Radegunde von Thueringen
erschienen.
„Bringt ihm Wasser!“, rief sie einem bereitstehenden Diener zu.
Die Tür öffnete sich und Chlothar polterte herein. „Was gibt es?“
Der Bote fiel auf die Knie. Er schwitzte nicht nur von dem anstrengenden Ritt. Ganz offensichtlich brachte er keine gute Nachricht.
„Herr, die Thüringer befinden sich im Aufstand! Sie haben sich mit den Sachsen zusammengetan.“ Er machte eine Pause und atmete tief durch.
Radegundes Herz begann zu rasen. Bertafrid! Wusste er Bescheid?
„Sprich weiter!“, befahl Chlothar. Seine Stimme war gefährlich ruhig.
„Sie haben unsere Wachstationen im ganzen Land überfallen und besetzt. Thüringen ist in ihrer Hand!“
„Wie konnte das passieren? Es gilt ein Waffenverbot im ganzen Land! Haben sie Theudebalds Söldner mit bloßen Händen erwürgt?“ Chlothar lief an der langgestreckten Tafel auf und ab.
„Sie verfügen über sehr gute damaszierte Schwerter, außerdem natürlich über die Waffen, die sie auf den Wachstationen vorgefunden haben.“
„Natürlich. Geh in die Küche und lass dir was zu essen geben.“
„Danke, Herr!“ Der Bote verschwand schleunigst, froh, seine unangenehme Nachricht los zu sein.
„Sie hatten Schwerter! Das heißt, es war von langer Hand vorbereitet! Von sehr langer Hand!“ Ein misstrauischer Blick traf sie und blieb an ihr hängen.
„Die Waffen können sie auch von den Sachsen haben!“ Sie bemühte sich um eine ruhige Stimme, doch hatte sie das Gefühl, er könne sehen, wie ihr das Herz im Halse schlug.
„Die Sachsen sind miserable Waffenschmiede!“
Sie musste ihm Recht geben und nickte stumm.
Er trat dicht an sie heran. „Was wusstest du über den Aufstand?“
Sie lachte kurz und hart auf. „Ich? Ich habe wohl wirklich andere Sorgen, glaubst du nicht?“ Der doppeldeutige Unterton gefiel ihm nicht, er wandte sich ab.
„Was hast du vor?“, fragte sie.
„Es gibt nicht viele Möglichkeiten. Ich werde mir zurückholen, was uns zusteht! Schließlich bist du die Tochter eines Thüringerkönigs, nicht wahr? Etwas Gutes muss es doch haben, dass ich mit dir verheiratet bin.“ Er hatte die Sache mit Waldarada noch nicht verschmerzt. Er klatschte in die Hände, der Diener trat vor. „Den Haushofmeister und die Grafen hierher, sofort. Außerdem den Hauptmann der Wachmannschaft und den Heerführer!“
Er sah sie scharf an. „Sollte ich herausfinden, dass du etwas mit dieser Sache zu tun hast, dann wirst du es bitter bereuen. Das wäre Verrat, das ist dir hoffentlich klar!“
Als sie schwieg, blaffte er: „Ist noch was?“
„Du hast jetzt jede Menge zu tun. Soll ich die Abreise von Theudebalds Witwe organisieren?“
„Ja, tu das. Das wird dir sicher Freude bereiten!“, knurrte er.
„Nein, das tut es nicht!“ Ihre Augen wurden schmal. „Sie ist ein liebes Mädchen und ich würde sie gern hierbehalten. Allerdings nicht, um zuzusehen, wie du mit ihr spielst und sie vor die Hunde geht!“
„Weib, hüte deine Zunge, sonst gehst du vor die Hunde!“ Sein Gesicht verfärbte sich.
„Willst du mich so einfach beseitigen wie die arme Guntheuka? Was ist dann mit deinem Anspruch auf Thüringen?“ Schon wieder ritt sie der Teufel. Die Nachricht vom Aufstand gab ihr Selbstvertrauen.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ Er drehte sich um und holte aus. Der Schlag kam blitzschnell, doch Radegunde hatte längst gelernt, solche Anfälle vorauszusehen. Geschickt wich sie zurück und seine Faust ging ins Leere.
„Verdammt sollst du sein, du …“ Er stieß bei dem Versuch, sie zu fassen, gegen eine Bank.
Sie war längst aus dem Saal, als er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
Draußen auf der Treppe begegnete sie den ersten Edlen, die seinem Ruf folgten. ‚Ihr werdet jetzt Freude an ihm haben‘, dachte sie, und erst jetzt spürte sie, dass ihre Hände zitterten.
Die Frauen hatten sich in Salomés kleines Gemach zurückgezogen. Radegunde bat Waldarada, sich am nächsten Morgen bereitzuhalten. „Es ist am besten, du reist so früh wie möglich ab. Chlothar ist in einer fürchterlichen Stimmung. Er ist zu allem fähig, auch dazu, sich den Bischöfen zu widersetzen.“
Sie überlegte. „Du wirst eine starke Begleitmannschaft benötigen. Wie weit ist es bis nach Baiern?“
„Sehr weit!“, seufzte Waldarada traurig. „Ich muss noch einmal nach Reims, meine Kleider, meine Diener, alles ist noch dort! Der Aufbruch hierher verlief Hals über Kopf.“
„Das dürfte kein Problem sein. Ihr müsst
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