Rachsucht
in Ordnung, Officers. Ich wollte nur austrinken und dann sowieso verschwinden.«
Die Beamten eskortierten ihn nach draußen und fragten nach seinem Ausweis.
»Ich sag doch, ich bin schon so gut wie weg.«
Er wandte sich zum Gehen. Die Polizisten, denen seine elegante Kleidung und der Rasierwasserduft nicht zu den aufgeschürften Knöcheln und den blutunterlaufenen Augen zu passen schienen, beharrten darauf, dass er sich auswies.
Unter Protest legte er schließlich einen Diplomatenpass von Britisch-Honduras vor.
Die Beamten prüften das Dokument, wechselten einen Blick und fragten nach einem weiteren Ausweispapier.
»Ich denke nicht daran«, erwiderte der Mann hochnäsig. »Ich genieße diplomatische Immunität.«
»Wohl kaum. Britisch-Honduras gibt es nämlich gar nicht mehr.«
Und tatsächlich war sein kalifornischer Führerschein nicht nur abgelaufen, sondern lautete auch noch auf einen anderen Namen. Die Datenbank spuckte auf Anhieb den Haftbefehl aus.
Die Beamten zückten die Handschellen. »Franklin Brand? Sie sind verhaftet.«
5. Kapitel
Ich erfuhr am folgenden Tag davon. Kurz davor hatte ich noch ein merkwürdiges Erlebnis.
Ich hatte in der juristischen Bibliothek des County zufällig Harley Dawson getroffen, die mich auf einen Feierabend-Drink ins Paradise Café eingeladen hatte. Als ich hereinkam, saß sie bereits am Fenster. Sie winkte mir zu und strich sich das silberfarbene Haar aus dem Gesicht.
»Hallo, Süße«, begrüßte sie mich, als ich mich zu ihr setzte.
Im grellen Licht der durch die Jalousien fallenden Sonne wirkte sie wie eine Figur aus einem alten Film noir. Das lag ohne Zweifel an der Aura der Einsamkeit, die sie umgab, an ihrer harten Fassade, ihrer unerbittlichen Energie.
»Du wirst dich freuen zu hören, dass George Rudenski bei Mako die Schotten dichtmacht. Jeder, der sich auch nur die Nase putzen will, muss zuerst meine Erlaubnis einholen.«
»Gut.«
»Nervig, meinst du wohl.«
»Wolltest du mich treffen, um mir das mitzuteilen?«
»Nein. Ich wollte dir sagen, dass das Hornissennest ordentlich in Aufruhr ist. Du kannst aufhören, darin herumzustochern.«
»Wieso denn?«, sagte ich. »Ich bin gerade so schön in
Fahrt. Zum Beispiel wüsste ich gern, wie gut du Franklin Brand gekannt hast.«
»Oje!« Sie lehnte sich zurück. »Nicht gut. Er rief nie zurück und schloss seine Deals gern auf dem Golfplatz ab.«
»Hast du dich je gefragt, ob die anonyme Anruferin bei Mako gearbeitet hat?«
»Die Frau, die Brand beglückt hat? Nein, hab ich nicht.« Das Sonnenlicht erhellte ihre Sommersprossen. »Hast du Lust, dieses Wochenende nach Del Mar zum Dreijährigenrennen zu fahren? Danach könnten wir in Torrey Pines Golf spielen.«
Ich lachte. »Harley, du weißt doch genau, dass ich nicht wette. Und als du mir das letzte Mal Golfunterricht geben wolltest, habe ich dich mit dem Schläger am Kopf erwischt. Ich fahr gern mit dir übers Wochenende weg, aber lass dir ein besseres Ziel einfallen.«
»Las Vegas. Du könntest dir eine Show reinziehen.« Sie zuckte die Achseln. »Ich kann nicht anders. Es liegt mir einfach im Blut.«
Ihr Vater war spielsüchtig gewesen, und sie hatte ihre Kindheit in Casino-Cafeterias und auf der Rennbahn von Santa Anita verbracht. Trotzdem fragte ich mich, ob sie nicht vielleicht einen ihrer Anfälle von Einsamkeit hatte und deswegen solchen Wert auf meine Gesellschaft legte. Bevor ich nachhaken konnte, erschien ein Kellner mit einem Eiskübel und zwei Champagnerflöten.
»Was ist das denn?«, fragte ich.
Harley lächelte kokett. »Zur Feier deiner Hochzeit.«
Als der Kellner die Flasche auf den Tisch stellte, erkannte ich das Etikett.
»Du spinnst doch!«
»Willst du was Edleres?«, erkundigte sich Harley.
»Nein, danke. Dom Perignon ist schon in Ordnung.«
Der Kellner öffnete die Flasche und füllte die Gläser. Wie immer konnte ich mich über Harleys Extravaganz nur wundern. Wir waren eng befreundet, aber musste sie sich deshalb in solche Unkosten stürzen? Nun ja, Harley war ein großzügiger, impulsiver Mensch mit einer Schwäche für die schönen Dinge des Lebens.
Sie hob ihr Glas. »Auf die wahre Liebe!«
»Prost.« Ich hob mein Glas und trank.
Ich bin wahrlich keine Feinschmeckerin. Meinen letzten Champagner hatte ich bei der Hochzeit meiner Cousine in Oklahoma City geschlürft. Wenn ich mich recht erinnerte, zierte ein Ölbohrturm das Etikett.
Das hier hatte echt Klasse.
Es war kein Champagner, sondern eine Offenbarung. Mir
Weitere Kostenlose Bücher