Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
„Ist ein Legionsführer denn nicht auch von großer Bedeutung? Wir sind es, zu denen die Menschen aufblicken. Sie verlassen sich blind auf uns. Ich möchte nur meiner Aufgabe gerecht werden!“
Genervt stößt sie die Luft aus, bleibt aber endlich stehen. „Okay, du hast mich überzeugt“, gibt sie sich wenig erfreut geschlagen. „Du hast eine halbe Stunde. Ich selbst werde dich in der Sicherheitszone abholen.“
Gehorsam nicke ich und verkneife mir einen Triumphschrei. Wir bleiben an dem Aufzug stehen und sie betätigt den Sensor über ihren Daumenabdruck.
„ Es versteht sich von selbst, dass ich dich nicht in der ganzen Sicherheitszone suchen möchte. Du hast lediglich die Erlaubnis für das Atrium“, erinnert sie mich erneut, als die Türen sich öffnen.
„ Selbstverständlich“, stimme ich ihr zu. Sie verdreht genervt die Augen. Offensichtlich glaubt sie mir kein Wort, aber das ist mir egal, solange sie mich nur gehen lässt.
Während der Aufzug in die unterirdische Sicherheitszone gleitet, beginnt mein Herz, wie wild zu klopfen. Ich kann immer wieder nur seinen Namen denken: Finn. Wird er sich an mich erinnern? Vielleicht ist bereits ein Teil seiner Erinnerung zurückgekehrt. Wenn es so ist, wird er mir ein Zeichen geben, dessen bin ich mir sicher.
Die Türen gleiten auf und ich trete hinaus in mein altes Zuhause. Die Wände des Atriums zeigen heute einen Regenwald, während aus den Lautsprechern das leise Plätschern von Regen und sich im Wind wiegender Blätter dringt. Vor den drei Essensschaltern haben sich bereits ordentliche Schlangen gebildet. Es gibt kein Gedränge. Alles läuft völlig komplikationslos und friedlich ab. Mein Projekt dürfte also als voller Erfolg zu verzeichnen sein. Unter diesen Voraussetzungen wird es nicht mehr lange dauern, bis ich auch die Zustimmung für richtiges Essen erhalte. Es gibt nichts, was länger dagegen spricht.
Am Ende der linken Schlange entdecke ich Finn in seinem braunen Anzug. Sofort steuere ich auf ihn zu, wobei ich auch jeden anderen Sicherheitsbewohner durch ein freundliches Nicken begrüße.
Finn bemerkt mich erst, als ich direkt neben ihm stehe. Jedoch scheint er nicht im Geringsten erfreut darüber zu sein, mich zu sehen.
„ Finn“, flüstere ich ihm lächelnd zu und streiche vorsichtig über seinen Arm.
Er betrachtet mich, als hätte ich den Verstand verloren, und weicht vor mir zurück. „Warum nennst du mich so? Meine Bezeichnung lautet D577“, erwidert er irritiert.
„ Erinnerst du dich nicht?“, frage ich ihn geduldig. „Du bist Finn und ich bin Cleo. Wir gehören zusammen.“
Er schüttelt stur den Kopf. „Lass mich in Ruhe!“
Er rückt ein Stück in der Schlange vor, ohne mich weiter zu beachten. Weiß er wirklich nichts mehr oder tut er nur so? Als er aufgewacht ist, hatte er sich doch auch gefreut, mich zu sehen.
„ Weißt du nicht mehr? Cleo, die mit der Sonne aufgeht? Ich war bei dir, als du aufgewacht bist.“
„ Daran erinnere ich mich. Du warst es, die mich zu früh geweckt hat. Deinetwegen mussten sie mich erneut betäuben“, wirft er mir verärgert vor. Die Legion muss ihn in der kurzen Zeit anscheinend einer neuen Gehirnwäsche unterzogen haben. Was haben sie ihm über mich gesagt?
„ Ich wollte nicht, dass du alleine bist, wenn du aufwachst.“
„ Das wäre mir lieber gewesen.“
„ Sag so etwas nicht. Wenn du dich erinnern könntest, würde es dir leidtun“, versichere ich ihm eindringlich.
Doch je mehr ich sage, umso mehr bringe ich ihn gegen mich auf. „Ich kann mich aber nicht erinnern und ich will es auch gar nicht. Halt dich einfach von mir fern!“
Seine Worte sind wie ein Schlag ins Gesicht. Tapfer dränge ich den Kloß in meinem Hals zurück und greife stattdessen erneut nach seinem Arm. „Ich werde dich niemals aufgeben, ob es dir nun gefällt oder nicht.“
Wütend reißt er sich von mir los. „Fass mich nicht an! Du bist verrückt! Lass mich in Ruhe!“, schreit er mir aufgebracht entgegen, wobei die anderen Bewohner der Sicherheitszone sich verstört zu uns umdrehen.
Beruhigend hebe ich die Hände. „Alles in Ordnung.“
Obwohl es mir weh tut, muss ich mich damit abfinden, dass ich heute bei Finn nicht weiterkommen werde. Deshalb mache ich mich auf die Suche nach C403, der Kontaktfrau der Rebellen. Es sind nicht viele der Kämpfereinheit im Atrium vertreten. Doch wenn ich großes Glück habe, werde ich sie darunter entdecken. Eilig schreite ich die drei Schlangen auf der Suche
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