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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
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Sargs baumelten.
    Erst beim Näherkommen entdeckte sie den Rest von JulianeKnörringer, die unnatürlich verdreht im Sarg lag. Ihre schwarze weite Hose war bis über die Knie hochgerutscht, das rote Spitzentop auf einer Seite aufgeplatzt. Im offenen Sargdeckel stand eine fast leere Flasche Rotwein. In einer Hand hielt die Tote den Stiel eines Glases. Der zerbrochene Kelch lag neben ihr.
    Unterhalb ihres Kopfes breitete sich auf der cremefarbenen Polsterung ein roter Fleck aus. War das Rotwein oder Blut? Alex beugte sich über den Sarg und entdeckte etliche blaurote Spritzer, die offenbar vom Wein stammten. Aber der große Fleck war deutlich heller und sah nach Blut aus.
    »Ach, du meine Güte! Die Innenausstattung ist völlig ruiniert. Hoffentlich ist noch nichts in das Holz eingedrungen«, rief Elfie aus, die so nah herangekommen war, wie Kunz es ihr erlaubte, und auf den Zehenspitzen herumtrippelte, um besser sehen zu können.
    Alex blickte irritiert auf. Wie konnte man sich bei dem Anblick einer Toten um Kissen und Sarg Sorgen machen? Elfies Miene sah jedoch überhaupt nicht sorgenvoll aus, sondern strahlte eher Zufriedenheit aus. Hatte sie vielleicht hier ihre Finger im Spiel? Alex lief es bei dem Gedanken kalt den Rücken herunter.
    Jetzt schmunzelte Elfie sogar.
    »Irgendwie typisch, dass die Chefin in unserem teuersten Design-Sarg aus Palisander liegt«, sagte sie. »Und wissen Sie, was das Skurrilste an der Sache ist?«
    Alex schüttelte den Kopf.
    »Das Sargmodell heißt ›Carmen‹, nach der feurigen Dame aus der Oper.« Elfie hielt sich die Hand vor den Mund und musste sich offenbar bemühen, nicht zu lachen. Dann summte sie leise »Auf in den Kampf, Tore-e-e-ero …« vor sich hin.
    Alex sah sie verständnislos an. War Elfie jetzt total übergeschnappt?
    »Was ist denn daran so witzig?«, fragte sie.
    »Nun, die Melodie ging mir in den vergangenen Tagen immer wieder durch den Kopf, wenn ich an Frau Knörringer dachte.«
    »Warum denn das?«, hakte Alex nach.
    Elfie zögerte einen Moment, schien nach Worten zu suchen.
    »Sie war doch früher Balletttänzerin«, sagte sie dann. »Da passt das einfach sehr gut. Und in ihrem Tango-Outfit sieht sie doch aus wie eine Carmen. Außerdem ist dieser Körperformsarg wie für sie gemacht. Ihre schlanke Silhouette kommt dadurch gut zur Geltung.« Elfie kicherte. »Vielleicht hat der Sarghersteller bei ihr Maß genommen.«
    Während Alex noch versuchte, einen Sinn in diesen wirren Gedankengängen zu entdecken, kam der Notarzt auf sie zu.
    »Auf jeden Fall unklare Todesursache«, sagte er statt einer Begrüßung. »Ich habe schon alles ausgefüllt.«
    Er überreichte ihr ein Formular. »Ich muss weiter, wir haben noch mehr zu tun. Hier kann ich nicht mehr helfen.«
    »Moment«, rief Alex. »Zu ein paar Informationen wird die Zeit wohl noch reichen.«
    Seufzend drehte sich der Arzt um. »Die Person ist ungefähr zwölf bis achtzehn Stunden tot. Die Leichenstarre hat fast den gesamten Körper erfasst. Die Totenflecken haben sich ausgebreitet. Deswegen habe ich den Krankenwagen gleich weitergeschickt. Eine Wiederbelebung wäre sinnlos gewesen.«
    Alex trat wieder näher zum Sarg und musterte Juliane Knörringer. Am Haaransatz zeigten sich blauviolette Flecken.
    »Können Sie etwas über die Todesursache sagen? Woher kommt das Blut?«, fragte sie.
    »Das Blut stammt aus einer Wunde am Hinterkopf. Ob dadurch der Tod eintrat, kann ich nicht feststellen. Ansonsten gibt es keine sichtbaren Verletzungen. Alles Weitere müssen die Kollegen in der Rechtsmedizin herausfinden. Den Wein werden Sie ja sicher auch untersuchen lassen. Na, wie dem auch sei, auf jeden Fall hat sich die Dame vor ihrem Ableben noch einen edlen Tropfen gegönnt.«
    Er wies auf die Flasche im Sargdeckel. »Das ist ein Malbec Argentino. Der kostet achtzig Euro, ist seinen Preis aber wert. Passt hervorragend zu Steak. Einen schönen Tag noch.«
    Er nickte Alex zu und eilte hinaus.
    Alex griff zum Handy. Zunächst orderte sie ein Team der Spurensicherung. Dann ließ sie sich die Nummer der Staatsanwältin geben, die Bereitschaftsdienst hatte, rief sie an und schilderte ihr den Fall.
    »Wir brauchen eine Obduktion«, schloss sie ihre Ausführungen.
    »Die Todesursache muss unbedingt geklärt werden«, stimmte die Staatsanwältin zu. »Aber da es am Fundort keine eindeutigen Hinweise auf ein Tötungsdelikt gibt, ist mein Erscheinen nicht notwendig. Ich ordne die Sektion an. Lassen Sie die Leiche in die

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