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Radikal

Radikal

Titel: Radikal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yassin Musharbash
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verdammt!«
    Er steckte das Handy wieder weg. Sunderberg hatte angerufen, eigentlich hätte er rangehen müssen, aber er würde sich noch eine Viertelstunde gedulden müssen, bis die Sitzung bei Doktor Gabor vorbei war.
    Er versuchte seinen Ausbruch wiedergutzumachen, aber Doktor Gabor wies ihn in die Schranken. Es sei nicht nötig, sich zu entschuldigen, es müsse zunächst einmal alles auf den Tisch, und danach erst könnten sie anfangen, ihre Probleme aufzuarbeiten. Ansgar Dengelow nickte und schwieg. Als die Zeit abgelaufen war, fragte Gabor, ob sie es mit ihm versuchen wollten.
    »Ansgar, es liegt bei dir«, sagte Agnes.
    »Ja, Doktor«, hörte Dengelow sich sagen.
    Draußen hatte er sich von Agnes verabschiedet. Er musste Sunderberg zurückrufen. Und er wollte ein Bier trinken, oder zwei, und zwar alleine.
    Ansgar Dengelow sah auf die Uhr. Es war jetzt fast acht Uhr am Abend. Er hatte Sunderberg über eine Stunde warten lassen, aber so wichtig konnte es nicht sein, sonst hätte der LKA – Vize ihn ganzsicher ein zweites Mal angerufen. Er holte sein Handy aus der Tasche und rief ihn an.
    »Ah, da sind Sie ja, Dengelow, danke dass Sie sich melden.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ach, gar nichts, nur eine Information für Sie, geht Ihnen morgen auch schriftlich zu, aber ich dachte, ich sag’s Ihnen schon mal so, vielleicht ist es für Sie von Interesse.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Wir haben eine Leiche gefunden. Cord Munkelmann.«
    »Cord Munkelmann?«
    »Ja. Sie wissen schon, der Mitarbeiter von Lutfi Latif.«
    »Und wie ist er gestorben?«
    »Suizid, glasklar. Hat sich in seiner eigenen Wohnung aufgehängt.«
    »Wann?«
    »Tja, vor einer Woche, schätzen wir. Der Paketbote hat Verdacht geschöpft und uns angerufen.«
    »Abschiedsbrief?«
    »Nichts.«
    »Aber es war sicher ein Selbstmord?«
    »Kein vernünftiger Zweifel. Wir werden jedenfalls keine Obduktion anordnen.«
    »Vielen Dank für die Information. Ich glaube nicht, dass es etwas mit dem Anschlag zu tun hat.«
    »Nein, ich denke auch nicht. Ich wollte Sie auch nur vorwarnen, falls die Presse das mitbekommt und irgendetwas daraus zu drehen versucht …«
    »Vielen Dank, ich weiß das zu schätzen.«
    »Keine Ursache, schönen Feierabend.«
    Dengelow legte das Handy auf den Tisch und bestellte mit einem Winken noch ein Pils.
    Warum brachte so ein junger Mann sich um? Sicher, man konnte in die Menschen nicht reinschauen, vielleicht hatte er Liebeskummer gehabt, eine schlimme Krankheit, Depressionen. Aber bei dem Treffen im Büro des Abgeordneten hatte er auf ihn einen ziemlich stabilen, fast forschen Eindruck gemacht. Zuvor hatte er ja nur telefonisch mit ihm zu tun gehabt, als Munkelmann ihmdie Drohbriefe weitergeleitet hatte. Aber auch da hatte Dengelow das Gefühl gehabt, dass Munkelmann Freude an seinem Job hatte und alles ganz aufregend fand. Tragisch. Aber so etwas gab es manchmal. Er fragte sich, ob Munkelmann Familie hatte, Eltern, einen Vater.
    Er sah auf die Uhr, es war fast neun Uhr. Wenn er sich beeilte, würde er vielleicht noch Leo sehen können. Ansgar Dengelow zahlte und ging.
    ***
    Mit einem unerwartet lauten Klackgeräusch ging auf einmal das Licht aus, und das darauf folgende Gefühl vollständiger Machtlosigkeit überwältigte ihn fast. Es war 21 Uhr 30, und irgendjemand hatte irgendwann und irgendwo entschieden, dass dann das Licht ausgehen soll, nicht früher, nicht später, und also ging es aus, und niemand fragte ihn, und niemand hatte ihn vorgewarnt. Andere hatten für ihn entschieden, so wie sie schon darüber entschieden hatten, was und wie viel er essen durfte und wann und wie lange er duschen konnte, und jetzt ging das Licht aus, einfach so, als hätte es einen Stromausfall gegeben. Es war aber kein Stromausfall, es war eine Verwaltungsvorschrift, und er war ein Verwaltungsgegenstand, ein verwalteter Gegenstand, vielleicht nicht einmal das, wahrscheinlich würde das Licht sogar automatisiert an- und ausgehen, selbst wenn die Zelle nicht belegt war. Hahaha . Natürlich, er könnte jetzt das winzige Licht einschalten, das unter dem funktionslosen Regalbrett angebracht war. Er tat es nicht. Was würde das ändern?
    Es würde gar nichts ändern.
    Samson dachte an die Erdbeeren.
    Sie gingen ihm nicht aus dem Kopf.
    Natürlich waren die Erdbeeren nicht schuld.
    Aber vielleicht wäre ja ohne die Erdbeeren alles ganz anders gekommen? Vielleicht waren die Erdbeeren die eine Sache zu viel gewesen?
    Er erinnerte sich gut an

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