sicherheit. Und das hier ist ein Turner.«
    Betty entschied auch, wo in
Otts Villa jedes Werk hängen sollte. Und sie rückte den Rahmen höchstpersönlich
mal einen Tick nach rechts, mal einen Tick nach links. »So gerade?«
    Ott blieb in einigem Abstand
stehen und betrachtete den neuen Turner, für ihn ein einziges Gewirbel aus untergehendem
Schiff und ertrinkenden Matrosen. »Erklär mir mal, was daran gut ist«, sagte er
schließlich.
    Betty trat selbst einen
Schritt zurück, stemmte die Hände in die Hüften und gab sich redlich Mühe. Aber
je mehr ihre verworrenen Erklärungen - Ott konnte sich ein Lächeln nicht
verkneifen - an Klarheit verloren, umso mehr ereiferte sie sich.
    »Wenn du das nicht kapierst«,
schloss sie, »tja, dann kapierst du's eben nicht.«
    » Wer sagt denn, dass ich das
nicht tue«, gab er augenzwinkernd zurück. »Vielleicht sehe ich ja einfach nur
gern, wie du's mir erklärst.«
     
    Sie aßen im Erdgeschoss zu
Mittag. Betty legte eine große Kugel Büffelmozzarella auf einen Teller und
Messer und Gabel daneben. Einen Moment lang ruhte ihr Blick auf dem Käse.
»Was«, fragte sie schließlich, ohne den Blick zu heben, »machst du eigentlich
hier?«
    »Die Zeitung.«
    »Ja schon, aber ...«, sie
stach mit der Gabel in den Käse: Ein milchiger See lief auf den Teller.
    Er nahm ihr das Besteck aus
der Hand, schnitt ein Scheibe Mozzarella ab und schob sie ihr auf dem Messer in
den Mund.
     
    G lobale E rwärmung gut für E iscreme
     
    Herman
Cohen, Chefkorrektor
     
    HE RMAN COHEN STEHT AM PRODUKTIONSTISCH. Wirft
lodernde Blicke auf die drei tippenden Textredakteure. Die erstarren mitten im
Anschlag. »Dabei habe ich bis jetzt noch niemandem persönlich einen Vorwurf
gemacht«, sagt er düster und faltet die Morgenausgabe auseinander, als steckte
eine Mordwaffe darin. Tatsächlich steckt etwas viel Schlimmeres darin: ein
Fehler. Verächtlich legt Herman den Finger darauf, schabt an dem widerwärtigen
Wort herum, als wollte er es von der Seite wischen, am besten in irgendein
anderes Presseerzeugnis, und sagt: »GWOT.« Dann haut er auf die Seite und
schwenkt sie vor den dreien herum: »GWOT!«
    »Hä?«
    »GWOT!«,
sagt er noch einmal. »GWOT steht nicht in der Bibel. Trotzdem steht es hier!«
Er bohrt ein Loch in den Artikel und schiebt seinen Wurstfinger durch die Seite
drei.
    Die drei
weisen alle Verantwortung von sich. Herman hat aber für Ausflüchte bedeutend
weniger Zeit als für Vorwürfe. »Wenn keiner von euch Dummschwätzern weiß, was
dieses GWOT heißen soll, warum steht es dann im Blatt?«
    Arktische
Stille legt sich über den Tisch. »Hat hier überhaupt jemand die Bibel mal
gelesen?«, fragt Herman. »Wenigstens einer?« Er sieht das traurige Trio aus Redakteuren unter
sich an. Dave Belling, ein Einfaltspinsel, viel zu sonnig, um eine anständige
Überschrift hinzukriegen. Ed Rance trägt einen weißen Pferdeschwanz - muss
man mehr sagen? Ruby Zaga, die ist der festen Überzeugung, von der gesamten
Belegschaft gemobbt zu werden, und zwar zu Recht. Was bringt das, ein dermaßen
saft- und kraftloses Konsortium mit Kritik zu behelligen?
    »Eines Tages ...«, fängt er
an, lässt die angefangene Drohung absichtlich in der Schwebe hängen, fährt mit
dem Finger durch die Luft und wendet sich ab. »Vertrauenswürdigkeit!«,
verkündet er. »Vertrauenswürdigkeit!«
    Ellbogenschwenkend stampft er
in sein Büro. Sein wuchtiger Wanst bringt einen Berg Bücher ins Wanken. Hier
drin darf er sich nur mit Vorsicht bewegen, denn so ausladend der Mann, so
überladen der Raum: Überall stapeln sich Nachschlagewerke - Klassiker wie >Webster's
New World College Dictionary<, >Bartlett's Familiar Quotations<,

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