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Radikal führen

Radikal führen

Titel: Radikal führen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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Verhältnisse, der Konjunktur, der Wettbewerbssituation, der Kundenpräferenzen. Die Neigung zur Marktforschung ist kennzeichnend für diesen Typus. Die Bemerkung Steve Jobs’, Innovationen seien per se neu und unbekannt und man könne daher nicht beurteilen, wie sie ankommen, klingt in seinen Ohren überzogen forsch.
    Defensive Manager blicken auch nur ungern nach vorn, sie schauen lieber zur »Seite«. Sie schauen – und das ist extrem verbreitet! – auf den Wettbewerber. Sie wollen zwar wissen, wie sie Überbietungen erzielen können, sie wollen auch »besser« sein, aber nicht besser als gestern, sondern besser als die anderen. Sie orientieren sich nicht an einer ungewissen Zukunft, sondern an denen, die gleiche Ziele verfolgen. Sie sind besessen von der Frage, wer gerade die Nase vorne hat. Schielt man aber immer zur Seite, dann weiß man nicht mehr, wohin man läuft. Dann verliert die Vorbereitung auf die Zukunft ihr Gewicht zugunsten der Gegenwart. Dann ist das kurzfristige Überleben des Unternehmens zwar sichergestellt – seine Zukunftsfähigkeit ist damit aber unter Umständen sogar riskiert. Natürlich kann man nicht langfristig planen und kurzfristig immer verlieren. Und dass wir langfristig alle tot sind, wie John Maynard Keynes mit unwidersprechlicher Logik sagte, ist ebenso klar. Dennoch führt die Sucht des Vergleichens mit dem Wettbewerb dazu, dass die Handlungslogik des kurzfristigen Wettbewerbsvorteils oft in starkem Kontrast zu dem steht, was zukunftsfähig ist. Man kann kaum melancholischer werden als mit dem Blick auf die Ranglisten der Vergangenheit.
    Der offensive Manager hingegen hat eine andere Einstellung zur Zukunft. Er geht grundsätzlich von der Veränderung aus. Weder hofft er auf bessere Zeiten noch befürchtet er schlechtere. Sie werden einfach anders sein. Und er will sie aktiv mitgestalten. Das setzt auf der persönlichen Ebene voraus, dass er neugierig ist, dass er sich für vieles interessiert, dass er sich mit den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzt, die sein künftiges Marktumfeld prägen. Er beobachtet weniger den Wettbewerb, er schaut sich vor allem den Kunden an. Wo er heute den größten Kundennutzen erzeugt, das weiß er. Aber morgen? Welche wirtschaftliche Entwicklung machen seine Kunden? Wohin bewegen sie sich? Welche Produkte bleiben preisstabil? Welche nicht? Welche Innovationsprojekte müssen zur Cashflow-Sicherung vorangetrieben werden? Welche Personengruppen könnten morgen Neukunden sein? Und was immer er plant – er plant stets alternative Szenarien.
    Der offensive Manager entwickelt also fortlaufend neue Wachstumsstrategien und identifiziert mögliche Schlüsselerfolgsfaktoren. Dazu gehört in besonderer Weise die Identifizierung und Entwicklung von Talenten unter den Mitarbeitern. Er weiß: Die nach 1980 Geborenen (die »Millennials«) sind gegenüber einer konkreten Aufgabe loyal, nicht aber gegenüber einem Unternehmen; man kann sie nur mit immer neuen und herausfordernden Aufgaben im Unternehmen halten.
    Wir brauchen in den Unternehmen beide Manager – den defensiven und den offensiven. Aber mit Blick auf die Zukunft trennt sich dann doch die Spreu vom Weizen. In der Organisationsforschung spricht man von den »tempered radicals«, den gemäßigten Radikalen. Solche Leute stehen nicht quer zum Unternehmen, sondern gleichsam schräg. Sie sind durchaus mit ihrem Unternehmen identifiziert, aber auf eine fordernde, unangepasste Weise, die sie zum Unternehmen in Spannung bringt. Und sie sind von hohem Wert für ihre Unternehmen, gerade, wenn es um die Sicherung von Zukunftsfähigkeit geht.
    Unternehmen brauchen Menschen mit Außensensibilität. Menschen, die Möglichkeitsbewusstsein haben, Menschen, die sich die Zukunft auch anders vorstellen können als die Fortschreibung der Gegenwart, Menschen, die das Gras wachsen hören. Wer auf gesicherte Erkenntnis wartet, kann, so Bill Gates, »allenfalls noch mit anderen Zauderern um die Krümel streiten.«
Sich selbst unterbrechen
    »Du musst der Wandel sein, den du in der Welt sehen willst.« Was als esoterisch angehauchte Botschaft mittlerweile weit verbreitet ist, findet in der Praxis eher selten statt. Die meisten Change-Prozesse verlangen, dass nur die anderen sich ändern. Change möge überall sein, nur bitte vor der eigenen Bürotür haltmachen. Aber zum Störungsauftrag der Führungskraft gehört es auch, sich selbst zu hinterfragen. Verzögerungen einzubauen, die uns innehalten

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