Radau im Reihenhaus
sechs vor der Haustür wartete, um ihrem heimkehrenden Mann Hut und Aktenköfferchen abzunehmen, so beneidete ich sie bald, weil sie abends wenigstens nicht allein sein würde. Nach acht Wochen war ich soweit, daß ich
meinem
Mann sogar die Pantoffeln entgegengetragen hätte, wäre er überhaupt gekommen. Aber manchmal sah ich ihn die ganze Woche nicht, und wenn er schließlich heimkehrte, verschwand er in seinem Zimmer, hängte sich ans Telefon und meckerte zwischendurch, weil die Kinder durchs Haus krakeelten.
»Du mußt eben eigene Interessen entwickeln!« sagte er, wenn ich ihm etwas von Lebendigbegrabensein und Kochtopfhorizont vorjammerte.
»Beschäftige dich mal mit fernöstlicher Philosophie oder mach Handarbeiten. So was soll die innere Zufriedenheit sehr günstig beeinflussen.«
»Jetzt reicht es aber!« Nachdrücklich erinnerte ich Rolf an jene Zeit, als ich mir in seiner Gegenwart nicht mal einen Knopf an die Bluse nähen durfte, weil ihm Hausmütterchen ein Greuel waren und er alles, was daran erinnerte, mit der Vorstellung von Küchenschürze, Dutt und Strickstrumpf verbunden hatte. Und jetzt sollte ich…? Nie!!
»Herrgott, was machen denn die anderen Frauen, die hier rundherum leben? Irgendwie werden die sich ja auch beschäftigen. Warum tut ihr euch nicht zusammen und gründet eine Laienspielgruppe, züchtet Nerze oder macht sonst irgend etwas Nützliches? Zeit genug habt ihr doch alle!«
»Eben! Aber das ist noch lange kein Grund, mich mit Frau Vogt über Häkelmuster zu unterhalten oder mich von Straatmanns darüber aufklären zu lassen, wie die Neger ihre Buschtrommeln basteln. Frau Wittinger hat den IQ eines toten Esels, Frau Friese ist schon gar nicht meine Kragenweite und außerdem nie zu Hause, mit Frau Obermüller kann ich nicht dauernd zusammenhocken, und den Umgang mit Dr. Brauer hast du mir verboten!«
»Das stimmt nicht!« protestierte Rolf. »Ich habe dich lediglich gebeten, ihn etwas einzuschränken. Du mußt ja nicht unbedingt ins Gerede kommen!«
»Das bin ich sowieso schon! Oder glaubst du etwa, es hat niemand mitgekriegt, wenn der Brauer mit seinem Whisky unterm Arm über unseren Zaun gestiegen ist?« (Hoffentlich hatte man auch genauso sorgfältig registriert, daß er immer ziemlich schnell wieder hinausgeflogen war!)
»Ich weiß doch auch genau, wer zu wem geht.«
»Wen interessiert denn das?«
»Mich! Dann kann ich mir doch wenigstens eine halbe Stunde lang den Kopf darüber zerbrechen, was ausgerechnet Herr Friese bei Frau Vogt will. Und das nachmittags um drei, wenn er im Geschäft sein müßte und die Häkeltante allein zu Hause ist. Du glaubst gar nicht, was das für Spekulationen offenläßt!«
Rolf sah mich an, als hätte er eine arme Irre vor sich, und verschwand wortlos in seinem Zimmer.
Tatsächlich hatte ich eine Zeitlang versucht, in das Grüne-Witwen-Leben ein bißchen Abwechslung zu bringen und meine Leidensgefährtinnen zu irgendwelchen Aktivitäten zu ermuntern, nur ließen sich die jeweiligen Interessen – soweit überhaupt vorhanden – nicht unter einen Hut bringen. Frau Vogt war nicht bereit, sich von Sohn und Haus zu trennen, weil sie ja abends pünktlich ihren Mann in Empfang nehmen mußte.
»Aber wir könnten doch ein Handarbeitskränzchen gründen«, schlug sie drei Tage später vor, als sie mich nach meiner täglichen Einkaufstour vor der Garagentür stellte. Dann faselte sie noch etwas von Wohltätigkeitsbasar und guten Werken, bevor sie mit wehender Kittelschürze Frau Straatmann entgegenlief. Die fand sich mit bemerkenswerter Schnelligkeit immer dort ein, wo jemand stand und sich mit jemand anderem unterhielt.
»Nicht wahr, es gibt doch so eine Art Hilfsfonds für Entwicklungsländer?« erkundigte sich Frau Vogt.
»Aber natürlich«, bestätigte Frau Straatmann. »Haben Sie Geld zuviel?«
Über Sinn und Zweck des geplanten Unternehmens aufgeklärt, winkte sie ab. »Mit wollenen Unterhosen habe ich keinen unserer Eingeborenen herumlaufen sehen. Die sind bei der Hitze auch gar nicht nötig. Aber es wäre doch reizend, wenn wir eine Spendengemeinschaft gründen würden. Wir könnten Firmen anschreiben, Medikamente und Liebesgaben sammeln… Also daran würde ich mich sofort beteiligen!«
Frau Vogt lehnte ab: »Damit würde aber mein Mann ganz und gar nicht einverstanden sein. Am Ende laufen diese Leute einem noch das eigene Haus ein!«
Frau Wittinger schlug vor, doch mal etwas mit dem Auto zu unternehmen, das keine von uns hatte, und
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