Radikal führen
gilt auch hier: nicht die elf Besten aufstellen, sondern die beste Elf.
Und das heißt für die Personalauswahl: Vorrang für die Zusammenarbeit! Wählen Sie vor allem Menschen aus, die Unterschiede nicht als Bedrohung erleben. Sondern als Bereicherung. Leute, die sich ein Unternehmen eben wegen der Möglichkeit verstärkter Zusammenarbeit ausgesucht haben. Das bedeutet eine Kehrung der Prioritäten bei der Einstellung. Früher stellte manvorrangig Leute ein, die fachlich gut waren und möglichst auch noch teamfähig. Unter dem Vorrang der Zusammenarbeit sollten Sie keine Leute einstellen, die fachlich gut sind, aber nicht teamfähig. Warum? Fachliches kann man lernen – Zusammenarbeit kaum. Daher gilt: »Hire for attitude, train for skills.« Denn der Wille und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit, die finden sich seltener und sind vor allem langfristiger wirksam und näher an der Überlebenswurzel eines Unternehmens. Expertenwissen kann man sich bei Bedarf auch mal von außen kurzfristig einkaufen.
Das gilt vor allem auch für die oberen Hierarchiestufen. Gerade auch im Top-Management braucht man Integratoren, gute Gastgeber. Und je größer ein Unternehmen ist, desto integrativer müssen sie sein. Es ist ein Irrweg, mechanisch CFOs zu CEOs zu machen. Finanzexperten haben nämlich in der Regel eine schier unstillbare Sehnsucht nach der Planbarkeit und der Berechenbarkeit trivialer Maschinen, eine klare Vorstellung von »objektiver Realität« und irritationsfeste Konzepte für richtig und falsch. Ein Begriff wie »Kontingenz« (sollte er sich je in den numerischen Nebelschwaden verirren) käme sofort auf die Schwarze Liste. Natürlich gibt es Finanzmanager, bei denen sich fachliche Brillanz und soziale Kompetenz auf glücklichste Weise verbinden. In der Tendenz gilt aber: Wer gut Zahlen zusammenführen kann, kann selten Menschen zusammenführen. Genau Letzteres aber ist die Hauptaufgabe der Führung.
Was tun?
Das Ziel lautet: Machen Sie Ihre Mannschaft so kooperativ wie möglich und wählen Sie die hierfür geeigneten Mitarbeiter aus. Wie können Sie es erreichen?
Es ist hilfreich, mit spieltheoretischen Ansätzen die Kooperationsbereitschaft von Bewerbern zu testen. Natürlich ist es umstritten, von Computerspielen auf das reale Handeln im Alltag zu schließen. Dennoch habe ich in der Personalauswahl gute Erfahrungen mit dem bereits erwähnten Gefangenendilemma gemacht, das sich als kleines Spiel schnell durchführen lässt. Man kann dort sehr schön und mit geringem Zeitaufwand sehen, ob sich jemand rücksichtslos, egoistisch und unkooperativ verhält. Wenn man den eigenen relativen Gewinn nur dadurch maximiert, dass man den absoluten Gewinn des Spielpartners reduziert, dann ist das entschieden destruktiv. Es ist, als malträtiere man das teure Auto des Nachbarn mit einem Baseballschläger, um selber das schönste Auto im Quartier zu haben.
Viele können sagen, wie toll sie sich selbst finden. Im Unternehmen aber kommt es auf die Unterstützung anderer an. Es geht darum, anderen zu helfen und sich mit aller Kraft in den Dienst des gesamten Unternehmens zu stellen. Dies also könnten Fragen bei Einstellungsgesprächen sein:
• Wem waren Sie in Ihrer Karriere nützlich?
• Wen haben Sie eingestellt, der Sie in Ihrer Karriere überholt hat?
• Welchen Wert wollen Sie für Ihre Kollegen schaffen?
Wenn Sie wollen, dass die Mitarbeiter sich gegenseitig helfen, um ein gemeinsames Problem zu lösen, wenn Sie nicht mehr vorrangig Individuen aussuchen, sondern die Passung in der Vordergrund rücken, dann sollten Sie das Team mitbestimmen lassen. Nach welchem Modus das geschieht, will ich hier offenlassen. Aber es ist unsinnig, die Personalabteilung entscheiden zu lassen, und kurzsichtig, nur den Chef mit dieser Aufgabe zu betrauen.
Aus dem Mannschaftssport kennt man die Kehrseite der Zusammenarbeit: Je homogener eine Mannschaft, desto schwieriger sind neue Spieler zu integrieren. Sie müssen sich also bei der Einarbeitung stärker engagieren, schon früh immer wieder den Kooperationsvorrang thematisieren. Dabei den Unterschied ehren, den der neue Mitarbeiter hoffentlich einführt – aber wachsam sein, sollte sich schon früh ein grundsätzliches Nicht-Passen andeuten.
Noch etwas Spezielles? Etwas Unangenehmes? Ja. Im Unternehmen ist nur wichtig, was Konsequenzen hat. Was keine Konsequenzen hat, ist nicht wichtig. Es mag wünschbar sein. Aber wichtig ist es nicht. So ist das auch mit der
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