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Radikal führen

Radikal führen

Titel: Radikal führen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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teamfähig! Identifiziere dich mit dem Gesamtunternehmen! Gleichzeitig raunt der institutionelle Rahmen: Setz dich durch! Bekämpfe deinen internen Konkurrenten! Belohnt wirst du nur für deinen Einzelerfolg! Die geheimen Spielregeln, die sich vor allem im Belohnungsverhalten artikulieren, sprechen also eine andere Sprache als die proklamierte Moral. Das ist lupenreines Double-bind: Wie immer man sich entscheidet, man verletzt eine Regel. Und die Gewichte verschoben sich in den letzten Jahren: Die wettbewerblichen Steuerungsformen haben in den Unternehmen zum Teil dramatisch zugenommen. Das fördert ein Verhalten, bei dem sich im Extremfall jeder Mitarbeiter als Profit-Center versteht.
    Das Auflösen dieser Doppelbotschaft wird meist auf die Ebene des individuellen Verhaltens abgesenkt. Man ruft die Menschen schlicht dazu auf, besser zusammenzuarbeiten, voneinander zu lernen, Wissen zu teilen, vertrauensvoller zu sein. »Wenn die Leute nur richtig miteinander reden und sich besser abstimmen würden!« Das können Sie zwar sagen, aber es ist wenig wirkungsvoll, wenn die strukturgebenden Institutionen eine andere Sprache sprechen. Mehr noch: Die Verlagerung struktureller Probleme auf die individuelle Ebene erzeugt Zynismus.
    Wer also einer vertrauensbasierten Kooperation im Unternehmen Platz schaffen will, sollte mindestens die interne Wettbewerbsenergie nicht noch weiter anheizen. Denn die ist ohnehin im Übermaß vorhanden: Weil die meisten Unternehmen von Männern dominiert werden. Und die sind nun einmal – anthropologisch gesehen – Überbietungsathleten. Was ihre Stärke ist. Und ihre Schwäche.
Zielsysteme blockieren Zusammenarbeit
    Der organisatorische »Grund« der Zusammenarbeit ist die Arbeitsteilung. Sie ermöglicht es, dass unterschiedliche Aktivitäten gleichzeitig ausgeführt werden. Daraus ergeben sich Rollenmuster und unterschiedliche Arbeitsbereiche, die jeweils eine eigene Logik entwickeln und unterschiedliche Menschen anziehen. Ein guter Buchhalter wird kaum ein glücklicher Verkäufer werden.
    Es ist also die Konstruktion des Unternehmens, die automatisch zu Konflikten führt – zum Beispiel zwischen Vertrieb und Marketing oder zwischen F & E und Produktion oder zwischen Topmanagement und operativen Mitarbeitern. Reibereien sind unvermeidlich. Was dabei »richtig« ist, kann niemals geklärt werden, da es in der Regel um Zukunft geht – und die Zukunft ist eben unvorhersehbar.
    Einer der Hauptgründe für mangelnde Zusammenarbeit sind die Zielsysteme. Die Zielsysteme brechen in der Regel das Hauptziel in Teilziele für die Unternehmensbereiche herunter. So soll der Einkauf das Einkaufsvolumen im Verhältnis zum Umsatz reduzieren, die Produktion soll die Anlagen besser auslasten, der Vertrieb soll mehr verkaufen, IT soll mehr Projekte entwickeln und die Logistik soll die Durchlaufzeit beschleunigen oder die Datenintegrität erhöhen. Und die Sparten großer Unternehmen werden oft immer weiter segmentiert und über immer differenziertere Zielvereinbarungen geführt. Jedes Ziel für sich genommen ist logisch und nachvollziehbar. Aber im Unternehmen sind Ziele wechselwirksam: Die Zielerreichung des einen Bereichs geht nicht selten zu Lasten eines anderen Bereichs. Wenn ein Unternehmensteil für hohe Lieferfähigkeit bezahlt wird, ein anderer aber für geringe Fertigbestände, dann erzeugt das Egoismusblockaden. Jeder ist nur an der Selbstoptimierung interessiert – für das Gesamte interessiert sich niemand. Oft versickern so gerade jene Innovationen, die zwar über die ganze Wertschöpfungskette wirken, sogar überproportional zur Wertsteigerung des Unternehmens beitragen, aber den einzelnen Geschäftsbereichen nichts bringen. Zumindest kurzfristig nichts.
    Nehmen wir die Schnittstelle Absatz/Marke. Vertrieb und Marketing werden in vielen Unternehmen unabhängig voneinander betrachtet. Ein klassischer Konflikt: Marketing kennt die Verkaufsfront nicht und hat zu wenig Kenntnis vom Kunden. Verkauf weiß viel vom (einzelnen) Kunden, bunkert Informationen, weiß aber wenig vom Aufbau von Markenstärke. Die einen wollen den schnellen Verkauf, die anderen die langlebige Marke.
    Meist wird der Konflikt personalisiert. Es geht dann nicht mehr um inhaltliche Fragen, sondern um Beziehungsfragen. Dann wird Sieg oder Niederlage zu einer Frage der Ehre. Und damit kämpfen die Menschen nicht mehr um eine für das Unternehmen beste Lösung, sondern um »sich«. Aber die Ursachen liegen selten in den

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