Radau im Reihenhaus
Linken die Lockenwickler aus den Haaren.
»Da hat man nun einen Friseurladen mit drei Angestellten, aber selbst rennt man rum wie ein Mop. Ich kämme das nur mal schnell aus«, entschuldigte sie sich. »Und dann muß ich auch sehen, wo Männe bleibt. Trinken Sie’n Bier?«
»Zur Zeit darf ich keinen Alkohol trinken«, sagte Rolf sofort. »Magengeschwür, wissen Sie? Der Arzt hat’s verboten!«
»Bier ist kein Alkohol, Bier ist Nahrung. Sie sollten lieber den Arzt wechseln«, bemerkte Frau Friese und verschwand.
»Raus hier!« Mein Gatte strebte zur Tür, wurde aber durch ein drohendes Knurren an der Flucht gehindert. Mau- si war zwar nirgends zu sehen, aber schlabbernde Geräusche verrieten uns, daß irgendwo im Flur ihr Freßnapf stand und sie bereit war, ihn heroisch zu verteidigen.
»Du hast die Hosenträger vergessen!« tönte Frau Frieses Stimme von oben.
Männe, denn um den handelte es sich wohl, stapfte die Treppe herab. »Die sind so ausgefranst!« rief er zurück. »Ich hab’ dir schon vor einer Woche gesagt, du sollst neue mitbringen!« Er nestelte noch an seinem Gürtel, als er ins Zimmer kam und sich leicht verbeugte. »Angenehm, Hermann Friese mein Name.«
Männe war groß, wohlbeleibt und ein Gemütsmensch. Mißbilligend stellte er fest, daß weder Flaschen noch Gläser auf dem Tisch standen, ging zu einer Art Vertiko, öffnete die Tür, räumte Kaffeewärmer und Stopfwolle zur Seite, holte eine Flasche hervor, klemmte sie sich unter den Arm, tauchte nochmals in die Tiefe und förderte vier Gläser zutage.
»Tschuldigung, aber wenn man den ganzen Tag im Geschäft ist, bleibt im Haushalt vieles liegen. Zum Glück kriegen wir nächste Woche eine Haushälterin, dann wird es hier bald anders aussehen.«
Das war auch nötig, denn Reinlichkeit war offensichtlich nicht Frau Frieses Stärke. Auf dem Parkettboden klebte Lehm, auf dem abgetretenen Teppich lag Zigarettenasche, und die ehemals weißen Gardinen waren grau. Alles wirkte irgendwie verstaubt, sogar der Gummibaum in der Ecke ließ trübsinnig die Blätter hängen.
Herr Friese goß die Kognakschwenker dreiviertel voll, und dann tranken wir wieder einmal auf gute Nachbarschaft. An der zweifelte ich aber!
Endlich kam auch Frau Friese zurück, hochtoupiert mit etwas Glitzerndem im blonden Haar und machte Männe darauf aufmerksam, daß der Hund noch Gassigehen müßte. »Sonst pinkelt er wieder in den Flur!«
Friese erhob sich, und wir erhoben uns mit ihm. »Wo ist die Leine?«
»Die hängt an der Türklinke!« Frau Friese stöckelte in den Flur und trat in Mausis Freßnapf. »Verdammtes Mistvieh! Mußt du mit der Schüssel immer durch die Gegend ziehen?«
Das Mistvieh jaulte und schnappte zu. Frauchen schrie, Herrchen suchte die Leine, um den Übeltäter damit zu verdreschen, dabei öffnete sich die Haustür und Mausi türmte. Wir ebenfalls.
»Vielen Dank für den Kognak und einen schönen Abend noch!« rief ich zurück ins Dunkel, denn mein Gatte schien seine Erziehung vergessen zu haben und eilte schnurstracks davon.
»Paß auf, daß er nicht ins Haus kommt!« rief ich, aber es war schon zu spät. Bevor Rolf die Tür wieder zuziehen konnte, war Mausi durchgeschlüpft und tobte kläffend die Treppe hinauf, freudig begrüßt von Sven und Sascha.
»Is der aber niedlich! Habt ihr uns den mitgebracht?« Sven kniete bereits neben dem gar nicht niedlichen Hund und streichelte ihn. »Vorsicht! Der beißt!« warnte ich.
»Wo denn?« fragte Sven.
»Na, vorne!«
»Aber hinten wedelt er mit dem Schwanz. Und denn beißt er nämlich gar nicht!« belehrte mich mein tierliebender Sohn, der in seinem Zimmer bereits einen Wellensittich sowie zwei australische Springmäuse beherbergte und nicht abgeneigt war, auch noch einen Hund in seine Menagerie aufzunehmen. »Wie heißt’n der?«
»Der heißt Mausi«, sagte Herr Friese, der schnaufend angekeucht kam. »Und wenn du willst, kannst du ihn behalten.«
»Au ja, und denn släft er bei mir im Bett!« Sascha machte nun seinerseits Besitzansprüche geltend.
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« Rolf klemmte sich den sträubenden Hund unter den Arm, ignorierte das doppelte Protestgebrüll seiner Nachkommen und drückte das jaulende Fellknäuel seinem Besitzer in die Hände.
»Der ist nämlich sehr kinderlieb«, versicherte Friese. »Wir haben ihn ja auch nur behalten, damit unsere beiden Rangen etwas zum Spielen haben. Achim und Püppi sind noch bei der Oma, aber wenn die neue Haushälterin kommt, dann
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