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Radikal führen

Radikal führen

Titel: Radikal führen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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Zusammenhang. Dass die Kursentwicklung »gestaltbar« ist, wissen nicht nur Insider. Und zu gewissen Zeiten könnte man auch einen Schwachkopf zum Vorstandsvorsitzenden machen – die Aktienkurse stiegen trotzdem. Zudem – und das ist hier wichtig – unterstellt dieses Argument, Einkommen würden solitär erwirtschaftet, als einsamer Kampf eines Einzelnen. Einkommen werden im Unternehmen aber arbeitsteilig erwirtschaftet. Natürlich gibt es unterschiedliche Beiträge, die auch unterschiedlich zu bezahlen sind, meinetwegen auch sehr unterschiedlich. Aber kein Mensch kann mit Wirklichkeitssinn behaupten, dass ein Manager – innerhalb eines Unternehmens! – mehr Wert schöpft als 100, 200 oder 300 Mitarbeiter. Das heißt, ein gewöhnlicher Angestellter müsste mehrere Hundert Jahre arbeiten, um auf das Jahresgehalt seines Topmanagers zu kommen. Dagegen formiert sich Protest, der in Deutschland gern mit dem Neidargument abgetan wird. Ja, Deutschland ist eine Neidgesellschaft. Und Neid heißt: etwas begehren, ohne den Preis dafür zahlen zu wollen. Dennoch darf man nicht jede Diskussion mit dem Knüppel-aus-dem-Sack des Neidverdachts erschlagen. Es darf nicht lukrativer sein, in einem Unternehmen zu arbeiten, als es zu besitzen.
Wenn es um Maß und Angemessenheit geht, dann kann man durchaus rationale Konsequenzen erwägen – Konsequenzen für die Teamleistung zum Beispiel. Den Stand der Forschung zu diesen Konsequenzen kann man wie folgtzusammenfassen: Ein Unternehmen ist nur erfolgreich, wenn die Mitarbeiter den Unternehmenserfolg als ihr gemeinsames Problem sehen, sich als Leistungspartner begreifen und entsprechend kooperieren. Lebt man aber in sehr unterschiedlichen Tarifwelten, das heißt wird der Abstand zu den Stars im Team zu groß, arbeiten mittelmäßige Mitarbeiter – ohne die eben auch kein Unternehmen überlebt – weniger »mannschaftsdienlich«. Wer im Team deutlich weniger verdient als andere, findet seine Leistung nicht ausreichend gewürdigt und leistet langfristig weniger. Gleichzeitig sinkt bei großem Einkommensgefälle auch die Leistung der Top-Talente. Diesen macht der Neid der anderen zu schaffen. Deshalb kommen wirkliche Spitzenleute eher in leistungs- und einkommensähnlichen Teams zur Geltung. Was Gehaltshygiene unabdingbar macht.
Wenn wir die Idee der Zusammenarbeit ernst nehmen, dann müssen Sie Teamleistung unterstützen und nicht den individuellen Erfolg. Ein gutes Management, das das verstanden hat, wird deshalb die Gehälter der durchschnittlichen Mitarbeiter anheben oder aber auf Stars verzichten. So macht es die Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton. Darauf angesprochen, dass gute Leute dann woanders hingingen, weil sie dort mehr verdienten, antwortet Vorstandschef Ralph Shrader: »Wenn Sie Leute meinen, die nur auf individuellen Erfolg aus sind, dann haben Sie recht. Das stört mich aber überhaupt nicht.«
Im Übrigen ist eine wirkungspsychologische Verschiebung zu beachten. Es ist wissenschaftlich gut gestützt, dass die Mitarbeiter, die im Einkommen unter eine bestimmte Bemessungsgrenze rutschen, wesentlich unzufriedener sind als der Durchschnitt ihrer Kollegen. Umgekehrt aber sind Mitarbeiter, die über dem Durchschnitt verdienen, keineswegs wesentlich zufriedener. Das ändert sich auch nicht bei jenen, die bedeutend mehr als der Durchschnitt verdienen. Also: Weniger macht unzufrieden; mehr macht keinen Unterschied.
Es lohnt sich, diesen Punkt noch einmal zu wiederholen: Das Unternehmen ist eine Leistungs-Partnerschaft, die um die zentrale Idee der Zusammenarbeit herum gebaut ist. Im Unternehmen ist der individuelle Beitrag zum Gesamtergebnis nur schwer isolierbar. Wenn wir also gut gearbeitet haben, dann haben wir alle gut gearbeitet. Dann sollten Sie jenseits des individuellen Einkommens die gemeinsame Wertschöpfung auf jene verteilen, die beigetragen haben. Also auf alle.
Kleine Einheiten
    Small is beautiful hieß das Buch, mit dem der britische Nationalökonom Ernst Friedrich Schumacher 1973 einen Bestseller landete. Der Titel wurde damals schnell zum Schlachtruf gegen Großmächte, Großkonzerne und Großkraftwerke. Von der Vision einer überschaubaren Welt anarchistischer Autarkien hat die Globalisierung nicht viel übrig gelassen. Aber ist die Idee als solche deshalb falsch? Immer und überall?
    Die Anthropologie gibt nüchtern zu Protokoll, dass das Gattungswesen Mensch über Jahrmillionen in Gruppen von etwa 50-100 Individuen gelebt hat (über die Zahl

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