Radikal führen
mit unterschiedlichen Menschen adressatenspezifisch zu sprechen. Ungeeignet sind Sie hingegen für diese Aufgabe, wenn Sie zu Kontaktvermeidung neigen, einen ausgeprägten Überlegenheitskomplex haben oder schlicht nicht in der Lage sind, freundlich zu sein.
Wenn der Andere nicht kooperieren kann
Ihr Unternehmen benötigt Mitarbeiter, die in der Lage sind, zu kooperieren. Ich möchte kurz zwei Typen von Mitarbeitern skizzieren, für die und mit denen die Zusammenarbeit – vorsichtig gesagt – nicht gerade einfach ist (sie sind interessanterweise bei der modischen Explikation des Burn-out-Syndroms wieder beachtet worden).
Mit einem Perfektionisten ist nicht gut zusammenarbeiten. Für ihn ist gut nie gut genug. Er ist getrieben von der Angst, nicht makellos zu sein. Er und es muss vollkommen sein: entweder das Beste oder gar nichts. Daher kennt er im Unternehmen auch nur eine Person, die die Aufgabe seriös erledigen kann: sich selbst. Er arbeitet überaus sorgfältig und damit auch zeitaufwändig; aber Arbeit zu delegieren – das fällt ihm unendlich schwer. Muss er bei einer Präsentation fünf Charts zeigen, dann nimmt er zur Sicherheit noch weitere 30 mit – man kann ja nie wissen. Und auf Seite 233 hätte er statt des Kommas ein Semikolon gesetzt ... Das Pareto-Prinzip, die 80/20-Regel, das Angemessene, eine Gut-genug-Lösung – alles das sind gräuliche Dinge, für die er keine Sympathie entwickelt. Macht er Karriere, dann hält er irgendwann so viele Fäden in der Hand, dass er seinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden kann. Er wird unzufrieden, setzt sich und andere unter Druck und produziert damit genau das, was er am heftigsten vermeiden will: Fehler. Kurzum: Perfektionisten sind sehr, sehr wertvoll. Aber nicht im Unternehmen. Ihre Dienstleistung sollte man besser am Markt einkaufen, aber sich nicht mit den Komplexitätskosten belasten.
Von der Psychodynamik her gesehen ist ein Perfektionist ein Mensch, der übermäßig liebt. Oft den Gegenstand, mit demer sich befasst. Und deshalb ist es ihm unerträglich, wenn andere Menschen nicht in der Lage sind, dieselbe Liebe für die Dinge aufzubringen.
Dieser energetischen Position nicht unähnlich ist der Idealist. Das Handeln des Idealisten ist aus einer tiefen moralischen Wurzel her bestimmt. Es geht ihm darum, das Richtige zu tun – das Detail ist ihm (im Gegensatz zum Perfektionisten) unwichtig. Jedes mögliche Handeln ist von vornherein markiert als gut oder böse, richtig oder falsch (eine Unterscheidung, bei der er selbst immer auf der guten Seite steht). Als Überzeugungstäter setzt er sich langfristige Ziele, denkt in langen Wellen, hat den Blick in die Zukunft gerichtet. Das Ideal am Horizont, davon ist er überzeugt, erfordert unbedingten Einsatz. Deshalb ist er im Regelfall ein engagierter, zuverlässiger Zeitgenosse. Sein Problem sind – die anderen. Jene, die nicht aus moralischen Gründen handeln, sondern aus pragmatischen. Denen die Gesinnung nicht so wichtig ist, sondern das praktisch Mögliche. Denen die Gegenwart mindestens so wichtig ist wie die Zukunft. Aber von einer Werte-Relativität wollen Idealisten nichts wissen, ein pragmatisches »einerseits ... andererseits« oder gar ein »Heute so, morgen anders« ist für sie nur eines: unglaubwürdig. Sie verwechseln ein Unternehmen mit einer Gesinnungsgemeinschaft, die nur jene integrieren sollte, die das richtige »mindset« haben. Kurzum: Idealisten sind unverzichtbar. Aber im Unternehmen sollten Sie nicht zu viele davon haben.
Wendet man beide Typen ins Positive, dann können gut zusammenarbeiten – erstens – Menschen mit einer Gut-genug-Einstellung sowie – zweitens – mit einer pragmatischen Orientierung am Machbaren. Sie zu finden ist vor dem Hintergrund des verbreiteten Drangs zum normativen Denken mühsam. Angesichts der turbulenten Gegenwart ist es aber unentbehrlich. Sie sind gut beraten, wenn Sie das an den Pforten Ihres Unternehmens berücksichtigen.
Fremdoptimierung
Ein Unternehmen ist in der Regel arbeitsteilig aufgebaut. Unter dem Prinzip der Arbeitsteilung geleistete Arbeit ist daher immer Arbeit für andere. Man leistet nicht für sich. Sondern die Frage lautet: Was kann ich für andere leisten? Wie kann ich dazu beitragen, dass meine Arbeit die Arbeit anderer befruchtet? Das ist auch der Kern des Wortes »Verdienst«. Wie kann ich anderen dienen? Der Verdienst ist dann eine Folge dieses Dienens. Als Regel gilt: Wer vielen dient, wird
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