Radieschen von unten
reinste Drache – wird auch von dem einen oder anderen so genannt. Mit Saskia, unserer Azubine, treibt sie es besonders schlimm, und seit sie mitbekommen hat, dass sich ihr Sohn für eine neue Mitarbeiterin interessiert, macht sie der auch das Leben schwer. Selbst Herr Bornekamp, der schon ewig bei der Firma arbeitet, hat Angst vor ihr und fürchtet um seinen Arbeitsplatz. Ja, und Sohn Carlos lässt sich ohnehin alles von ihr gefallen.« Elfie schnitt eine Grimasse. »Sie schikaniert die Mitarbeiter, wo sie nur kann. Dazu kommt, dass die Arbeitsbedingungen nicht gerade die besten sind. Während sie sich mit ihrem Sohn ein wunderschön eingerichtetes großzügiges Büro teilt, dürfen wir zu viert die staubige und stickige Luft der umgebauten Remise atmen. Na, Sie kennen ja meinen Arbeitsplatz.«
»Ja, aber wie kommt jetzt Herr Wilfert ins Spiel?« Alex konnte ihre Ungeduld nicht mehr verbergen.
»Folgendes«, bemühte sich Elfie um eine etwas straffere Schilderung, »mir fehlten die Lieferantenrechnungen, die ich für die Steuer dringend brauche. Tagelang konnte ich die Chefin nicht erreichen, um danach zu fragen. Schließlich teilte sie mir mit, dass diese Rechnungen sich im Kriechkeller des Hauses befinden, zusammen mit allem möglichen Kram. Eine Tatsache, die auch Carlos Knörringer etwas überraschte. Vor ein paar Tagen bekam ich dann endlich den Schlüssel von diesem Kriechkeller, zu dem man übrigens eine äußerst steile holperige Treppe hinuntersteigen muss.«
Alex zog die Augenbrauen hoch, und Elfie fuhr hastig fort: »Jedenfalls habe ich da in einem Cellokasten einen Kerzenleuchter gefunden. Und an diesem Kerzenleuchter klebten Blut, Haare und wer weiß was sonst noch.«
Einen Augenblick lang war Alex sprachlos. »Vor ein paar Tagen, sagen Sie? Und weshalb haben Sie mich nicht informiert?«, fragte sie und machte keinen Hehl aus ihrer Entrüstung.
»Ich wusste erst mal nicht, was ich davon halten sollte«, murmelte Elfie. »Aber dann konnte ich mir so einiges zusammenreimen.«
»Was konnten Sie sich denn zusammenreimen?« Alex schien sich wieder etwas beruhigt zu haben.
»Ich habe den Kerzenleuchter erkannt. Er stammt aus der Trauerhalle des Südfriedhofs. Ich glaube, dass der Kerzenleuchter das Mordwerkzeug im Fall Wilfert war, und habe recherchiert, dass nur Juliane Knörringer als Täterin in Frage kommt.«
»Und wie haben Sie das herausgefunden«, fragte Alex, jetzt ernsthaft interessiert. »Der Grund wird kaum sein, dass sie eine so tyrannische Chefin ist?«
»Nein, natürlich nicht. Obwohl … Sie war jedenfalls diejenige, die den Schlüssel zum Kriechkeller hatte und sehr lange gezögert hat, ihn mir zu geben. Wer käme denn sonst noch in Frage? Carlos war zur Tatzeit mit Martin Ritter unterwegs, hat also ein Alibi. Es steht fest, dass Juliane an dem Abend in der Filiale in der Bamberger Straße war, ebenso wie Josef Wilfert, den man von da aus zum Südfriedhof geschickt hat, weil er dort die Chefin antreffen könnte.«
»Und was ist dort passiert?«, fragte Alex.
»Da kann ich natürlich auch nur spekulieren. Tatsache ist, dass Josef Wilfert total sauer auf Pietas war, weil er sich über den Tisch gezogen fühlte. Und es ist auf jeden Fall eine Tatsache, dass Juliane Knörringer die Angehörigen der Verstorbenen nach Strich und Faden betrogen hat.«
Alex nickte nachdenklich: »Das stimmt mit dem überein, was ich selbst in Erfahrung gebracht habe. Vielleicht fühlte sich Juliane Knörringer in die Ecke gedrängt und hat in ihrer Verzweiflung zum Kerzenleuchter gegriffen. Wie es wirklich war, muss sie uns selbst sagen. Und zwar so bald wie möglich. – Einen kleinen Vorwurf kann ich Ihnen allerdings nicht ersparen, Frau Ruhland. Warum haben Sie mir von den Ergebnissen Ihrer Nachforschungen nicht schon längst erzählt?«
»Ich hab es doch gestern versucht, und dann kam der Anruf von Ihrem Hubert«, meinte Elfie trotzig.
»Stimmt«, gestand Alex zu.
»Und heute hab ich es Ihnen ja erzählt.«
»Stimmt auch«, seufzte Alex versöhnlich. »Ja, aber jetzt würde ich gern diesen ominösen Kerzenleuchter zu Gesicht bekommen. Lassen Sie uns aufbrechen und zu Pietas fahren.«
»Ich dachte, wir würden noch ein Fläschchen Sekt trinken.« Elfie ließ die Gläser im Picknickkorb klingen.
»Tut mir leid, Frau Ruhland, aber das müssen wir auf einen anderen Tag verschieben, und einen rechten Grund zum Feiern sehe ich auch nicht. Es ist ohnehin schon viel zu viel Zeit verstri…« In diesem
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