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Radikal

Radikal

Titel: Radikal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yassin Musharbash
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Lächeln. Dann ging er auf die Matte.
    Ansgar Dengelow raffte seine Sachen zusammen und ging zur Tür, die nach draußen führte. Er hatte die Klinke schon in der Hand, als er das unmissverständliche Geräusch vernahm, das entsteht, wenn ein Judoka einen anderen so wirft, dass jener aus anderthalbMetern Höhe mit dem Rücken auf der Matte landet. Dengelow drehte sich nicht um.
    Nicht jetzt, Kumpel. Jetzt gehe ich einen Terroristen und Mörder festnehmen.
    ***
    Das Wort Razzia, das es aus dem Italienischen ins Deutsche geschafft hatte, stammte ursprünglich aus dem Arabischen, wobei der Ursprungsbegriff Ghazwa so viel wie Überfall oder Raubzeug bedeutete.
    Wie in einer Schleife gefangen, war Sumaya vollkommen unfähig, einen anderen Satz zu denken. Sie war auf dem Weg zu Fadi gewesen, sie hatte noch einmal mit ihm reden wollen. Sie konnte es nicht ertragen, dass Samuel diesen nagenden Verdacht in ihr Herz gesetzt hatte. Hatte ihr Cousin das Foto, das Samuel zeigte, wirklich weitergegeben? Entgegen dem, was sie als ein Versprechen interpretiert hatte? Aber zu dem Gespräch war es nie gekommen. Als sie in die Straße einbog, in der Fadis Internetcafé lag, hatte ein geschätztes Dutzend Polizeifahrzeuge mit Blaulicht sie überholt. Und als sie das Café fast erreicht hatte, bemerkte sie, dass die Polizisten direkt davor gehalten hatten.
    Das Wort Razzia, das es aus dem Italienischen ins Deutsche geschafft hatte, stammte ursprünglich aus dem Arabischen, wobei der Ursprungsbegriff Ghazwa so viel wie Überfall oder Raubzeug bedeutete.
    Hinter einem Getränkelieferfahrzeug auf der gegenüberliegenden Straßenseite verborgen, beobachtete Sumaya fassungslos, wie die Beamten Rechner um Rechner aus dem Internetcafé ihres Cousins schleppten. Schließlich brachten zwei von ihnen Fadi selbst zu einem Einsatzwagen. Seine Hände waren hinter seinem Rücken gefesselt.
    Was sollte sie tun?
    Was konnte sie tun?
    Sie musste einschreiten.
    Nein, Susu, nein! Das darfst du nicht! Nicht solange du nicht weißt, was hier vor sich geht!
    Nur dass sie keine Ahnung hatte, was vor sich ging, oder wie sie es herauskriegen sollte. Hatten Fadis Freunde Mist gebaut? Waren sie radikal geworden? Oder … Oder hatte Samuel etwas damit zu tun? Um von dem Foto abzulenken? Um Fadis Glaubwürdigkeit zu erschüttern? Sie erinnerte sich, wie ihr Cousin und Samuel aneinandergeraten waren, wie Fadi ihn herausgefordert hatte, ihm radikale Websites zu nennen. Ihr wurde schlecht. Es gab nur eine Möglichkeit. Sie musste Samuel finden. Sie wollte ihn auf keinen Fall anrufen, sondern in sein Gesicht sehen. Aber sie wusste auch, dass sie nur einen einzigen Ort kannte, an dem sie suchen konnte: seine Wohnung in der Schreinerstraße. Möglichst unauffällig schlenderte Sumaya zur nächsten Kreuzung, bog in die Böckhstraße ein, stieg am U-Bahnhof Schönleinstraße in die Bahn ein.
    Eine knappe halbe Stunde später stand sie vor dem Altbau, in dem Samuel wohnte. Auf ihr Klingeln hin reagierte niemand. Sie drückte sich vor dem Haus herum, bis jemand aus dem Inneren nach draußen trat, und drängte sich schnell hinein. Zum zweiten Mal, schoss es ihr durch den Kopf, öfter, als Samuel mich hereingelassen hat. Eilig rannte sie die Stufen hinauf, bis in den vierten Stock. Sie klingelte an Samuels Wohnungstür, aber erneut regte sich nichts. Sie hämmerte mit der Faust dagegen – keine Reaktion.
    Vielleicht, dachte sie, und merkte, wie ihr Herz immer schneller schlug, ist er auf dem Dachboden. Sie stürmte eine weitere Stiege hinauf und stieß die Dachbodentür auf. Doch der Dachboden war vollkommen leer. Lediglich ein einsamer Wäscheständer stand noch am hinteren Ende des langen Raumes. Die Frauenkleider, die darauf zum Trocknen aufgehängt waren, wehten langsam im Windzug, der durch das angelehnte Veluxfenster über den Dachboden zog.

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XI
    Wie oft er solche Sätze schon gelesen hatte: Der Zugriff erfolgte im Morgengrauen. Um sechs Uhr und acht Minuten klickten die Handschellen. Der Verdächtige leistete keine Gegenwehr . Natürlich leistete er keine Gegenwehr. Es wäre auch aussichtslos gewesen. Er zählte achtzehn Polizeibeamte, die zudem allesamt bewaffnet waren. Sicher waren noch mehr in der Nähe, die er von hier aus nur nicht sehen konnte.
    Einer von ihnen kam direkt auf ihn zu. Der Mann war nicht alt und nicht jung, nicht dick und nicht dünn, nicht groß und nicht klein, er sah aus wie die personalisierte Nebenrolle, die perfekte Besetzung, wenn

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