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Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Titel: Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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nach draußen wandern. Die Sonne badet das Zimmer in einem goldenen Licht, während der Himmel noch leicht roséfarben erstrahlt. Ich schließe meine Augen und stelle mir den taufrischen Geruch im Wald vor und den leichten Wind, der durch meine kurzen Haare gefahren ist. Die Morgenstunden hatten immer etwas Magisches an sich. Die Welt war stets ruhig, so als würde sie selbst erst müde die Augen öffnen.
    Ein lautes Klirren reißt mich aus meinen Erinnerungen und ich fahre erschrocken in Richtung der Küchentür herum. Dort kniet eine der Bediensteten und sammelt Scherben eines Glases ein, das ihr offensichtlich gerade heruntergefallen ist. Sie hat den Kopf gesenkt, sodass ich ihr Alter nur schwer einschätzen kann. Als sie alle Scherben eingesammelt hat, verharrt sie regungslos auf dem Boden, so als würde sie sich fürchten, meinem Blick zu begegnen.
    Plötzlich ist es totenstill in dem Raum. Wir scheinen beide den Atem anzuhalten und wirken dabei wie erstarrt. Doch dann sehe ich, wie Blut aus ihren Händen auf den Boden tropft. Sie presst die Scherben förmlich in ihre Handinnenflächen. Alarmiert springe ich auf und stürze zu ihr, während sie weiter bewegungslos auf dem Boden kauert.
    Behutsam lege ich meine Hände um ihre und löse vorsichtig ihre verkrampften Finger, sodass die roten Scherben zu Boden fallen.
    „ Was hast du? Geht es dir nicht gut?“, frage ich sie besorgt und suche ihren Blick. Doch sie schüttelt nur stumm den Kopf, ohne aufzusehen.
    „ Wie ist deine Bezeichnung?“
    „ D560“, bringt sie leise hervor. Dabei zittert ihre Stimme. Offensichtlich hat sie furchtbare Angst.
    Sie ist aus meiner Generation. Wie schrecklich muss es für sie sein, den Luxus der Legionsführer täglich zu sehen und nie ein Teil davon sein zu können.
    „ Ich bin A518. Kann ich dir irgendwie helfen?“
    Endlich wagt sie es, mir in die Augen zu blicken. Tränen verschleiern ihre Sicht. Der Anblick berührt mich sofort, da ich zuvor noch nie Tränen in der Sicherheitszone oder Legion gesehen habe. Nicht einmal bei Zoe. Was ist dem Mädchen nur Schreckliches widerfahren? Doch ehe ich sie fragen könnte, schreckt sie alarmiert zurück.
    „ Was ist hier los?“, fragt eine strenge Stimme, und als ich mich umdrehe, steht A350 hinter uns.
    „ D560 hat sich geschnitten. Sie braucht einen Arzt“, erkläre ich ihr schnell die Situation.
    „ Sie hat sich geschnitten?“, wiederholt A350 ungläubig meine Worte, so als wäre es etwas völlig Unvorstellbares.
    „ Ja, es war keine Absicht“, bestätige ich ihr und verheimliche ihr dabei bewusst, dass sich D560 förmlich die Scherben in die Hand gepresst hat.
    A350 zieht missbilligend die Augenbrauen zusammen, aber betätigt einen Knopf hinter ihrem rechten Ohr, mit dem sie einen Arzt in den Konferenzraum bestellt.
    „ Es wird sich jemand um sie kümmern. Folge mir.“
    „ Sollen wir nicht warten, bis der Arzt bei ihr ist?“
    „ Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“
    Ihre Antwort ist kurz und duldet keine Widerrede. Mit einem letzten besorgten Blick auf D560 verlasse ich den Konferenzsaal und folge A350 durch die gläsernen Gänge der Legionskugel.
    Wir betreten einen Raum, der mit einem riesigen Computer ausgestattet ist. Der komplette Tisch vor uns beherbergt blinkende Lichter, Schaltknöpfe und verschiedene Hebel. Das Beeindruckendste ist jedoch, dass dieser Tisch mindestens zehn Meter lang ist. Es ist unmöglich für mich, da auf Anhieb durchzublicken. Hinter dem Kontrollboard befinden sich mehrere Bildschirme, die Kameraaufnahmen aus der Sicherheitszone zeigen.
    „ Das ist das Herz der Legion“, verkündet mir A350 stolz und auf ihren Lippen liegt wieder dieses ungewisse Lächeln. „Von hier aus steuern wir alles und können jeden überwachen.“
    Wie zum Beweis drückt sie auf einen Knopf vor sich auf dem Board und auf einem der Bildschirme ist das Zimmer einer Bewohnerin der Sicherheitszone zu sehen. In der rechten Bildschirmecke ist ihre Bezeichnung eingeblendet, B287. Die Frau steht gerade vor dem Fenster der Nahrungszuteilung.
    „ Das ist unglaublich“, gestehe ich A350.
    Sie nickt zufrieden und fährt fort: „Wir sind jedoch nicht hier, damit ich dir das Kontrollboard erkläre, sondern um einen Teil deiner Fragen zu beantworten, so wie ich es dir versprochen habe.“
    „ Die Verstoßenen sind ein Experiment, das gescheitert ist. Es war ein Fehler.“
    „ Was für ein Experiment?“
    A350 schüttelt mit der Andeutung eines Lächelns den Kopf.

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