Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
setzt für einen Moment aus. Ich wusste, dass es schnell gehen würde. Aber ich dachte nicht, dass es so schnell ginge. Hat Ruby sie rechtzeitig warnen können? Oder sind Iris und die anderen bereits tot? Ich bilde mir ein, dass ich es spüren müsste, wenn es so wäre.
11. Traurige Nachrichten
Ich kann zu Beginn der Konferenz vor Aufregung und Sorge kaum still sitzen, doch keiner der anderen Legionsführer erweckt den Eindruck, dass diese Konferenz irgendwie anders wäre als die vorherigen. Ihren Gesichtern ist nichts über den Verlauf des Angriffs auf die Rebellen zu entnehmen. Sie wirken weder ärgerlich noch freudig. Aber vielleicht ist ihnen das Schicksal dieser Menschen auch einfach völlig gleich. Genauso wie den Rebellen das Schicksal der Menschen in der Sicherheitszone egal wäre. Es ist einfach nur traurig. Verstehen sie denn nicht, dass wir im Grunde alle gleich sind und an einem Strang ziehen sollten, anstatt uns gegenseitig zu bekriegen?
Endlich treten der leitende Arzt und der oberste Kämpfer ebenfalls in den Konferenzraum. A489 erhebt sich, um die Konferenz zu eröffnen.
„ Ich begrüße euch. Um es kurz zu machen, beginne ich direkt mit dem Bericht über die anderen Legionen. Am Morgen erreichten uns traurige Nachrichten aus dem Norden. Die Legion ist nach einem Angriff der Verstoßenen gefallen. Sie haben die Legionsführerkugel durch verschiedene Sprengsätze explodieren lassen. Der Kontakt zur Zentrallegion brach sofort ab, sodass die Strommauer nun zwischen der westlichen und östlichen Legion verläuft.“
Es herrscht Stille in dem großen Saal. Zum ersten Mal teile ich die Emotionen der anderen. Wir sind geschockt. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass eine Legion wirklich fallen würde. Sie verfügen über so viele Kämpfer und Waffen, wie konnten die Rebellen sie nur schlagen?
Ich hebe vorsichtig meine Hand, um eine Frage zu stellen. A489 zieht verärgert die Augenbrauen zusammen. Offensichtlich traut er mir kein ehrliches Interesse zu. „Was ist?“, schnauzt er mich an.
„ Wie konnten die Verstoßenen unbemerkt die Sprengsätze an der Legionskugel anbringen? War sie denn nicht videoüberwacht? Gab es keine Kontrollen durch die Kämpfer?“
Die anderen Legionsführer beginnen bestätigend zu nicken. Sie haben sich bereits dieselben Fragen gestellt.
A489 räuspert sich. „In der nördlichen Legion müssen sich Verräter in den obersten Führungsebenen befunden haben. Offensichtlich wurden die Kameraaufnahmen manipuliert und Kämpfer der Legion durch Verstoßene ersetzt. Sie haben sich unbemerkt in die Legion eingeschlichen.“
In gewisser Weise haben die Rebellen sich die Gesetze der Legion zunutze gemacht. Die Legion zwingt uns, alle gleich auszusehen. Sie duldet keine Individualität. Nur so war es den Rebellen möglich, einen der ihren mit kahlrasiertem Kopf und in der Kleidung eines Kämpfers in die Legion zu schicken. Würde die Legion uns erlauben, unsere eigene Augenfarbe zu tragen und unser Haar so lang wachsen zu lassen, wie es uns gefällt, wäre ein derartiger Austausch niemals möglich gewesen. Doch ich beherrsche mich, A489 diese Punkte jetzt an den Kopf zu werfen. Es sähe nach Triumph aus, den ich nicht empfinde.
„ Was ist mit den Menschen in der Sicherheitszone passiert?“, frage ich stattdessen weiter.
Anstatt mir zu antworten, startet A489 einen Film, der Aufnahmen aus der nördlichen Legion zeigt. Offensichtlich wurden sie aus der Luft aufgenommen, denn wir blicken hinab auf die zerstörte Legionsführerkugel. An ihrer Stelle klafft nun ein großes, schwarzes Loch im Boden. Rund um die Stelle der Explosion liegen Glassplitter verstreut, die in der Sonne glitzern. Wäre die Bedeutung des Ganzen nicht so schrecklich, sähe das funkelnde Glas fast schön aus. Es reflektiert die Sonne in allen Farben und erinnert an einen Regenbogen.
Die Kamera zoomt näher an den Krater heran und erst jetzt ist zu erkennen, dass Menschen aus dem Loch hervorklettern. Die meisten von ihnen tragen braune und grüne Anzüge, doch ein paar blau gekleidete sind auch dabei. Sie wirken orientierungslos und scheinen alle unter Schock zu stehen. Ein paar von ihnen leiden unter Verbrennungen, aber der Großteil wirkt zumindest körperlich gesund. Auch Kleinkinder und Heranwachsende befinden sich unter den Überlebenden. Einige der Jüngsten weinen, aber es ist niemand da, der sie tröstet oder in den Arm nimmt. Sie wirken verloren.
Der Film endet und erneut herrscht
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