Radegunde von Thueringen
Donar und seinem Hammer! Es geht der Reihe nach! Niemand drängt sich vor!“, donnerte der Hauptmann über die Köpfe der Leute hinweg.
„Donar? Lass das nicht Amalaberga hören!“, raunte sie ihm ins Ohr. Er erschrak, doch dann weiteten sich seine Augen und er begann zu lachen.
„Prinzessin, was für eine Freude!“ Er winkte einen seiner Gehilfen herbei, der für ihn weiterhin Pfeile abzählte und ausgab.
„Wie ist es dir und deinem Bruder ergangen? Behandeln sie euch gut?“ Er musterte sie und um seine Augen bildeten sich lauter kleine Fältchen.
„Es geht. Doch sag mir, werden wir die Franken besiegen?“
Sein Blick wurde besorgt. „Ich will dich nicht belügen, Radegunde. Die Götter müssten sich für uns ins Zeug legen, aber ich fürchte, unsere neue Königin hat sie alle verprellt. Und soweit ich weiß, haben die Christen keinen Kriegsgott.“ Er nahm seinen Helm ab und kratzte sich hinter dem Ohr. „Die Franken sind uns zahlenmäßig weit überlegen. Die Boten sprechen von einem Reiterheer, das den Heiligen See ausfüllen könnte. Und dann gibt es noch das Fußvolk, noch einmal so viele Männer, wild entschlossen, reiche Beute zu machen. Und ich spreche nur von dem Heer unter König Theuderich. Es heißt, sein Bruder Chlothar ziehe auch gegen uns …“
„Aber wir haben viele mutige Krieger …“
„Ich fürchte, es sind nicht genug. In der letzten Schlacht starben viele tapfere Männer, sie sind nicht zu ersetzen. Soviel ich weiß, sind Boten zu den Langobarden unterwegs, um sie um Beistand zu bitten. König Wacho ist unser Verbündeter.“
„Die Ostgoten! Auch sie sind unsere Verbündeten!“
Germar winkte ab, um seine Lippen entstand ein verbitterter Zug. „Die können wir wohl abschreiben, sie kommen mit sich selbst kaum zurecht. Uns bleibt nichts zu tun, außer beten und hoffen.“
Er senkte seine Stimme auf ein Flüstern: „Alwalach ist hier! Er wird heute Nacht dem Donar opfern. Nur er kann unsere alten Götter wieder versöhnen!“
In der vorbeiströmenden Menge tauchte plötzlich ein bekanntes Gesicht auf.
„Kiara!“
Die Dienerin hob den Kopf und kam herüber. „Germar! Sei gegrüßt!“ Die Wiedersehensfreude in ihrem Gesicht wurde sofort von ihrer Sorge verscheucht. „Ich kann Sidan nirgends finden! Niemand hat etwas vom Schatz, schon gar nicht von dessen Wachmannschaft gehört!“
Germar horchte auf. „Der Schatz?“ Er schüttelte langsam den Kopf und schwieg.
„Ich werde vorm Tor fragen, dort lagert allerhand fahrendes Volk. Die wissen oft besser Bescheid als die Ansässigen.“ Damit war Kiara wieder fort.
Sie sah Germar fragend an. „Du weißt mehr, als du sagen willst!“
„Ja. Der Schatz ist versteckt worden. Das ist üblich vor einer solchen Schlacht. Nur der König und Amalafrid wissen, wo er ist. Vielleicht noch Iring, aber sonst niemand. Nur so kann Herminafrid sicher sein, dass der Feind ihn nicht in die Hände bekommt. Verräter gibt es überall, und unter der härtesten Folter plaudert sicher auch ein heldenhafter Mann.“
„Aber die Wachmannschaft! Herminafrid kann unmöglich die Karren selbst abgeladen haben!“ Sie bekam plötzlich ein seltsames Gefühl in der Magengrube.
Germar sah sie eindringlich an. „Du bist eine Königstochter, Radegunde. Du müsstest wissen, dass ein König Entscheidungen fällen muss, die sehr grausam sein können. Alle Krieger der Wachmannschaft werden an Ort und Stelle getötet und ihre Leichen mit dem Schatz verborgen.“
Der Hof mit all seinen Menschen begann sich zu drehen. Haltsuchend lehnte sie sich an die Wand des Arsenals. Ihr war speiübel. Doch Germar hatte Recht. Es wurde Zeit, dass sie die Augen öffnete. Die Goldschmiede mit den durchtrennten Sehnen, die Wachleute, die sterben mussten, weil sie den Königshort versteckten. Das Blut, nach dem Amalafrid roch und das noch an seinen Schuhen klebte.
„Radegunde?“ Germars Stimme drang von weit her in ihr Bewusstsein. Er schüttelte sie leicht.
„Hat man dir das nicht beigebracht? Ein König muss Opfer bringen, wenn sein Reich dadurch geschützt werden kann! Sein Leben und der Königshort sind der Grundstein für unser Thüringen! Verstehst du das? Finden die Franken den Schatz, sind wir verloren. Töten sie den König und seine Familie, sind wir auch verloren. Dann werden wir alle nur noch verdammte Sklaven der Franken sein, ohne Freiheit, ohne Ehre, ohne Rechte.“
Die Übelkeit ließ etwas nach. Sie trat einen Schritt von der Wand weg.
„Ich
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