Radikal führen
Fertigungssteuerung, Service, Materialwirtschaft, Vertriebsinnendienst, also alles, was zusammengehört, auch physisch an einem Ort sein. Und wenn wir noch einmal den klassischen Konflikt zwischen Vertrieb und Marketing aufgreifen: So banal das klingen mag, oft hilft es schon, wenn die Abteilungen räumlich zusammenrücken. Sorgen Sie für Nähe!
Auch die Arbeitsplätze selbst sollten Zusammenarbeit erleichtern. Für die Zusammenarbeit ist ein Einzelbüro hinter fünf Metern Schrankwand sicher hinderlich. Da ist man gleichsam »weggeschlossen«. Wenn jemand hereinkommt, ist es eine »Störung«. Zusammenarbeit darf aber keine Störung, keine Ausnahme, sondern muss der Normalfall sein. Ob Sie diese modernen Designs nun »Büro-Collagen«, »Open Space« oder (im älteren Jargon) »Großraumbüro« nennen – wichtig ist, dass Durchlässigkeit und Kontakteinladung gewährleistet sind. Es muss leicht sein, dass jeder mit jedem reden kann. Statt des stillen Kämmerleins besser Marktplätze mit Sofas, Bereiche für Gruppenarbeit, Tische mit Sitz- und vor allem Stehplätzen (»Stehungen« sind »Sitzungen« vorzuziehen), darum herum sogenannte »feste« Arbeitsplätze oder sogar »nonterritoriale« Arbeitsplätze mit Rollwagen und flexiblen Einsatzorten.
Eine Unternehmenskultur, die Zusammenarbeit fördern will, muss also, wenn immer es möglich ist, für räumliche Nähe sorgen. Insofern ist Change-Management nicht selten Bewahrungskultur. Ihre Frage muss (auch) sein: Was soll bleiben? Wir stehen also vor einem Dilemma, dass ein Unternehmen ohne identitätsstiftenden Ort, ohne Begrenzung und Vorstell-barkeit kaum zu existieren vermag, auf der anderen Seite aber die Mobilitätserfordernisse eine Lösung oder gar Auflösung der Ortsbindung erfordern.
Unter dieser Voraussetzung wird etwas immer wichtiger, was bisher im Zwielicht der Motivierung eine halblegitime Schattenexistenz führte: das Feiern. Das gemeinsame Feiern als Symbol der Zusammengehörigkeit, als Realisierung des Physischen, sich den und dem anderen (im doppelten Sinne:) vorstellen können, Gemeinsamkeit erlebbar machen, sich mit Gemeinschaftserleben auftanken, einen Ort schaffen, der bezugsfähig ist, »wie damals in Freiburg, weißt du noch?« Ein Fest feiern, bei dem »wir« uns als »uns« erfahren. Hier kann sich eine Gruppe als Ganzes empfinden. Insofern hat das Feiern die Funktion, Gemeinschaft zu stiften. Wo wir uns gemeinsam freuen können. Uns freuen über das Geleistete. Wir haben in der Vergangenheit große Dinge getan und sind entschlossen, auch in Zukunft Großes zu tun. Feiern schafft Vorfreude auf das vor uns Liegende. Sie lässt uns eine aufsteigende Linie erwarten. Feiern auch ganz ohne Anlass, einfach so. Nicht, weil die Zahlen gut sind, sondern weil wir uns erleben wollen und müssen, wollen wir auf wirksame »Zusammen«-Arbeit im Wortsinne nicht verzichten.
Niemand lebt nur für die Zielerreichung. Niemand lebt für das Notwendige. Wir alle leben für das Überflüssige, das Überraschende, das kleine bisschen Luxus, für den Glanz, den Feste unserem Dasein hin und wieder verleihen. Feste sind eine Liebeserklärung an das Leben.
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Unternehmen hätten viel davon, wenn sie die Mitarbeiter unterstützten, ihre kooperativen Eigenschaften zu entfalten. Dass das möglich ist, zeigt eine eindrucksvolle Studie, die das Gefangenendilemma der Spieltheorie klug erweitert hat. Zur Erinnerung: In der klassischen Form dieses Experiments werden zwei Teilnehmer als »Gefangene« verdächtigt, gemeinsam eine Straftat begangen zu haben. Sie werden in getrennten Räumen verhört und haben keine Möglichkeit, sich abzustimmen. Ihr Ziel ist es in diesem Spiel, ein möglichst niedriges Strafmaß zu erhalten. Das Strafmaß ist abhängig von den jeweiligen Aussagen der beiden. Es gibt zwei Möglichkeiten der Aussage: zu schweigen oder die eigene Tatbeteiligung zu gestehen. Falls ein Spieler das Gegenteil des anderen macht, profitiert nur der Spieler, der sich für das Geständnis entschieden hat. Er geht fast straffrei aus, während der andere die Höchststrafe erhält. Gestehen beide, so erhalten sie eine identische mittlere Strafe. Schweigen jedoch beide, so erhalten sie eine identische geringe Strafe. Schweigen führt also nur dann zum Erfolg, wenn es beide tun. Es ist die gemeinschaftlich beste Lösung und somit eine kooperative Strategie. Wer sich dagegen für ein Geständnis entscheidet, der spekuliert darauf, dass der andere
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