Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
deiner Stelle wäre ich mir gar nicht so sicher, dass A350 sie wirklich zu dir geschickt hat.“
„ Warum sollte sich D560 so etwas ausdenken?“
Die Aufzugtüren öffnen sich.
„ Vielleicht, um in einem bequemeren Bett zu schlafen und die Aussicht zu genießen?“ Offensichtlich hat er genug von dem Thema, denn plötzlich wechselt er es. „Also, wo geht es heute hin? Wieder zu D577?“
Ich schüttele den Kopf. „Nein, heute nicht. Ich möchte jemanden auf der Krankenstation besuchen.“
„ Dein Wunsch sei mir Befehl“, gibt er grinsend zur Antwort und steuert mit mir auf die großen Flügeltüren der Krankenstation zu. „Darf ich fragen, wen du dort besuchen willst?“
„ D523. Sie ist eine Freundin von mir. Wir waren früher zusammen in der Nahrungsvergabe eingeteilt.“ Ich verheimliche ihm bewusst, dass sie zu den Rebellen gehört.
Für einen Moment gibt er sich mit meiner Antwort zufrieden, doch Schweigen zählt nicht zu seinen Stärken, sodass er mich bereits mit der nächsten Frage löchert, kaum dass wir die Krankenstation betreten.
„ Wie geht es dir eigentlich wegen dem bevorstehenden Angriff auf die Rebellen?“
Mit dieser Frage hätte ich von ihm am wenigsten gerechnet. Kann es wirklich sein, dass der Mensch, dem ich im Grunde pausenlos misstraue und bei dem ich jederzeit mit einem Hinterhalt rechne, der einzige ist, der sich wirklich dafür interessiert, wie es in meinem Inneren aussieht? Wieder überkommt mich der Verdacht, dass ich ihn vielleicht immer falsch eingeschätzt habe. Er ist in der Sicherheitszone aufgewachsen und hat hart trainiert, um das größte Ziel aller Bewohner zu erreichen. Er ist Legionsführer geworden und hat jedes Recht, darauf stolz zu sein. Wie kann ich von ihm erwarten, anders über die Verstoßenen oder die unteren Klassen zu denken, wenn ihm nie etwas anderes beigebracht wurde?
„ Ich mache mir Sorgen“, gestehe ich ihm. „Und um ehrlich zu sein, hoffe ich, dass sie entkommen werden.“
„ Wie viele sind es? Vielleicht zehn? Sie haben keine Chance gegen eine Kämpfereinheit von fünfzig Mann.“ Obwohl mir der Größenunterschied schon vorher bewusst war, raubt er mir mit seinen Worten jede Hoffnung.
„ Vielleicht schaffen sie es, sich zu verstecken“, gebe ich zu bedenken.
„ Dafür müsste sie jemand warnen“, entgegnet A566. Ist das vielleicht die Falle, auf die ich die ganze Zeit warte? Was erwartet er von mir zu hören? Dass ich bereits jemanden losgeschickt habe? Damit würde ich Rubys Sicherheit gefährden und das kann ich unmöglich zulassen.
„ Sie kennen sich da draußen besser aus als die Kämpfer, vielleicht ist das ihre einzige Chance“, lenke ich von seiner Frage ab.
Wir erreichen die Zelle von Zoe. Wie jede Nacht, steht auch in dieser Clyde davor Wache. Er blickt mich irritiert an, weil ich mit einem anderen Legionsführer erscheine.
„ Sei gegrüßt, C515“, begrüße ich ihn förmlich, woraufhin er sich vor uns kurz verneigt.
„ Was verschafft mir die Ehre, Legionsführer A566 und A518?“
„ Ich möchte D523 besuchen und mir selbst ein Bild von ihrem Zustand machen“, erkläre ich wahrheitsgemäß und bedauere es gleichzeitig, nicht offen mit ihm sprechen zu können.
„ A566, würdest du bitte die Tür für mich öffnen?“
Er folgt meinem Wunsch, sodass ich Zoe in der hintersten Ecke ihres Zimmers kauern sehen kann. Sie wirkt erschrocken darüber, direkt zwei Legionsführer vor ihrer Zelle stehen zu sehen. Offensichtlich hat sie mich noch nicht einmal erkannt.
„ Ich gehe alleine rein“, sage ich zu A566 in einem Tonfall, der keine Widerrede duldet. Er wirkt etwas enttäuscht, aber nickt, wobei seine Augen neugierig in das Innere der Zelle spähen.
Schnell trete ich ein und schließe hinter mir die Tür.
Ich hebe beruhigend meine Hände, als ich langsam und behutsam auf Zoe zugehe. „Keine Sorge, ich bin es nur, Cleo.“
„ D518“, erwidert sie nur gedankenverloren. Es steht wirklich schlimmer um sie, als ich dachte.
Ich gehe vorsichtig vor ihr auf die Knie, um sie nicht zu verschrecken.
„ Oder sollte ich besser sagen A518? Du bist jetzt eine von denen, hm?“
Auch wenn ihre Stimme schwach ist, höre ich deutlich ihre Abneigung heraus.
„ Es ist nicht so, wie du denkst“, versuche ich ihr zu erklären, doch sie unterbricht mich ungerührt.
„ Du musst verdammt stolz sein. Das ist doch genau das, was du immer wolltest. Jetzt bist du etwas Besseres als ich. Du hast es dir verdient.“
In ihrer
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