Rachsucht
über Yagos scharf geschnittenes Gesicht wandern und schwieg. Worauf wollte er hinaus? Zumindest wusste ich nun, dass er Diamond erpresst hatte.
»Diamond hatte einen Herzinfarkt, weil er seine Betrugsmanöver geheim halten musste. Der Stress war zu viel für ihn.«
Das Gesicht mit dem adretten braunen Kinnbart verzog sich zu einem schiefen Grinsen. Verdammt noch mal, der Kerl machte sich über mich lustig. Offenbar wollte er mir zu verstehen geben, dass auch Jesse etwas zu verbergen hatte.
Wollen Sie, dass Ihre Verlobte davon erfährt? Glauben Sie, danach will sie Sie immer noch heiraten?
Ich bluffte. »Sparen Sie sich Ihre Spielchen. Ich weiß alles.«
Er beugte sich vor. Sein schwarzes T-Shirt roch, als hätte er in der Nacht Gras geraucht. »Sie haben Mumm, aber Sie sind eine miserable Lügnerin. Sie haben keine Ahnung.«
Nur nichts anmerken lassen. »Ich weiß, dass Brand bei Mako Gelder unterschlagen und dabei unwissentlich eine schwarze Kasse von I-Heist erwischt hat.«
»Ich liebe diesen Juristenjargon. Unwissentlich, darf ich mir das aufschreiben?«
»Und Kenny Rudenski hat alles vertuscht, damit sein Vater und die Behörden nichts erfahren.«
»Unser Kenny ist ein ängstliches kleines Kerlchen.« Er lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. »Franklin Brand hat das Geld nicht mehr. Aber Ihr Kumpel hat wegen
Brand Geld von Mako eingestrichen. Wenn ich es mir recht überlege, steht das Geld mir zu. Und ich will es haben.«
Ich sagte nichts.
»Ich habe Blackburn vor die Wahl gestellt. Entweder das Geld, oder er zahlt auf andere Weise. Das Geld habe ich nicht bekommen, also muss er mich anderweitig entschädigen.«
»Was wollen Sie?«
»Eine Million.«
Ich konnte mein Entsetzen nicht verbergen.
Er holte seinen Laptop heraus und fuhr ihn lässig hoch. »So viel wird er natürlich nicht auftreiben können. Deswegen biete ich ihm eine Alternative. Er erweist sich mir gefällig, bis wir einen Wert von einer Million erreicht haben, dann sind wir quitt. Ich bin ja nicht unvernünftig.«
Er tippte etwas auf seinem Laptop ein. »Ich liebe Computer. Viel besser als Drogen. Dealen ist harte Arbeit. Waren Sie schon mal im Vertrieb? Furchtbar. Diese ewige Hektik! Bei Computern sitzt man einfach nur da und sieht zu. Keine Inventarlisten, kein Vertriebspersonal. Einfach traumhaft.«
Er verband den Laptop über ein Kabel mit einem Handy.
»Und wenn Jesse Ihnen nicht gefällig sein will?«
»Dann muss ich mich anderweitig schadlos halten.«
»Wie?«
»An seinen Freunden. An Ihnen.«
Meine Kehle war wie ausgedörrt.
»Ich weiß alles über Sie. Ich weiß jederzeit, wo Sie sich befinden. Ich habe ein Dutzend Zugriffsmöglichkeiten, ohne mir selbst die Hände schmutzig zu machen.«
Er drückte eine Taste. Ich hörte ein vertrautes Piepsen: Er hatte eine E-Mail verschickt.
»Die geht an Sie, meine Liebe. Sie werden Ihren Spaß daran haben.«
Er nahm einen weißen Fettstift aus seiner Computertasche und schrieb etwas auf die Tischfläche. »Diese Daten wird Blackburn brauchen. Kontoinhaber, Kontonummer, Bankleitzahl und Überweisungszweck.«
Mein Magen rebellierte. Er schrieb »Segue« , gefolgt von verschiedenen Zahlenreihen.
»Diese Angaben benötige ich auch für das Treuhandkonto seiner Kanzlei«, sagte er.
Jesse sollte für I-Heist Geld waschen. »Das wird er nicht tun.«
»Und ob er das tun wird.«
Er griff nach einem der Telefone, die auf den Tischen bereitstanden und tippte eine Kreditkartennummer ein. »Ich spendiere Ihnen den Anruf. Wie lautet seine Privatnummer?«
Ich sagte nichts.
»Die kann ich mir innerhalb von zwei Minuten besorgen. Sie sparen uns nur Zeit.«
Resigniert gab ich ihm die Nummer. Er wählte und reichte mir den Apparat.
»Nennen Sie ihm die Informationen, die ich aufgeschrieben habe.«
Jesses Anrufbeantworter schaltete sich ein, und ich wiederholte die Kontodaten von Segue. Als ich auflegte, griff sich Yago eine Serviette und wischte die Zahlen vom Tisch.
»Er hat vierundzwanzig Stunden«, sagte er.
»Und wenn ich mit diesen Informationen direkt zur Polizei gehe?«
»Das werden Sie nicht tun.« Er verstaute den Computer
wieder in seiner Tasche und erhob sich. »Kommen Sie. Sie müssen zu Ihrer Maschine.«
Ich blieb sitzen. Der Kerl war ein Spieler. Er spielte mit Menschen. Im Augenblick mit mir, und ich traute ihm nicht. Die Informationen, die er mir geliefert hatte, waren nicht zu ihm zurückzuverfolgen, dafür hatte er gesorgt.
»Wenn Sie Ihre Brieftasche
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