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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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zurückhaben wollen, können Sie sie selbst aus der Einkaufstüte fischen. Das Koks entsorge ich in der Toilette«, sagte ich.
    »Entsorgen? Das ist ein Geschenk von mir.«
    Ich rührte mich nicht.
    »Von mir aus.« Er griff in die Tüte nach der Brieftasche. »Sie haben dreißig Sekunden.«
    Er folgte mir zur Damentoilette und blieb vor der Tür. Am Waschbecken stand eine Frau. Ich wusch mir die Hände, bis sie draußen war. Um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, nahm ich das Tütchen mit dem Seidenpapier, warf es in den Müll und stopfte möglichst viele Papierhandtücher oben drauf, bis es weit nach unten gerutscht war.
    Als ich herauskam, wartete Yago noch vor der Tür. »Gehen wir«, sagte er.
    Er begleitete mich zum Gate.
    »Wieso sind Sie so sicher, dass ich nicht die Behörden einschalte, sobald ich außer Sichtweite bin?«, fragte ich, bevor ich die Tür passierte.
    Er lächelte. Ein teuflisches Lächeln. Es fühlte sich an, als würde jemand mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzen.
    »Weil es da etwas gibt, das Sie noch nicht kapiert haben. Ich sage es Ihnen wohl besser.« Er stopfte die Hände in die Taschen. »Diese Fahrerflucht, für die Ihr Liebster Brand unbedingt ins Gefängnis bringen will …«

    Bei mir schrillten alle Alarmglocken. »Was ist damit?«
    »Keiner scheint zu begreifen, was Sache ist. Alle denken, der Junge von der Start-up-Firma wäre das Ziel gewesen.«
    Mein Flug wurde aufgerufen, aber ich rührte mich nicht von der Stelle. Yago grinste immer noch. General Custer, Sohn der Morgenröte, Geist eines Mörders.
    »Brand war der Junge völlig egal. Der Aktienschwindel war ohnehin unter Dach und Fach. Die Aktion drehte sich nicht um den Jungen, der ums Leben gekommen ist.«
    Mir wurde schwarz vor Augen.
    »Ihnen und Ihrem Liebhaber ist nie klar geworden, dass Sandoval gar nicht hätte sterben sollen.«
    Oh nein. »Warum?«
    »Wenn ich Ihnen das erzähle, ist der ganze Spaß flöten. Aber wenn Sie zur Polizei gehen, werden die eins und eins zusammenzählen. Und dann wird es ziemlich ungemütlich. Für einen Krüppel kann das Leben im Knast echt hart sein.«
    Ich war sprachlos.
    Sein Grinsen wurde noch breiter. »Sie verpassen Ihren Flieger!«
    Er beobachtete, wie ich durch die Tür stolperte und die Treppe hinunter zum Bus ging. Als ich einstieg, drehte ich mich noch einmal zum Terminal um. Er stand am Fenster, und die goldenen Locken glänzten in der Sonne.
    Wie ein Zombie saß ich da, während der Bus an einer massigen Boeing 777, die mit heulenden Triebwerken wartete, vorbei zum Zubringerterminal rumpelte. Meine Hände zitterten.
    Von was für einem Spaß hatte Yago geredet?
    Jesse. Brand hatte es damals auf Jesse abgesehen. Ihn wollte er von Anfang an umbringen. Der Bus fuhr in den Zubringerterminal,
einen billigen, überfüllten Fertigbau. Drinnen lief ein Fernseher, und die Wartenden mampften Automatensnacks.
    Ich hörte eine Durchsage. »Passagier Delaney, gebucht nach Santa Barbara, bitte kommen Sie zum Schalter.«
    Das gab den Ausschlag. Mickey hatte eine Überraschung für mich eingeplant, so viel war klar, ob ich nun in die Maschine stieg oder nicht. Aber was? Ich verschwand in der Toilette und sperrte mich in der Eckkabine ein. Als ich meine Handtasche ausräumte, stieß ich tatsächlich auf ein Messer. Mir dröhnte der Schädel.
    Ich atmete tief durch. Ich musste weg. Allerdings war zu vermuten, dass sich Yago oder seine Leute am Hauptterminal postiert hatten, für den Fall, dass ich zurückkam.
    Um den Flughafen unbemerkt verlassen zu können, brauchte ich eine Verkleidung. Zu schade, dass ich meine Diana-Ross-Perücke nicht dabeihatte. Ich tauschte die knallblauen Vegas-Klamotten wieder gegen das rote Kleid und streifte das unsägliche T-Shirt mit der Innenseite nach außen darüber, um den Fleck zu verdecken. Dann wühlte ich die essbare Körperfarbe aus der Tasche und spritzte sie mir auf die Hand: Schokolade. Ich sprühte mir das Zeug auf den Kopf und massierte es ein, bis sich mein karamellfarbenes Haar zu einem klebrigen Braun verfärbt hatte. Das sah lächerlich aus, aber in L.A. schauten die Leute bei solch einem Aufzug höchstens zweimal hin, bestimmt kein drittes Mal.
    Dann fasste ich das Messer mit Toilettenpapier an und warf es in den Müll, setzte meine Sonnenbrille auf und marschierte nach draußen, um den Bus zurück zum Hauptterminal zu nehmen. Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl. Irgendwer würde dort auf mich warten.

    Als der Bus bremste, war

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